„Comme les autres“ von Vincent Garenq
Beseelt vom Kinderwunsch
„Comme les autres“ von Vincent Garenq
Der französische Regisseur Vicent Garenq thematisiert in seiner rasanten, jedoch etwas gar glatten Beziehungskomödie den Wunsch eines schwulen Kinderarztes nach eigenem Nachwuchs. Etwas mehr Wirklichkeitsnähe hätte dem Film keinesfalls geschadet.
Von Christoph Aebi.
Auch in Belleville, dem Pariser Multikulti- und Künstlerviertel mit dörflichem Charakter, liegen kurz vor den Weihnachtsfeierlichkeiten die Nerven blank, kitschige Strassenbeleuchtung hin oder her. Der Kinderarzt Manu (Lambert Wilson) und sein langjähriger Partner Philippe (Pascal Elbé), ein erfolgreicher Rechtsanwalt, sind im Auto unterwegs zur familiären Weihnachtsfeier, als eine kurze Unachtsamkeit, ausgelöst durch einen Begrüssungskuss, einen Auffahrunfall zur Folge hat. Die argentinische Immigrantin Fina (Pilar Lopez de Ayalo), deren Auto beschädigt wurde, ist zwar zuerst ausser sich vor Wut, schlussendlich jedoch froh, dass Manu das Ganze unkompliziert und ohne Polizei-Beizug lösen möchte, ist sie doch ohne Aufenthaltsbewilligung im Land. Später am Abend eröffnet der kinderliebende Manu seinem Freund, er wolle schnellstmöglich ein Kind adoptieren. Für Philippe jedoch kommen Kinder im gemeinsamen Haushalt keinesfalls in Frage. Als er später erfahren muss, dass Manu ohne sein Wissen einen Adoptionsantrag gestellt hat, zieht er aus der gemeinsamen Wohnung aus. Da in Frankreich die Adoption von Kindern durch homosexuelle Personen noch nicht legalisiert ist, muss Manu, bevor die Vertreterin der Vormundschaftsbehörde seine Wohnung inspiziert, diese ein wenig umstylen: Das heisst, einen auf Hetero machen. Blumen und Kunstbücher landen im Abfall, die Sportzeitung auf dem Wohnzimmertisch. Nur vergisst unser Manu, restlos alle Photos, die ihn mit Philippe zeigen, zu entfernen. Somit ist sein Adoptionstraum erst einmal zunichte gemacht.
Ende gut, alles gut
Wer jetzt meint, damit sei der Inhalt des Films bereits nacherzählt, hat die Rechnung ohne den Regisseur und Drehbuchschreiber in Personalunion gemacht. In halsbrecherischem Tempo changiert der Film 93 Minuten lang zwischen Komödie und Tragödie. Natürlich macht Manu seiner besten Freundin seit Studientagen und Praxis-Mitbesitzerin Cathy (Anne Brochet), einer kinderlosen, 40-jährigen Gynäkologin, das Angebot, gemeinsam ein Kind zu zeugen. Als diese ablehnt, kommt ihm die glorreiche Idee, einen Deal mit Fina auszuhandeln. Er würde mit ihr eine Scheinehe eingehen, damit sie ihre Aufenthaltsbewilligung erhält, wenn sie sich im Gegenzug als Leihmutter für sein Kind zur Verfügung stellen würde. In einer schwachen Minute sagt Fina zu und zieht bei Manu ein. Die Nacherzählung soll damit enden, dass sich Fina in den Charmebolzen Manu verliebt und dieser erfährt, dass er zeugungsunfähig ist. Nicht schwierig vorauszusehen ist in dieser Sorte Film trotzdem das obligatorische Happy-End. Ende gut, alles gut.

Vom Dokumentarfilmprojekt zum Spielfilm fürs breite Publikum
Wie weit ist jemand bereit zu gehen, um sich seinen Kinderwunsch zu erfüllen ? Dies ist das Hauptthema von „Comme les Autres“. Etwas komplexer wird es dadurch, dass dieser Jemand ein schwuler Mann in den Vierzigern ist. Inspiriert wurde Regisseur Vincent Garenq für seinen Spielfilmerstling durch einen schwulen Schulfreund mit dem Namen Manu. Dieser erzählte ihm, dass er zusammen mit seinem Freund und einem lesbischen Pärchen übers Wochenende weggefahren sei, um sich näher kennen zu lernen und vielleicht einmal miteinander ein Kind zu zeugen und gross zu ziehen. Durch die französische Gemeinschaft schwuler und lesbischer Eltern kam der Regisseur an viele starke und bewegende Geschichten und sein Interesse zur Realisierung eines Dokumentarfilms über das brisante Thema war geweckt. Niemand schien sich jedoch dafür zu interessieren. Deshalb beschloss Garenq, ein Spielfilm-Drehbuch zu verfassen über dasselbe Thema zu verfassen, jedoch mit dem breiten Publikum im Visier.
Spielfreudige Hauptdarsteller, zu glatte Story
Damit ist das Problem des Films bereits in groben Zügen umrissen: Obwohl nicht ohne Charme, kommt die Komödie oftmals etwas zu glatt und zu überzeichnet daher. Die Hauptdarsteller agieren mit grosser Spielfreude, die bisher nur innerhalb Spaniens bekannte Pilar Lopez de Ayala in der Rolle der Fina ist eine Entdeckung. Herausragend ist Anne Brochet als kinderlose Gynäkologin, die zwar eine erfolgreiche Karriere aufweisen kannn, jedoch darunter leidet, bisher nicht den richtigen Partner zum Kinderkriegen getroffen zu haben und gleichzeitig -man ahnt es- heimlich in ihren schwulen Busenfreund verliebt ist. Diese innerlich zerrissene Figur stellt Brochet mit nuanciertem Spiel brillant dar. Nur leider verläuft das reale Leben oftmals in etwas weniger glatten Bahnen als dieser Film. Ein Spritzer Hollywood weniger, dafür ein Schluck britisches Sozialdrama hätten dem Ingrendienzencocktail nicht geschadet. Im Gegenteil: Der Film wäre damit der Wirklichkeit etwas näher gekommen. Der reale Manu hat sich nämlich auch 10 Jahre nach der ersten Filmidee seinen Kinderwunsch immer noch nicht erfüllen können.
Ab dem 28. Mai 2009 im Kino.
Originaltitel: Comme les autres (Frankreich 2008)
Regie: Vincent Garenq
Darsteller: Lambert Wilson, Pascal Elbé, Anne Brochet, Pilar Lopez De Ayala
Genre: Beziehungskomödie
Dauer: 93 Minuten
CH-Verleih: Xenix Filmdistribution
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