„Die Kunst des negativen Denkens“ von Bård Breien

Lebensfrust ist Lebenslust

„Die Kunst des negativen Denkens“ von Bård Breien

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Kann eine Gruppentherapie einem helfen, sein Schicksal als körperlich Behindertern oder psychischem Wrack in einem positiven Licht zu sehen? Die norwegische Low-Budget Produktion „Die Kunst des negativen Denkens“ zieht in den Krieg gegen populärpsychologische Gruppen- und Wohlfühltherapien, bietet allerdings eine nur schwammig skizzierte Alternative.

Von Lukas Hunziker.

Geirr muss sich nach einem Unfall damit abfinden, sein Leben im Rollstuhl zu verbringen und nie mehr sexuell aktiv sein zu können. Unter dem Frust, den er über sein Schicksal empfindet, droht seine Ehe zu zerbrechen. Seine Frau Ingvid sieht eine letzte Chance in der erfolgreichen Gruppentherapeutin Tori, welche mit einer ganzen Gruppe trauriger Fälle anreist: Marte ist nach einem Kletterunglück ebenfalls an den Rollstuhl gefesselt, ihr Mann Gard verzweifelt darüber, an ihrem Unglück Schuld zu sein, Lillemor ist einsam und ein Hypochonder, und Asbjørn ist seit seinem Schlaganfall durch übermässigen Alkoholkonsum behindert. Alle vier versuchen jedoch, unter der Anleitung Toris stets positiv zu denken, und sind überzeugt, auch Geirr wieder etwas Lebensfreude schaffen zu können. Doch erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.

Gruppendepression als Therapie

Geirr will nämlich durchaus nicht einsehen, wie positives Denken seine Impotenz weniger hart erscheinen lassen könnte. Seine eigene Therapie – Johnny Cash, Kriegsfilme, Joints und Alkohol – erscheint ihm angesichts seiner Situation sehr viel angemessener. Anstatt auf Toris Kommando glücklich zu sein, reist er die Therapie an sich, und erteilt Lektionen in der „Kunst des negativen Denkens“, welche Toris Erfolg langsam aber sicher als blossen Schein entlarvt.

© Studio / Produzent
© Studio / Produzent

Der nur 76 Minuten lange Film beschränkt sich, von zwei kurzen Anfangsszenen einmal abgesehen, auf genau einen Schauplatz: Geirrs Haus. Auf relativ engem Raum entladen sich in einer Nacht die aufgestauten Emotionen der sieben Figuren. Ein wirklich packendes Drama vermag auf dieser vielversprechenden Situation allerdings nicht zu entstehen, da sich der Film nicht wirklich entscheiden kann, Komödie oder Drama zu sein. Der Vergleich mit „Adam’s Apples“, den das DVD-Cover wagt, ist leider eher fehl am Platz.

Doch nicht nur die seltsame Genremischung macht den Film schwer zugänglich, auch die Episodenhaftigkeit der Storyführung wird zunehmend mühsam. Anstatt einen zentralen Konflikt aufzubauen, verliert sich der Film in Einzelszenen der sieben Figuren. Auch die Frage, worin die „Kunst des negativen Denkens“ denn eigentlich besteht, bleibt offen – Geirrs Gegenmodell zu Toris Wohlfühltherapie bleibt eine Idee. Wem es genügt, dass positives Denken auf die Schippe genommen wird, dürfte aber immerhin einiges zu lachen haben.

Ausstattung

Einziges Extra ist ein 24minütiges „Making of“, welches Einblicke in die Dreharbeiten an der einzigen Location gibt, und den Charme des Low-Budget-Filmens zeigt.


Seit dem 26. Juni 2009 im Handel.

Originaltitel: Kunsten å tenke negativt (Frankreich 2007)
Regie: Bård Breien
Darsteller: Fridtjov Saheim, Kirsti Eline Torhaug, Hendrik Mestad
Genre: Drama, Komödie
Dauer: 76 Minuten
Bildformat: 1,85:1
Sprachen: Deutsch, Norwegisch
Untertitel: Deutsch
Audio: Dolby Digital 5.1
Bonusmaterial: Trailer
Vertrieb: MaxVision

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Lukas Hunziker

Lukas Hunziker ist Gymnasiallehrer für Deutsch und Englisch. In seinem Garten stehen drei Bäume, in seinem Treppenhaus ein Katzenbaum. Er schreibt seit 2007 für nahaufnahmen.ch.

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