„Free Rainer“ von Hans Weingartner

Kampf dem Deutschen TV-Trash!

„Free Rainer“ von Hans Weingartner

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Wer bestimmt, was wir am Fernsehen zu sehen bekommen? Dieser Frage geht Hans Weingartner („Die Fetten Jahre sind vorbei“) in seinem jüngsten Film nach. Rainer, ein TV-Produzent, krempelt nach seinem Unfall sein Leben um und begibt sich auf die Mission, Deutschland vor schlechtem Fernsehen zu retten. Ein Film, der mit jeder Minute in kleines bisschen besser wird.

Von Lukas Hunziker.

„Hol dir das Superbaby“, eine Fernsehsendung, in welcher die Spermien dreier Männer mit perfektem Erbgut um die Wette auf eine Eizelle zu schwimmen, bringt TV-Produzent Rainer so richtig ins Geschäft. Doch dieses steigt Rainer zu Kopf und macht ihn zu einem koksenden Arschloch mit zunehmend selbstzerstörerischen Tendenzen. Die Wende in seinem Leben führt Pegah herbei, eine junge Frau, deren Grossvater sich nach Doping-Beschuldigungen von Rainers Sender umgebracht hat. Als sie Rainer auf einer Kreuzung aus Rachsucht mit voller Wucht rammt, landen beide im Krankenhaus. Zu Pegahs Verwunderungen und Glück stirbt Rainer nicht, sondern wird ein besserer Mensch. Er versucht eine neue, pädagogisch wertvolle Show zu machen, doch diese wird wegen miserablen Quoten abgesetzt. Ungläubig, dass wirklich ganz Deutschland Sendungen wie „Deutschland sucht den Superstar“ sehen will, wittert Rainer eine Verschwörung bei den Quotenmachern, und macht sich mit Pegah daran, diese aufzudecken.

Spiel mit Mainstream und Alternativkino

„Free Rainer“ fährt mit den Deutschen Privatsendern so hart und satirisch ins Gericht, dass er sich in Österreich bei ORF finanzielle Unterstützung holte. „Hol dir das Superbaby“ karikiert bitterböse aktuelle Casting- und Bachelor-Shows. Hans Weingartner schafft es, diesen ein Schnäppchen zu schlagen und im Film eine Utopie einer besseren (Fernseh)welt zu schaffen. Dabei bedient er sich gezielt der Mittel des Mainstreamkinos nur dann, wenn die zugekokste Welt der B-Fernseh-Promis gezeigt wird. Danach nimmt der Film über weite Strecken die Form einer Reportage an.

© Studio / Produzent
© Studio / Produzent

Dasselbe geschieht mit der Geschichte; so lange Rainer sich in der Glamourwelt bewegt, ist die Geschichte eher konventionell montiert, danach lässt sie sich gehen und wirkt eher liebevoll zusammengeflickt als konstruiert. Dem Zuschauer mag dieser formelle Wechsel erst etwas seltsam vorkommen, doch je länger der Film dauert, desto besser wird er. Witzig zu beobachten sind die Querverweise zu „Die Fetten Jahren sind vorbei“, welche Weingartner selbstzitiererisch in den Film reinschmuggelt. An die überzeugende Figurenzeichnung seines Erstlings kommt „Free Rainer“ zwar nicht heran; aber das muss er als Satire auch nicht. „Free Rainer“ bietet gute Unterhaltung, erschreckende Einsichten in die Fernsehwelt und ein Rezept, um aus dem „Music Star“ Dilemma herauszukommen.

Ausstattung

Das Bonusmaterial auf der DVD ist nicht atemberaubend, aber kann sich durchaus sehen lassen. Ein 20minütiges ‚Making of‘ folgt Hans Weingartner durch die Proben, die Locationsuche und die Dreharbeiten, Interview-Ausschnitte mit Weingartner, Moritz Bleibtreu und Milan Peschel beleuchten die Idee zum Film und seine Figuren, und die nicht verwendeten Szenen erweisen sich als durchaus sehenswert. Zum Film gibt es zudem einen Audiokommentar von Weingartner und Bleibtreu.


Seit dem 20. Juni 2008 im Handel.

Originaltitel: Free Rainer (Deutschland 2007)            
Regie: Hans Weingartner
Darsteller: Moritz Bleibtreu, Elsa Sophie Gambard, Milan Peschel
Genre: Drama
Dauer: 124 Minuten
Bildformat: 1.78:1 (16:9)
Sprachen: Deutsch
Audio: Dolby Digital 5.1
Bonusmaterial: Making of, Deleted Scenes, Audiokommentar mit Hans Weingartner und Moritz Bleibtreu, Trailer, Teaser
Vertrieb: Warner

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Lukas Hunziker

Lukas Hunziker ist Gymnasiallehrer für Deutsch und Englisch. In seinem Garten stehen drei Bäume, in seinem Treppenhaus ein Katzenbaum. Er schreibt seit 2007 für nahaufnahmen.ch.

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