Sperrige Dreierkiste „Two Lovers“ von James Gray
Sperrige Dreierkiste
„Two Lovers“ von James Gray
Wenn Joaquin Phoenix eine Rolle perfekt meistert, dann ist es die des schüchternen, „verschüpften“ jungen Mannes. Für „Two Lovers“, einem Drama über einen manisch-depressiven Mann, der sich zwischen zwei Frauen entscheiden muss, ist er damit zweifellos die perfekte Hauptrollenbesetzung. Die unzugängliche Story kann er trotz Höchstform allerdings kaum retten.
Von Lukas Hunziker.
Leonard Kraditor lebt nach einer schmerzhaften Trennung von seiner Verlobten wieder bei seinen Eltern. Nicht zum ersten Mal unternimmt er am Abend auf dem Nachhauseweg einen halbherzigen Selbstmordversuch, wird jedoch gerettet und schafft es knapp zum Abendessen, zu welchem ein Geschäftspartner seines Vaters und dessen Familie eingeladen sind. Leonard fällt Tochter Sandra, die in seinem Alter ist, sofort auf, allerdings ist er zu schüchtern, um sich gleich mit ihr zu unterhalten. Erst als die beiden auf sein Zimmer gehen um sich Fotos anzuschauen, die Leonard in seiner Freizeit macht, kommen sie ins Gespräch, und entschliessen sich, sich wieder zu sehen. Am Tag darauf trifft Leonard jedoch Michelle, eine neue Nachbarin, und verliebt sich in sie. Im Beisein der blonden Schönheit kommt Leonard aus sich heraus und kann seine Schüchternheit hinter sich lassen. Als er aber erfährt, dass Michelle mit einem verheirateten Mann eine Affäre hat, versucht er bei Sandra, die ziemlich in ihn verliebt ist, neue Sicherheit zu gewinnen – doch Michelle will ihm nicht aus dem Kopf.
Die eigenartige Geschichte eines eigenartigen Mannes
Beziehungsdramen, die sich in der unteren Mittelschicht und engen, hoffnungslos altmodisch eingerichteten Apartmentwohnungen abspielen, sind in Hollywood mehr als Mangelware. „Two Lovers“ fällt schon nur durch dieses ungewöhnliche Setting aus dem Rahmen, und fährt mit einer Düsterkeit und Melancholie auf, die für Hollywood schon fast gewagt ist. Doch auch die Hauptfigur Leonard ist ein äusserst gewöhnungsbedürftiger Leinwandheld. Er ist manisch-depressiv, schüchtern, hat einen sehr unbeholfenen Kleidungsstil, und ist dabei weder komisch, noch sympathisch, noch bemitleidenswert. Die Geschichte entbehrt jeglichen Witzes und jeglicher Spannung, ist dafür manchmal fast unerträglich realistisch. Kurz, „Two Lovers“ ist ein Film, der eigentlich unamerikanischer kaum sein könnte.

Mangelnde Anknüpfungspunkte
Ein allzu grosser Pluspunkt ist dies aber leider nicht. „Two Lovers“ fehlt es über weite Strecken schlicht an Identifikationsmöglichkeiten oder sozialer Brisanz. Die Charakteren sind alle glaubwürdig und realistisch, gleichzeitig jedoch so unzugänglich, dass einem das Ableben des einen oder anderen kaum stören würde. Für welche der beiden Frauen Leonard entscheiden wird, ist einem relativ gleichgültig, auch wenn die eine Beziehung eher zum Scheitern, die andere eher zum Gelingen verurteil scheint. Leider vermag der Film auch gänzlich wenig über manisch-depressives Verhalten, über das Milieu seiner Figuren, oder die Lebensumstände jüdischer Textilreinigungsunternehmer auszusagen. Das einzige Highlight des Films ist Joaquin Phoenix, welcher dem unsicheren, schüchternen Leonard sehr subtil ein überzeugendes Profil gibt.
Unter dem Strich bleibt „Two Lovers“ aber ein sperriges, rätselhaftes Drama, das einem seine Hauptfigur kaum näher zu bringen vermag. Die Schauspielerischen Leistungen in allen Ehren, eine Aussage vermögen sie dem Film leider auch nicht zu geben.
Seit dem 2. Juli 2009 im Kino.
Originaltitel: Two Lovers (USA 2008)
Regie: James Gray
Darsteller: Joaquin Phoenix, Gwyneth Paltrow, Vinessa Shaw, Isabella Rossellini
Genre: Drama
Dauer: 110 Minuten
CH-Verleih: Frenetic
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Trailer
Offizielle Seite zum Film