„El Niño Pez“ von Lucía Puenzo
Argentinierin liebt Paraguayanerin
„El Niño Pez“ von Lucía Puenzo
Mit „XXY“ schuf Lucía Puenzo ein eindrückliches, realistisches Drama über Intersexualität, exzellent besetzt mit der jungen argentinische Schauspielerin Inés Efron. „El Niño Pez“ ist Puenzos zweiter Film, und erneut ist Inés Efron in der Hauptrolle zu sehen. Optisch ist der Film zwar ebenso bestechend wie „XXY“, die Story, basierend auf dem gleichnamigen Roman der Regisseurin, enttäuscht jedoch.
Von Lukas Hunziker.
Lala ist die Tochter eines erfolgreichen Richters und lebt mit ihrer wohlhabenden Familie in der Vorstadt von Buenos Aires. Zusammengehalten wird die Familie nicht von Lalas Mutter, sondern von La Guayi, einer paraguayanischen Magd. Lala und La Guayi haben ihre Jugend gemeinsam verbracht, sind erst gute Freundinnen, dann ein Liebespaar geworden. Allerdings hat auch Lalas Vater die Reize der jungen Paraguayanerin erkannt und schläft regelmässig mit ihr. Lala weiss vom Verhältnis ihres Vaters mit ihrer Freundin, ist sich jedoch sicher, dass diese nur sie liebt, und die Pläne von einem gemeinsamen Leben in Paraguay ebenso ernst nimmt wie sie selbst. Als Lalas Vater eines Morgens tot aufgefunden wird, scheint der Zeitpunkt gekommen, um diese Pläne in die Tat umzusetzen; Lala reist nach Paraguay, in der Annahme, La Guayi folge ihr in Kürze. Doch im Dorf, in welchem La Guayi aufgewachsen ist, stösst Lala vor allem auf Geheimnisse, die ihre Freundin bisher nur über die Legende des Fischkindes angedeutet hatte.
Liebesgeschichte ohne Tiefgang
Es ist klar, dass nach „XXY“ die Erwartungen an Lucía Puenzos zweiten Film „El Niño Pez“ gross sein mussten. Das erste Werk der argentinischen Autorin und Regisseurin bestach mit wunderschönen Aufnahmen Patagoniens und einer eindringlichen Geschichte voller unerwarteter Momente und Gedankenanstösse. Auch „El Niño Pez“ scheint in seiner Anlage viel versprechend; die Liebesgeschichte zwischen der paraguayanischen Magd vom Land und der Tochter einer reichen argentinischen Familie liesse eigentlich auf ein Portrait der zwei so verschiedenen südamerikanischen Länder und deren Kulturen hoffen.

Doch leider fehlt dem Film eine soziale oder gesellschaftskritische Dimension über weite Strecken. Einzig auf die Korruption und Machenschaften der Polizei wird gegen Ende angespielt, doch bis dahin hat die Geschichte zu viel an Glaubwürdigkeit eingebüsst, um noch gerettet werden zu können. Ob Homosexualität unter Frauen in Argentinien oder Paraguay tabuisiert wird, bleibt unklar, wie stark Argentinien von einem Klassedenken geprägt ist, ebenfalls.
Lesbenszenen ohne Chemie
Ein Genuss ist „El Niño Pez“ einzig optisch. Die Bilder sind wunderschön, alle Szenen perfekt ausgeleuchtet, die Perspektiven originell und passend. Einzig eine Traumsequenz, in welcher das Fischkind zu sehen ist, mutet etwas peinlich überstilisiert an. Schön anzusehen ist auch Inés Efron, die nach „XXY“ zeigen darf, dass sie auch sehr weiblich aussehen kann. Schauspielerisch vermag sie allerdings wesentlich weniger zu überzeugen als in Puenzos erstem Film; zwischen ihr und ihrer Leinwandliebe Mariela Vitale scheint die Chemie nicht wirklich da gewesen zu sein. Das lesbische Liebespaar nimmt man den beiden trotz der erotischen Badewannenszene, mit welcher auch das Filmposter zu locken versucht, nicht wirklich ab. Vielleicht bleibt die Liebesgeschichte deswegen unglaubwürdig, fade und nichts sagend.
„El Niño Pez“ ist wunderschön inszeniertes, aber leider relativ belangloses und unglaubwürdiges Kino. Ein bisschen Drama, ein bisschen Romanze, ein bisschen Thriller – aber nur sehr selten engagiert, packend und überraschend wie „XXY“. Vielleicht wäre Lucía Punezo besser bedient, Bücher zu verfilmen, die sie nicht selbst geschrieben hat.
Ab dem 9. Juli 2009 im Kino.
Originaltitel: El Niño Pez (Argentinien 2009)
Regie: Lucía Puenzo
Darsteller: Inés Efron, Mariela Vitale, Carlos Bardem, Arnaldo André
Genre: Drama
Dauer: 96 Minuten
CH-Verleih: Xenix
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