„[Rec]“ von Jaume Balagueró und Paco Plaza
Hobbyfilmer-Zombies aus Spanien greifen an!
„[Rec]“ von Jaume Balagueró und Paco Plaza
Spanien wird so langsam aber sicher zur europäischen Hochburg des Horrorfilms. Mit „Das Waisenhaus“ zum Beispiel ist den Südländern eine gelungene Mischung aus Haunted-House- und Kinder-Horror auf der einen und Familienfilm auf der anderen Seite gelungen. Mit „[Rec]“ präsentieren die Spanier einen waschechten und verdammt fiesen Zombiefilm, der es wahrlich in sich hat – und auch schon (leider?) in Hollywood Beachtung gefunden hat.
Von Alexander Sigrist.
Die Story ist schnell erzählt: Eine Reporterin macht zusammen mit ihrem Kameramann eine Reportage über eine Feuerwehrstation. Tolle Sache: es geht nicht lange, da werden sie zu einem Einsatz gerufen. Eine Frau soll wie wahnsinnig in einem Mietblock rumgeschrieen und sich in ihrer Wohnung eingeschlossen haben. Man macht sich auf den Weg. Nicht so tolle Sache: kaum dort, werden die Feuerwehrmänner von der Frau angefallen und angebissen. Man will flüchten, was jedoch nicht geht; von aussen wird das Haus schon von einer ominösen Behörde abgeriegelt und unter Quarantäne gestellt.
Bevor wir zum Film kommen, suhlen wir uns doch ein wenig in Geschichte: mit „Blair Witch Project“ fing dereinst alles an; die Idee, dass die Protagonisten eines Filmes die Sache selber filmen und dabei die Intensität und Glaubwürdigkeit der Materie steigern sollen. Und „Blair Witch Project“ schlug, obwohl er heute gerne belächelt wird, ein wie eine Bombe: Im Kino wie auch auf DVD ein voller Erfolg, wollten Tausende sehen, wie drei Videokameraverrückte durch den Wald watschelten, rumkreischten, Angst hatten und mit der Kamera rumwackelten. Und ja, anscheinend schienen mehr als ein paar sogar mit dem Gedanken zu spielen, dass die Geschehnisse wirklich wahr wären und die Filmbänder wirklich so gefunden worden waren.

Natürlich gab es etliche Nachahmer, die Idee jedoch wurde immer ausgelatschter, denn immer wieder stellte sich die gleiche Frage, welche die ganze Sache ad absurdum führte: welcher normal denkende Mensch würde weiterhin filmen, wenn ihm ein Monster / Ungeheuer / Bedrohung gegenüber stehen? Otto Normalo würde doch einfach die Kamera in die Ecke schmeissen und wegrennen. Das Die-Protagonisten-Filmen-Selber-Genre war schnell erfunden worden – und ebenso schnell totgesagt.
Merkwürdigerweise sollte gerade das Jahr 2008 ein Revival für dieses Genre darstellen, denn gleich drei Filme dieser Art buhlten um die Gunst der Zuschauer. So setzte „Cloverfield“ an, das Godzilla-Genre mit der Handkamera zu verknüpfen und litt dabei an den gleichen Problem wie schon „Blair Witch Project“ („Jetzt wird die Kamera doch endlich weg und renn!“), war dabei aber derart intensiv inszeniert und absolut einzigartig, dass dieser Kritikpunkt im Endeffekt kaum auffiel. Und auch Zombie-Opa George Romeros neuster Streich, „Diary of the Dead“, setzte auf die gleiche Technik, umschiffte den bekannten Kritikpunkt aber damit, dass Filmstudenten hinter der Kamera stehen und wirklich filmen wollen, um die Geschehnisse für die Nachwelt zu dokumentieren. Zudem benutze Romeros Film die Technik des Selbstfilmens durch den Einsatz von Stilmitteln und Schnitten derart geschickt, dass sich das Selbst-Hefilme nicht zum Selbstzweck, wie bei „Cloverfield“ degradierte, sondern sich zu einer pointierten Kritik an der Gewalt der Medien verdichtete.
[Rec] steht für Rennen, Energisch schreien und ganz schnell sterben
„[Rec]“ umschifft den grossen Kritikpunkt ähnlich wie „Diary of the Dead“: hinter der Kamera steht hier ein geschulter Kameramann, der draufhalten muss – komme was da wolle. Dabei ist „[Rec]“ jedoch niemals so intelligent, ja will es gar nicht sein, wie „Diary of the Dead“: hier geht es um keine Medienkritik, nein, mit der Handkamera soll wie in „Cloverfield“ die Intensität des Films erhöht werden.
Und das schafft „[Rec]“ auch ohne Zweifel: zwar braucht der Film einige Zeit um anzulaufen, wenn es aber dann mal läuft, dann geht es rund und vor allem, so wie es in einem artigen Zombiefilm sein sollte, ohne Rücksicht auf Verluste. Hier wird geschrieen, geblutet, gefressen, und alles derart schnell und in Nahaufnahme, dass man am liebsten entweder vor Freude jauchzen, oder aber gleich mitschreien möchte. Und wie fies der Film wirklich ist, zeigt er dann erst in seinen letzten Minuten: was passiert, soll hier nicht verraten werden, aber so manch ein Zuschauer wird sich im Regen stehen gelassen fühlen – klar, das Ende mag ein wenig abrupt sein, ist aber hundertprozentig konsequent, denn wenn die Kamera aus ist, ist die Kamera aus.
„[Rec]“ nutzt also die Technik des filmenden Protagonisten vollends aus, um schnelle, an die Nieren gehende Szenen zu zeigen, die, nach der etwas gezogenen Einführung, keine Zeit für Langeweile zulassen. Klar bleibt da kaum Raum für eine ausgeklügelte Story, oder für starke Charaktere – braucht es aber auch nicht: in „[Rec]“ wird vorderrangig gefürchtet, gewinselt, geblutet und gestorben. Und das ist auch gut so.
Ausstattung
Weniger überzeugend als der Film: Ein ‚Making of‘, eine Bildergalerie, TV-Spots und Trailer. Ein bisschen mager.
Seit dem 20. November 2008 im Handel.
Originaltitel: [Rec] (Spanien 2007)
Regie: Jaume Balagueró und Paco Plaza
Darsteller: Manuela Velasco, Vicente Gil, Pablo Rosso, Ferran Terraza, Claudia Font
Genre: Horror
Dauer: 76 Minuten
Bildformat: 1,78:1 (16:9 anamorph)
Sprachen: Deutsch, Spanisch
Untertitel: Deutsch
Audio: DTS 5.1 (nur deutsch), Dolby Digital 5.1
Bonusmaterial: Making of, Bildergalerie, TV-Spots, Trailer
Vertrieb: Impuls
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