„Midnight Express“ von Alan Parker
Istanbul lebenslänglich
„Midnight Express“ von Alan Parker
Drogenbesitz und Drogenhandel sind weder im Nahen noch im Fernen Osten kleine Delikte. Wer nach Thailand reist, weiss, dass Drogen, die absichtlich oder unabsichtlich im Gepäck mitreisen, den Aufenthalt um viele Jahre verlängern können. In den 70er Jahren musste man noch keine Weltreise machen, um Gefängnisluft der übleren Sorte zu schnuppern. Alan Parkers Klassiker zeigt, wie die türkische Justiz ein Beispiel an einem Amerikanischen Hobbyschmuggler statuierte.
Von Lukas Hunziker.
Bill Hayes versucht etwas, was schon vor 30 Jahren ziemlich dumm war: er will zwei Kilo Haschisch, die er sich mit Klebeband auf den Körper klebt, aus der Türkei nach Hause schmuggeln. Dumm nur, dass in Zeiten von Terrorismus und Flugzeugentführungen Passagiere vor dem Besteigen des Flugszeugs abgetastet werden, weshalb Billy nie einen Fuss ins Flugzeug setzt. Zuerst scheint seine Verhaftung keine ernsthaften Konsequenzen zu haben; Bill macht einen Deal mit der Polizei, die er zum Dealer führen will, der ihm den Stoff verkauft hat. Der Dealer findet sich, wird geschnappt, alles scheint gut – doch dann begeht Bill seine zweite Dummheit: er nutzt eine Chance zur Flucht. Und diese bringt ihm eine Verurteilung zu fünf Jahren Gefängnis.
Böse Türken. Sehr böse Türken.
Das türkische Gefängnis, in welchem Bill seine Haft absitzt, ist ein wahrer Alptraum. Messerattacken unter Insassen gehören ebenso zur Tagesordnung wie Misshandlungen durch den türkischen Gefängnisaufseher. Bills einzige Freunde sind zwei Europäer und ein Amerikaner, mit den türkischen Mitgefangenen gibt sich Billy nicht ab. Die Darstellung der Türken als brutale, hinterhältige Rohlinge nimmt teilweise fast rassistische Züge an, ist aber schlussendlich ein wichtiges Element im Spannungsaufbau des Films.
Billy übersteht die fünf Jahre, wird jedoch kurz vor seiner Entlassung darüber informiert, dass sein Fall nach Ankara weitergegeben wurde, und man sich dort entschlossen hat, an seinem Fall ein Exempel zu statuieren. Die Verurteilung wegen Drogenbesitzes wird in eine Verurteilung wegen Drogenhandels umgewandelt, was Billy zusätzliche 30 Jahre einbringt. Ohne jede Hoffnung, auf rechtlichem Weg frei zu kommen, entschliesst sich Bill zur Flucht.
Dass ihm diese später gelingt, davon zeugt das Buch, in welchem der echte Bill Hayes 1977 seine Erlebnisse im Istanbuler Gefängnis niederschrieb. Ein Jahr später wurde „Midnight Express“ von Alan Parker verfilmt, mit dem damals aufstrebenden Jungstar Brad Davis in der Hauptrolle und John Hurt in der Nebenrolle – das Drehbuch schrieb niemand geringeres als Oliver Stone. Der Film zeigt eindringlich Bills Kampf ums Überleben und sein Hadern mit dem Wahnsinn, in welchen die Hoffnungslosigkeit ihn trieb. Der echte Bill Hayes war von der Verfilmung seiner Geschichte mässig begeistert, nicht zuletzt, weil er die Darstellung der Türken und der Türkei sehr einseitig fand. Vergisst man, dass der Film eben nur lose auf wahren Ereignissen basiert, ist „Midnight Express“ aber auch heute noch ein spannender und cleverer Thriller.
Austattung
Die 20th Anniversary DVD bietet eine Widescreen und eine 4:3 Version des Filmes. Die Extras bestehen aus einer knapp 8minütigen Dokumentation, in welcher Bill Hayes über seine Erlebnisse berichtet. Etwas schade ist, dass das Interview, welches der türkische Regisseur Alinur Velidedeoğlu mit Hayes 1999 in Cannes führte, nicht auf der DVD enthalten ist. Darin äusserte sich Hayes kritisch zur Verfilmung und deren Darstellung der Türkei.
Seit dem 14. Februar 2008 im Handel.
Originaltitel: Midnight Express (USA 2008)
Regie: Alan Parker
Darsteller: Brad Davis, John Hurt, Bo Hopkins, Randy Quaid
Genre: Drama, Thriller
Dauer: 116 Minuten
Bildformat: 1.85:1
Sprachen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch, Polnisch, Tschechisch, Ungarisch, Isländisch, Hindi, Hebräisch, Dänisch, Schwedisch, Finnisch, Norwegisch, Griechisch
Audio: Dolby Digital 5.1
Bonusmaterial: Dokumentation zum Film, Filmographien der Darsteller
CH-Verleih: Impuls
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Trailer
Interview mit Bill Hayes vom Regisseur Alinur Velidedeoğlu