„Tropic Thunder“ von Ben Stiller

Tropisches Donnerwetter

„Tropic Thunder“ von Ben Stiller

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Ben Stiller. Manchen soll dieser Namen einen kalten Schauer über den Rücken  jagen. Immerhin scheint der Mann seine Klamaukkunst und übertriebene Mimik vornehmlich in seichten Liebes- und Blödelkomödien unter Beweis zu stellen. Dementsprechend erwartete das Gros der Zuschauer kaum mehr als eine solche Durschnittskomödie, als Stiller seine fünfte Regiearbeit ankündigte, „Tropic Thunder.“ Herausgekommen jedoch ist eine handfeste, grandios überzogene Satire, die durchaus zu überraschen weiss.

Von Alexander Sigrist.

Der grösste Kriegsfilm aller Zeiten hätte es werden sollen, den Regisseur Damian Cockburn drehen wollte – doch seine Stars machten ihm einen Strich durch die Rechnung: der Actionstar Tugg Speedman, der dringend einen Hitfilm braucht, kann nicht schauspielern, der Method Actor Kirk Lazarus ist meistens damit beschäftigt, sich selbst zu lieben und der abgehalfterte, furzende Komödienstar Jeff Portnoy ist wohl nur beim Dreh dabei, um die Vornehmlichkeiten des Hotelzimmers zu geniessen und Kokain einzuwerfen. So ist Cockburns Film nach nur fünf Drehtagen bereits drei Monate im Rückstand. Da kommt ihm die verrückte Idee des Autors und Kriegveteranen Four Leaf nur recht: man will die Schauspieler einfach im Dschungel aussetzen, überall Kameras und explosives Material verstecken und so eine Art Reality-TV-Kriegsdrama drehen. Blöd nur, dass die Herren Schauspieler schlussendlich mit einer echten Rebellentruppe zusammenprallen.

„Tropic Thunder“ ist, man möchte es kaum glauben, bereits Ben Stillers fünfte Regiearbeit. Angefangen selber Filme zu drehen hat der Mann mit Hauptberuf Schauspieler im Jahre 1994, also dann, wann ihn noch keiner so recht kannte. Sein Erstling, „Reality Bites“, mit Stiller selber, sowie Winona Ryder und Ethan Hawke in den Hauptrollen, war ein reichlich merkwürdiges, beinahe experimentelles Komödlein, welches kaum Beachtung fand und wohl auch nie finden wird. Sein zweiter Film gewann schon mehr an Medieninteresse: Prominent mit Jim Carrey besetzt, war „Cable Guy“ eine herrlich überdrehte Anarcho-Komödie, die fast schon als Satire auf die Medienlandschaft durchging.

Von seiner dritten Regiearbeit wird meistens geschwiegen: kein Wunder, denn der Film hat es nie ins Fernsehen geschafft. Stiller sollte einen Pilotfilm drehen, für eine Serie, die eine Art B-Movie-Variante von „Knight Rider“ sein sollte, mit Jack Black als David Hasselhoff-Verschnitt und Owen Wilson als sprechendes Motorrad. Dieser Pilotfilm, genannt „Heat Vision and Jack“, war jedoch derart ‚B‘, dass das Studio den Film in den Archiven verstauben liess. Stillers vierte Regiearbeit brachte ihn in gewohnte Komödien-Gefilde: in „Zoolander“ spielte er ein Model, dass einen Präsidenten aus Südostasien töten soll, weil dieser die Kinderarbeit abschaffen will – was für Probleme in der Modeindustrie sorgen würde. Ein Film, der trotz seinem hohen Blödelanteil, nicht mit satirischen Seitenhieben geizte.

Weniger Blödeleien – Mehr Satire

In „Tropic Thunder“ werden nun die satirischen Seitenhiebe, die man bereits aus den anderen Werken von Stiller kennt, drastisch in die Höhe geschraubt, ja der ganze Film ist eine waschechte Satire: einerseits auf Kriegsfilme, wie „Apocalypse Now“, andererseits aber, und vor allem, auf Filmproduktionen, die Geldgier der Studios und die Starallüren der Stars. So spielt Robert Downey Jr. einen Method Actor, der sich einer Hautpigment-Operation unterzieht, damit er besser einen farbigen GI spielen kann und zieht somit alle Schauspieler durch den Kakao, die das Gefühl hätten, sie könnten die Menschen realer darstellen, als dass sie wirklich sind. Zugleich nimmt er auch noch seinen eigenen Ruf als überzogener, launischer Star auf die Schippe und stiehlt mit seiner genialen Darstellung gleich allen die Show – was eine Oscar-Nomination, aber leider kein Gewinn nach sich zog.

© Studio / Produzent
© Studio / Produzent

Jack Black hingegen gibt den überdrehten, derben, drogenabhängigen Komödianten, der nicht mehr drauf hat, als Furzwitze und verkörpert somit einen genial-fiesen Tritt in Richtung des Hintern des verrückten Professors, alias Eddie Murphy. Ben Stiller schliesslich spielt den Actionstar, der seinen Zenit überschritten hat und nach erfolglosen Ausflügen in das ernste Genre unbedingt einen Hit braucht, um unter die Grossen zurückzukehren: ein Gruss an alle Bruce Willise und Sylvester Stallones da draussen. Schön dabei ist aber auch, dass Stiller nicht gerade mit Selbstironie geizt: wenn er als Speedman immer wieder seine schreckliche Performance als Behinderter in „Simple Jack“ unter die Nase gehalten bekommt, so muss man einfach an alle schrecklichen Filme denken, die Stiller verbrochen hat – und das hat er wohl auch selber gemacht, während er den Film drehte. Man könnte fast meinen, er wolle mit „Tropic Thunder“ Busse tun.

Und schliesslich wäre da noch Tom Cruise, der in einer Nebenrolle den fiesen Produzenten darstellt; ein Seitenhieb an alle Studiobosse, bei denen es sich nur um das Geld dreht, während der Faktor Mensch zu Gunsten des nächsten Privatjets untergeht. Tom Cruise ist dann auch gleich neben Downey der zweite Schauspieler, der beinahe allen die Show stiehlt: der sonst so ausdruckslose Darsteller dreht völlig auf und gibt den fluchenden, brüllenden Produzenten, als hätte er sein ganzes Leben nichts anderes gemacht. Und wenn er dann auch noch zu lauter Hip-Hop-Musik tanzt, bleibt kein, aber wirklich kein, Auge mehr trocken.

Nicht perfekt, nicht politisch korrekt, aber verdammt lustig

Aber eine Satire lebt nun mal nicht nur von den Schauspielern, sondern auch von den Witzen, die sie macht. Und diese sind, zum Glück, durchwegs von ordentlichen, bis grandiosem Niveau. In der ersten Hälfte gibt sich der Film zwar etwas ruhiger, baut an seiner satirischen Konstruktion, in der zweiten Hälfte jedoch kennt der Film keine Grenzen mehr: dann wird geballert, geblödelt, gewitzelt, dass man sich öfters mal im Sitz krümmt. Das nicht jeder Witz wirklich sitzt, spielt da kaum eine Rolle – man hat genug zu lachen. Auch ist Stiller sich nicht zu schade, ein wenig Slapstick à la Zucker/Abraham einzubauen, wobei er aber auch öfters mal über das Ziel hinausschiesst – spätestens wenn sogar Kinder meterhoch durch die Luft geschleudert werden, sehnt man sich nach der Subtilität, die der Film an anderen Stellen hat.

„Tropic Thunder“ ist trotzdem ein herrliches Vergnügen, das vor allem jenen Spass macht, die sich in der Produktionslandschaft Hollywoods ein wenig auskennen. Wer die Seitenhiebe versteht, wird den Film lieben. Wer jedoch eine handelsübliche Komödie/Parodie erwartet, wird kaum etwas mit der Materie anfangen können und eher selten mal lachen. Ein Wort der Warnung jedoch an zart Besaitete: „Tropic Thunder“ ist schweinisch brutal, hier werden Därme rumgestopft, Köpfe abgesprengt und Hände abgeschossen, und mehr als einmal schiesst Stiller über die Grenzen des guten Geschmacks weg; das dürfte manchen sauer aufstossen, vor allem auch, weil Stiller nicht nur bei der Gewaltdarstellung keine Grenzen kennt: auch seine Darstellung eines Behinderten ist nicht bei allen Zuschauern gut angekommen. Wer jedoch über solche Geschmackslosigkeiten hinweg sehen kann, denn erwartet ein herrlicher Spass, den man gesehen haben muss, um ihn zu glauben.

Ausstattung

Die DVD ist eher zurückhaltend ausgestattet: es gibt einige Worte zu den einzelnen Schauspieler zu sehen, sowie mehrere kurze Featuretten über verschiedene Aspekte des Films – nicht viel, dafür aber durchwegs unterhaltsam.


Seit dem 5. Februar 2009 im Handel.

Originaltitel: Tropic Thunder (USA 2008)
Regie: Ben Stiller
Darsteller: Ben Stiller, Jack Black, Robert Downey Jr., Tom Cruise, Jeff Khan, Nick Nolte
Genre: Satire
Dauer: 102 Minuten
Bildformat: 2,35:1 (16:9 anamorph)
Sprachen: Deutsch, Englisch, Türkisch
Untertitel: Deutsch, Englisch, Türkisch
Audio: Dolby Digital 5.1
Bonusmaterial: Trailer, Audiokommentar, Jagd die Schweine in die Luft, die Besetzung, Das heisse LZ, Make-up-Test mit Tom Cruise, Volle Magazine, Rain of Madness-Trailer, MTV-Movie-Awards
Vertrieb: Paramount Home Video

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