„Burn after Reading“ von Joel and Ethan Coen

Wenn die Komik mal einen schlechten Tag hat

„Burn after Reading“ von Joel and Ethan Coen

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Den Filmen von Joel and Ethan Coen eilt der Ruf des Kultkinos voraus, und dies nicht zu Unrecht, haben die Brüder doch Komödienklassiker wie „Fargo“ oder „The Big Lebowski“ geschaffen. Auch der Trailer für „Burn after Reading“ versprach uns eines der grossen Filmereignisse des Herbst zu werden – ein Versprechen, dass der Film allerdings nicht einhalten kann.

Von Lukas Hunziker.

Alles beginn mit einer Vorladung des CIA-Agenten Ozzie Cox (John Malkovich) , welcher wegen seiner Alkoholprobleme vom Dienst suspendiert wird. Aus Frust über den Verlust seines Jobs beginnt er, sich im Selbstmitleid zu suhlen und schliesslich seine Memoiren zu schreiben, in welchen er auch seine CIA-Zeit zu verarbeiten versucht. Dummerweise geraten die auf dem Computer geschriebenen Memoiren in falsche Hände, und landen schliesslich in Form einer CD in der Damenumkleidekabine eines Fitness Centers. Da niemand den Memoiren auch den kleinsten Sinn abgewinnen kann, kommt bei den Angestellten die Vermutung auf, es handle sich bei den Dateien um verschlüsselte geheime CIA-Dokumente. Fitnesstrainerin Linda Litzke (Frances McDormand) und Kollege Chad (Brad Pitt) wollen sich dies zu Nutzen machen, und Ozzie Cox erpressen, um Linda einige lang ersehnte Schönheitsoperationen zu bezahlen. Zufälligerweise verliebt sich Linda aber just zu dieser Zeit in den Regierungsbeamten Harry Pfarrer (Georg Clooney), der gleichzeitig auch der Liebhaber von Ozzies Frau Katie ist, was, kaum überraschend, zu Komplikationen führt. Wirklich kompliziert wird es allerdings, als sich die Behörden und die Russische Botschaft auch noch einschalten …

Zu viel Slapstick, zu wenig Absurdes

Die Geschichte um die irrtümlich für Geheiminformationen gehaltenen Tagebücher bietet einiges an komischen Potenzial – doch leider wurde gerade dieses nur bedingt ausgeschöpft. Das Geheimrezept früherer Coen-Filme lag darin, dass die Figuren zwar schräge Vögel waren, aber niemals zu Karikaturen wurden. „Burn after Reading“ bricht mit dieser Stiltradition und will seine Lacher mehr mit Slapstick als mit grotesken und absurden Situationen ernten. Manchmal gelingt dies, doch allzu oft auch nicht. Immer wieder gibt es Pausen, die man als für Lacher gedachte Pause erkennt – und genau dies sollte eine gute Komödie zu verhindern wissen.

© Studio / Produzent
© Studio / Produzent

Auch an Dramaturgie steht der Film „Fargo“ oder „The Big Lebowski“ in einigem nach. „Burn after Reading“ fehlt es zu Anfang, Mitte und Schluss an Dynamik – in keinem Moment weiss man, wo die Geschichte hinführt oder wessen Geschichte eigentlich erzählt wird; im Vordergrund steht fast immer die einzelne Szene, welche nach Lachern lechzt. Somit wird die eigentlich mühsam aufgebaute Geschichte in der Hintergrund gedrängt und verkommt zum unspektakulären roten Faden für relativ willkürlich montierte Einzelszenen.

Clooney rettet für Pitt

Zudem leidet „Burn after Reading“ unter seinem übertriebenen Staraufgebot. John Malkovich glänzt in den ersten zehn Minuten und verschwindet dann fast vollkommen, Tilda Swinton kommt ebenfalls kaum zum Zug, Frances McDormands Figur Linda ist nur beschränkt glaubhaft und seltsam überzogen. Am peinlichsten ist jedoch Brad Pitt, dessen komisches Talent der Film unbeabsichtigt in Frage stellt. Der mit Schwulenklischees bepflasterte Chad hat wenige komische Momente, und besonders mit physischer Komik vermag Pitt alles andere als zu glänzen. Das Juwel des Films und vielleicht der einzige Grund, warum „Burn after Reading“ zeitweise doch zum Genuss wird, ist George Clooney. Dessen komisches Talent kommt im Film voll und ganz zur Geltung, und lässt ihn aus Harry Pfarrer eine Figur machen, die eines Coen-Films würdig ist. Während das Komikpulver seiner vier Co-Stars fast komplett im Trailer verschossen wurde, vermag er in praktisch jeder Szene die nötigen Lacher zu zünden.

„Burn after Reading“ ist unterhaltsam und witzig, erfüllt jedoch kaum die Erwartungen, die Coen-Fans an den Film haben werden. Der Film erweckt den Eindruck, als hätten die beiden nach „No Country for Old Men“ schnell nachdoppeln wollen, und hätten dabei das Drehbuch und die Regie im Angesicht ihres Staraufgebots vernachlässigt. Schade.


Seit dem 16. Oktober 2008 im Kino.

Originaltitel: Burn after Reading (USA 2008)            
Regie: Joel and Ethan Coen
Darsteller: Brad Pitt, George Clooney, Francis McDormand, John Malkovich, Tilda Swinton
Genre: Komödie
Dauer: 95 Minuten
CH-Verleih: Ascot Elite

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Lukas Hunziker

Lukas Hunziker ist Gymnasiallehrer für Deutsch und Englisch. In seinem Garten stehen drei Bäume, in seinem Treppenhaus ein Katzenbaum. Er schreibt seit 2007 für nahaufnahmen.ch.

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