„Caramel“ von Nadine Labaki

Heiss und süss

„Caramel“ von Nadine Labaki

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Fünf Frauen in Beirut, fünf Leben mit ihren Dramen und kleinen Freuden, sich überkreuzend in der Enge eines Schönheitssalons. Zuckersüß-leichte Erzählung in der Hitze des Libanon, in einem Beirut, das so nicht oft auf Bildschirmen auftaucht.

Von Annika Janssen.

Der Libanon ist bekannt als Krisenregion, und wenn seine Hauptstadt Beirut mal in den Medien auftaucht, gibt es meist wenig Positives zu vermelden. Dass abseits der Negativschlagzeilen aber das Leben in Beirut pulsiert, dass ganz normale Menschen mit all ihren Sehnsüchten, Hoffnungen und alltäglichen Beschäftigungen in dem wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum des Libanon leben, zeigt der Film „Caramel“ auf beschwingt-melancholische Wiese.

Im Schönheitssalon „Si Belle“ treffen sich immer mal wieder fünf Frauen mit verschiedenen Hintergründen und aus verschiedenen Generationen. Jede davon hat ihre kleinen Problemchen, die das eigentlich glückliche Leben ein wenig trüben oder stark beeinflussen: Layale hat eine Affäre mit einem – natürlich verheirateten – Polizisten, der seine Familie nicht verlassen will. Nisrine, Christin, ist mit einem Moslem verlobt und muss sich die bereits verlorene Jungfräulichkeit wieder herbeioperieren lassen. Rima ist lesbisch und sehr interessiert an einer unbekannten Schönheit, die des Öfteren zum Haare waschen im Salon vorbeischaut… . Die schon in die Jahre gekommene Jamal hat Angst vor dem Älterwerden und rennt von einem Casting zum nächsten; die etwas ältere Tante Rose verpasst ich Leben, weil sie mit ihrer senilen und aufmerksamkeitsbedürftigen Schwester zusammenwohnen muss. Bei Caramel-Epilationen, Maniküre, Pediküre und sonstigem Wellness-Alltag werden Tipps und Tricks für alle Lebenslagen gegeben, Neuigkeiten zu den kleinen Dramen des Lebens ausgetauscht; gelacht, geweint und gefeiert – kurz: ein ungewöhnliches Quintett unterhält eine ungewöhnliche Freundschaft.

Fast wie „Amélie“

Eigentlich passiert nicht viel. Die Handlung von „Caramel“ findet fast ausschließlich im Mikrokosmos des Schönheitssalons und selten in den Straßen von Beirut statt. Die Dialoge und Vorkommnisse sind weder besonders actionreich noch allzu dramatisch; aber die Leichtigkeit des Films, die sehr überzeugend dargestellten Charaktere, der Witz der Dialoge und vor allem die Atmosphäre machen aus einer simplen Geschichte eine sehr gute Unterhaltung. Nicht nur, dass die Hauptstadt des Libanon als das Zentrum des Lebens gezeigt wird, das sie ist. Auch die Lebensumstände der fünf Hauptfiguren zeigen, dass die Alltäglichkeiten, Probleme und Aktivitäten in der arabischen Welt denen der westlichen gar nicht mal unähnlich sind. Wie nebenher werden immer wieder kulturelle und religiöse Eigenheiten aufgegriffen, z.B. kann Layale als nicht verheiratete Frau kein Hotelzimmer für sich und ihren Liebhaber buchen.

© Studio / Produzent
© Studio / Produzent

Bilder und Musik passen perfekt zur Geschichte: mal lange Einstellungen und Zoom auf ein melancholisches Gesicht, mal schnelle Schnitte zwischen zwei Episoden (Nisrine liegt auf dem OP-Tisch, um ihr Jungfernhäutchen zurückzubekommen, gleichzeitig sitzt Rose in ihrer Änderungsschneiderei an der Nähmaschine – Szenenwechsel mit Hintergedanken?); der französische und arabische Soundtrack unterstreicht mal fröhlich und laut, mal sentimental und tröpfelnd die Begebenheiten. Man kann „Caramel“ durchaus in eine Reihe mit Filmen wie „Die fabelhafte Welt der Amélie stellen“: witzige und skurrile Dialoge und Ereignisse, verschiedene Menschen, die sich auf kleinem Raum immer wieder treffen, lockere Erzählweise und immer schwankend zwischen lustig und traurig.

Kein riesengroßes Kino mit ewig langer Halbwertszeit, aber durchaus ein liebenswert gefilmter Geheimtipp und gelungener Erstling der Regisseurin Nadine Labaki.

Ausstattung

Ein ‚Making Of‘ und Berichte von diversen Festivals veredeln die DVD nicht gerade, sind aber nett gemacht.


Seit dem 10. Oktober 2008 im Handel.

Originaltitel: Caramel (Libanon 2007)            
Regie: Nadine Labaki
Darsteller: Yasmine Al Masri, Joanna Moukarzel, Nadine Labaki, Gisèle Aouad Siham Haddad
Genre: Komödie, Indiependent
Dauer: 95 Minuten
Bildformat: 16:9
Sprachen: Arabisch, Deutsch, Französisch
Untertitel: Deutsch, Fraunzösisch
Audio: Dolby Digital
Bonusmaterial: Making Of, Festivals
Vertrieb: Max Vision

Im Netz
Trailer

Offizielle Seite zum Film

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