„Elegy“ von Isabel Coixet

Die schönsten Brüste der Welt

„Elegy“ von Isabel Coixet

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Isabel Coixet legt mit „Elegy“ eine nett anzuschauende Literaturverfilmung vor.  Der Romanvorlage von Philip Roth wird sie dabei bei weitem nicht gerecht. Ihr Film romantisiert zusehends mit schönen Bildern, statt zu versuchen, die Verzweiflungen und Verwerfungen der maskulinen Triebwelt zu thematisieren.

Von Garabet Gül.

Philip Roth hat in einem Interview anlässlich seines letzten Buches „Empörung“ gemeint, der Mensch stehe sich selber nie so nahe, wie wenn er sich sexuell auslebe oder leide. Diese Form der Selbstfindung praktizieren auch die meisten Figuren in Roths Romanen. Sie ficken und leiden. Sei es Alexander Portnoy, Mickey Sabbath, Nathan Zuckerman oder Coleman Silk. Alle sind sie – bei durchaus vorhandenen feinen Unterschieden – zwischen Selbstironie und -mitleid hin und her gerissene Männer, die ihr grösstes Glück und Unglück zwischen den Beinen einer Frau suchen und finden. Es sind bindungsunfähige, verzweifelte, hedonistische, zynische Künstler, Schriftsteller und Intellektuelle, stets näher bei Dionysos, jedoch nie ganz entfernt von Apollon.

Vergängliche Schönheit

Auch Professor David Kepesh liebt das weibliche Fleisch, insbesondere junges Fleisch. Um nicht Opfer der moralischen Autorität der Schulbehörde zu werden, wartet er stets bis seine Studentinnen graduiert sind und ladet sie dann zu einer Abschlussparty zu sich nach Hause ein, um eine der jungen Frauen mit seinem altherrischen Charisma zu bezirzen. Diesmal ist die Auserwählte jedoch anders als alle bisherigen Fänge, sie ist ausserordentlich schön, unfassbar schön, als hätte sich die Idee der Schönheit materialisiert. Sie ist von einer Schönheit, die schier grenzenlose Leidenschaft auslöst und in fatale Obsessionen und Abhängigkeiten führt. Professor Kepesh verliebt sich nicht in die Person Consuela, er verbeisst sich in ihre fleischlichliche Erscheinung, er himmelt ihre Brüste an und meint, er habe noch nie vorher schönere gesehen. Und als sich die Verlustängste einstellen,  fürchtet er sich nicht davor, einen Menschen zu verlieren. Er hat Angst,  dass ihm das Objekt seiner Begierde abhanden kommt.

© Studio / Produzent
© Studio / Produzent

Die Affäre  läuft so lange gut bis Consuela den Professor  ihren Eltern vorstellen möchte, was er nicht kann und möchte. Diese Entscheidung bedeutet das Ende der Liebschaft. Consuela meldet sich zwei Jahre nicht mehr bei ihm, bis sie an einem Silvesterabend anruft und Kepesh mitteilt, dass sie Brustkrebs hat. Die Schönheit ist in Gefahr. Es gilt, sie ein letztes Mal für die Ewigkeit photographisch festzuhalten.

Das tote Tier

Trotz überzeugenden Darstellungen von Ben Kingsley und Penélope Cruz vermögen die Funken nie wirklich zu sprühen. Der erotische Wahn des Professors wird zwar angedeutet, die Objektfixierung entlädt sich hingegen nicht, sie implodiert in harmlosen Andeutungen. Das Klagelied (Elegy) wird selber beklagenswert, die Liebesszenen sind zu schön und zu glatt inszeniert, von grenzenloser Leidenschaft und Besessenheit ist dabei wenig zu spüren. Als wäre das Tier bereits tot, habe das Fleisch seine letzten Zuckungen schon hinter sich. Auch die Tränen des geläuterten David Kepesh und der Brustkrebs Consuelas schaffen es nur bedingt, im Zuschauer Verständnis für die Figuren aufzubringen. Am Ende fühlt man sich wie nach einem Geschlechtsakt ohne Erguss, angeheitert, aber nicht befriedigt. Hier wäre mehr rauszuholen gewesen, mehr als die schönsten Brüste der Welt.

Ausstattung

Als Zusatz gibt es den üblichen Trailer. Zehn Minuten darf hinter die Kulissen geschaut werden, wobei man die Regisseurin beim Lesen beobachten kann. Die von der Produktionsfirma geführten Interviews sind gewohnt langweilig und aussagearm. Immerhin kommen neben allen Darstellern und der Regisseurin noch die drei Produzenten zu Wort. Dann gibt es noch ein so genanntes „Featurette“. Ein fünfminütiger Zusammenschnitt aus Filmszenen, Interviews und Einblicken hinter die Kamera.


Seit dem 17. April 2009 im Handel.

Originaltitel: „Elegy“ (USA 2008)            
Regie: Isabel Coixet
Darsteller: Ben Kingsley, Penélope Cruz, Dennis Hopper, Patricia Clarkson
Genre: Drama
Dauer: 118 Minuten
Bildformat: 16:9
Sprachen: Englisch, Deutsch
Untertitel: Deutsch
Audio: Dolby Digital 2.0/5.1
Bonusmaterial: Trailer, Featurette, B-Roll, Interviews.
Vertrieb: Warner

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