„Speed Racer“ von Andy und Larry Wachowski

Autos auf Drogen

„Speed Racer“ von Andy und Larry Wachowski

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Als hätte man Drogen genommen: Autos, die nach Matchbox aussehen, schlittern wie Schlitten über Strassen, die ebenfalls wie Spielzeug wirken, zu Hintergründen, die aus Computerpappmaché zu sein scheinen. Und mittendrin stehen und hampeln und kungfurieren Menschen in engen Lederkostümen herum, als ginge es bei dem Drogentheater um das Ende der Welt. Halt irgendwie als hätte man die Matrix bunt angestrichen und von das Tempo von fünzig auf fünfhundert erhöht. Das ist der neue Film von den Wachowski-Brüdern.

Von Alexander Sigrist

Rennen fahren ist für die Familie Speed alles: so will auch der junge Speed Racer hoch hinaus, will den Racer-Olymp erreichen – und das obwohl er noch an dem Trauma, dass sein grösserer Bruder bei einem Rennen ums Leben gekommen ist, zu knabbern hat. Auf seinem Weg nach oben bekommt der Rennfahrer ein lukratives vom Firmachef der Royalton Company, welches Racer jedoch ausschlägt, zu zwielichtig sind die Methoden dieser Firma. Blöd nur, dass er sich selber damit auf die Abschussliste ebendieser Firma setzt.

Es gibt kaum Regisseure, die mit so wenigen Filmen derart enttäuscht haben, wie es die Wachowski-Brüder gemacht haben. Natürlich, denn mit ihrem zweiten Film haben sie zwar einen echten Klassiker und Kultfilm geschaffen, „Matrix“ nämlich, doch fielen die Sequels bei den Zuschauern, wie auch bei den Kritikern gnadenlos durch. Während der erste Teil eben mit einer Mischung aus grandioser Action und seichtem philosphischen Anspruch zur Unsterblichkeit aufsteigen konnte, vermochten Teil zwei und drei keine Einheit mehr aus Philosophie und Action aufzubauen – zu übertrieben war die Action, zu unheilvoll-bedeutungslos die philosophischen Äusserungen, zu metaphysisch-übermenschlich das Ende. Kurzum: in Teil zwei und drei wurde die Intelligenz, die der erste Teil hatte, mir-nichts-dir-nichts ausgerottet. Enttäuschung pur.

Entsprechend gemischt waren die Gefühle, als die Wachowski ankündigten, man wolle einen Realfilm zur japanischen Animeserie „Mach Go Go Go“, die in Japan in den 60ern über die Bildschirme flimmerte, machen. Natürlich ist das nicht die erste Animeserie, die in einen Realfilm umgewandelt wird, doch wer die Wachowski-Brüder kennt, wusste, dass die beiden um Biegen und Brechen versuchen würden, einen drauf zu hauen. Halt was ganz Spezielles zu machen, etwas, woran man nur scheitern kann.

Sieh nur, all die wunderschönen bunten Farben…

Und so sieht „Speed Racer“ auch aus: als hätte man unbedingt versucht, einen speziellen Look zu finden, indem man halt einfach die realen Schauspieler vor dem Bluescreen filmt und die dann in ein quietschbuntes Szenario reinkopiert. Das funktioniert zwar manchmal sehr gut, vor allem die Rennen sind verdammt schnell, verdammt bunt und damit berauschend und auch die wenigen Kampfszenen machen durch das übermässige Spiel mit Effekten und Farben durchaus Spass.

In seinen schlimmsten Momenten jedoch sieht „Speed Racer“ aus wie der grössere Bruder der Gummi-Serie „Lazy Town“. So kann es schon mal passieren, dass man, anstatt sich auf den Film zu konzentrieren, entnervt den Hintergrund ansieht und sich fragt, welcher Computerspezialist so was verbrochen hat. Schade, denn in solchen Momenten verschenkt „Speed Racer“ etwas von seiner Atmosphäre, die er durchaus ab und an mal hat. Das man die Hintergründe auch dazu ausnutzen kann, etwas Poesie zu erschaffen, beweisen die Wachowskis nämlich an anderen Stellen im Film, zum Beispiel bei der finalen Kussszene zwischen Speed und Trix, wenn die Blitzlichter der Fotoapparate zu Herzchen werden. Ach, ist das nicht romantisch?

© Studio / Produzent
© Studio / Produzent

Inhaltlich ist „Speed Racer“ weniger aufregend als sein Look: es geht um eine altbekannte Familien- und Rache-/Aufdeckungsgeschichte, die keinen Hund hinter dem Ofen hervor locken kann. Angereichert wird das ganze mit einigen Witzen, die meist durchaus witzig sind, dann und wann jedoch zum Kindertheater verkommen; man merkt, die Wachowskis wollten einen Familienfilm machen. Zum Glück gibt’s dann aber ordentlich Action, welche die lahme Story auf hundertfünzig beschleunigt, so dass man eigentlich gar nicht merkt, wie langweilige alles andere ist.

Somit haben sich die Wachowskis also einmal mehr neben alle Stühle und Bänke gesetzt: sie präsentieren einen quietschig-bunten Familienfilm, der zuviel Action für die ganze Familie hat und für verdrossene Gesellen einfach zu sehr Kasperletheater ist. Andere werden kaum etwas mit dem künstlichen Look des Filmes anfangen, der öfters mal derart farbig und schnell ist, dass sensible Zeitgenossen Probleme mit Motion Sickness kriegen.

Die Wachowskis haben halt den Film gemacht, denn sie selber gerne sehen möchten: ein Anime, das real geworden ist, dass unglaublich schnell und bunt ist. Wer denkt, er gehöre zur selben Zielgruppe wie die Wachowskis wird den Film trotz allen Unzulänglichkeiten lieben und sollten sich das bunte Spektakel nicht entgehen lassen.

Ausstattung

Kurz und bündig: zwei insgesamt halbstündige Making of’s.


Seit dem 7. November 2008 im Handel.

Originaltitel: Speed Racer (USA 2008)            
Regie: Andy und Larry Wachowski
Darsteller: Emile Hirsch, Nicholas Elia, Christina Ricci, John Goodman, Matthew Fox
Genre: Bunt, bunter, am buntesten-Action
Dauer: 129 Minuten
Bildformat: 2.35:1 (16:9 anamorph)
Sprachen: Deutsch, Englisch, Spanisch
Untertitel: Deutsch, Englisch, Portugiesisch, Spanisch
Audio: Dolby Digital 5.1
Bonusmaterial: Making ofs, Trailer
Vertrieb: Warner

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Offizielle Seite

Lukas Hunziker

Lukas Hunziker ist Gymnasiallehrer für Deutsch und Englisch. In seinem Garten stehen drei Bäume, in seinem Treppenhaus ein Katzenbaum. Er schreibt seit 2007 für nahaufnahmen.ch.

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