„Babylon A. D.“ von Mathieu Kassovitz
Babylon Ade
„Babylon A. D.“ von Mathieu Kassovitz
Mit Science-Fiction kann man eine Menge anstellen. Man kann zum Beispiel klamaukig-märchenhaft sein, wie in „Das Fünfte Element“, man kann episch sein, wie in der „Star Wars“-Reihe, man kann sozialkritisch sein, wie in „Children of Men“ – nur muss man sich, bevor man anfängt zu drehen, klar sein, was man eigentlich sein will. Bei „Babylon A. D.“ hat sich dies – das finale Produkt gibt auf jeden Fall diesen Anschein – keiner so recht überlegt, bevor es los ging. Das da das Ergebnis nicht wirklich überzeugen kann, ist klar.
Von Alexander Sigrist.
Die Zukunft sieht, wieder einmal, schwarz aus: die östliche Welt versinkt im Chaos, während Amerika sich auf dem eigenen Kontinent eingegraben hat und dort eine scheinbare heile Welt lebt. Den Söldner Toroop kümmert dies kaum: er lebt in Kasachstan sein Leben am Rande der Existenz, immer mit den Geräuschen von Gewehrschüssen und Schreien in den Ohren. Als sich jedoch die Möglichkeit ergibt, in die Vereinigten Staaten zurückzukehren, horcht er auf: für den Gangster Gorsky soll er eine junge Frau nach Amerika bringen – Einreisevisum für ihn und das ‚Paket‘ inbegriffen. Bald stellt sich jedoch auf, dass der Auftrag komplizierter als eine simple Lieferung ist.
Es gibt da Filme, die floppen, bevor sie richtig angelaufen sind. So bringt auch „Babylon A. D.“ einen Ruf mit sich, der den Film nur floppen lassen kann. Einerseits soll der Dreh des Films alles andere als unproblematisch gewesen sein: es wird erzählt, dass Regisseur Kassovitz und Schauspieler Diesel sich ständig in den Haaren lagen, weil die beiden Herren wohl verschiedene Vorstellungen hatten, wie bestimme Szenen aussehen sollten. Andererseits soll es auch in der Postproduktion ordentlich gekracht haben: man vernahm, dass Kassovitz von der Produktionsfirma gezwungen wurde, an die 60 Minuten aus seinem Film zu schneiden. Und dann kommt dieser französische Cut noch nicht einmal weltweit so ins Kino: in amerikanischen Lichtspielhäusern müssen die Zuschauer sich mit einer Fassung begnügen, die gleich nochmals zehn Minuten kürzer ist – also ein Cut vom Cut, sozusagen.
Die Welt steht am Abgrund. Der Film auch.
Die Frage jedoch mag nun sein, ob „Babylon A. D.“ wirklich so schlecht ist, wie der Ruf, den der Film mit sich bringt. Die Antwort: nicht unbedingt. Natürlich, einerseits merkt man dem Film an, dass er ab und zu seine Geschichte holprig erzählt, dass Szenen fehlen, die den Charakteren gut getan hätten, aber trotzdem bleibt die Geschichte gut verständlich und im Grunde genommen auch ordentlich spannend. Das wirkliche Problem der Geschichte ist aber nicht das vermeintlich Fehlende, sondern die Wendungen, die überraschend sein sollen, aber meist einfach nur blöd sind: so ist die Auflösung von Auroras wahrer Herkunft und Auftrag arg öd, die Andichtung von übernatürlichen Fähigkeiten überflüssig und das Ende schlichtweg schlecht. Es sind diese Unzulänglichkeiten im Drehbuch und Kassovitz Unfähigkeit, eine unglaubwürdige oder allzu weit her geholte Wendung interessant zu verpacken, die die Geschichte im Mittelmass versumpfen lassen.

Weiterhin merkt man dem Film an, dass Kassovitz wohl nicht so richtig wusste, was er mit dem Stoff anfangen soll. So versucht er sich dann und wann an Tiefe, an aussagenden Szenen, die auch wirklich gut gelungen sind, wie zum Beispiel die U-Boots-Flüchtlings-Szene, die einem Schauer über den Rücken jagt. Dann und wann lässt er seinen Film an Action und Fahrt gewinnen und inszeniert laute, hektisch gefilmte Duelle, die, vor allem gegen Ende hin, mit überzogenen Spezialeffekten glänzen. Diese Action ist zwar auch schön und gut – passen in ihrer Hip-Hop-Lärmigkeit aber nicht wirklich zur Nachdenklichkeit, die der Film auch erschaffen will. So stellt sich der Filme zwischen die Stühle: Für eine Sozialkritik im Zuge eines „Children of Men“ werden die nachdenklichen Szenen zu selten zu Ende gedacht, für einen Actionfilm reicht die Menge der Action nicht aus.
So hat „Babylon A. D“ zwar durchaus seine guten Ansätze, die auf einen Science-Fiction Knaller hoffen lassen: ein interessantes Setting, das durchaus Potential hat, einige wenige nachdenklich stimmende Szenen und ein paar wenige, dafür ordentlich inszenierte, aber arg laute Actionszenen. Zusammen jedoch gibt das ein uneinheitliches, unausgegorenes Endprodukt, das sich selber im Weg steht und wohl dem Ruf des Films gerecht wird: ein Flop.
Seit dem 11. September 2008 im Kino.
Originaltitel: Babylon A. D. (Frankreich, USA 2007)
Regie: Mathieu Kassovitz
Darsteller: Vin Diesel, Michelle Yeoh, Mélanie Thierry, Gérard Depardieu, Charlotte Rampling
Genre: Science-Fiction
Dauer: 101Minuten
CH-Verleih: Frenetic
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