„The Wrestler“ von Darren Aronofsky
Die Show muss weitergehen
„The Wrestler“ von Darren Aronofsky
Als Darren Aronofsky ankündigte, er wolle einen Film über einen Wrestler machen, wurde er weitgehend ausgelacht. Als er weiter ankündigte, er wolle seinen Film mit Mickey Rourke in der Hauptrolle besetzen, rollte man sich lachend über den Boden – und dann kam sein Film, „The Wrestler“, und es wurde still. Ganz, ganz still.
Von Alexander Sigrist.
In Aronofskys Drama spielt Mickey Rourke den Wrestler Randy „The Ram“ Robinson, der seine besten Zeiten gesehen hat: einsam und allein wohnt er in einem Wohnwagen, schleppt sich unter der Woche zum Supermarkt, wo er beim Abladen von Lastwagen hilft, und am Wochenende kämpft er in zweitklassigen Wrestling-Matches in Turnhallen. Die einzige Freundin, die er hat, ist die Stripperin Cassidy – die jedoch Mühe hat in ihm mehr als einen zahlenden Kunden zu sehen. Als er einen Herzinfarkt erleidet, will Randy sich ändern: das Wrestling will er an den Nagel hängen, er will eine anständige Arbeit finden und auch zu seiner Tochter, die kaum mehr als Verachtung für ihn übrig hat, will er endlich wieder den Kontakt finden. Der Weg zurück ins Leben ist jedoch schwerer gedacht.
„The Wrestler“ ist in mehrfacher Hinsicht eine mutige Sache: ernsthafte Filme über Wrestling gibt es kaum und es ist erstaunlich, dass Aronosfky eine Produktionsfirma gefunden hat, die ihm seinen letzten Streich finanziert hat – zumal er einerseits nicht davor zurückscheut, wirklich harte und recht derbe Wrestlingszenen zu zeigen und zum anderen weil er seine Ausgangslage nicht als Exotismus für ein x-beliebiges Familiendrama missbraucht. Zwar sind mit der Tochter und der Stripperin klar Ansätze in diese Richtung vorhanden, aber Aronofsky geht es um den Wrestler The Ram und all die gesundheitlichen, finanziellen und sozialen Probleme, die aus dem Wrestling entstehen können. Es ist ein Film über einen einsamen Mann, der trotz ehrlicher Versuche nicht aus seiner Haut kann und für das Entertainment im Ring lebt.
Nicolas Cage? Lachhaft!
Trotz der erwähnten Wrestlingszenen, in welchen die Chose etwas schneller und hektischer wird, ist „The Wrestler“ ein ruhiger Film. Man sieht Randy eigentlich fast zwei Stunden lang dabei zu, wie er alltägliche Dinge tut: er arbeitet, sitzt zu Hause, trifft seine Tochter, geht in den Stripclub – das alles würde vielleicht langweilen, wäre da nicht Mickey Rourke, der seine Rolle nicht spielt, sondern seine Rolle ist. Man nimmt ihm den Wrestler, seinen weichen Kern, seine harten Seiten, seine Tränen und seine Angst in jeder Sekunde ab, ohne dass sein Charakter viel sagen muss. Eine starke Leistung, die beweist, dass Rourke zu Unrecht von Hollywood vergessen, oder auf Grund seines entstellten Gesichts einfach ins Abseits gedrängt wurde. Rourke war ganz klar eine mutige, aber die richtige Entscheidung Aronofskys. Man stelle sich nur vor, er hätte, wie von den Produzenten vorgeschlagen, Randy mit Nicolas Cage besetzt. Lachhaft! (Obwohl Cage mit der blonden Zottelfrisur wohl ganz lustig ausgesehen hätte.)
Dreck anstatt Gold, Rock anstatt Orchester, Realität anstatt Symbolismus
Ebenfalls mutig von Aronofsky ist, dass er sich ganz von seinem bisherigen Regiestil verabschiedet: statt schnelle Schnitte, wie in „Requiem for a Dream“ gibt es lange Szenen, statt goldener, überstilisierter Bilder, wie in „The Fountain“, bekommt man ein grobkörniges, dreckiges Bild zu sehen, statt orchestralem Soundtrack hört man nun achtziger-Jahre Hard-Rock-Mucke – das alles aber natürlich trotz allem sehr gut inszeniert und toll gefilmt.
Man merkt, dass Aronofsky sein Handwerk versteht und der Abschied vom Symbolismus und der Überästhetisierung hat seinem Stil gut getan – auf jeden Fall hat man sich in keinem seinem bisherigen Filme den Figuren derart nah gefüllt. Klar fieberte man in „Requiem for a Dream“ gegen Ende schon ordentlich mit, das lag aber eher an der drastischen Inszenierung als an den Figuren.
„The Wrestler“ ist natürlich, trotz der genialen Schauspielleistung, dem guten Drehbuch und der tollen Inszenierung, kein perfekter Film: man muss schon etwas mit dem Thema anfangen können, muss sich mit dem Wrestler ein stückweit identifizieren können – ansonsten dürfte einem wohl angesichts des langsamen Tempo des Films schnell einmal langweilig werden. Wer aber auch nur im entferntesten Sinne etwas mit der Thematik anfangen kann, bekommt eine starke Geschichte rund ums Altwerden, Alleinesein, um Liebe und Selbstaufgabe zu sehen, für die es sich lohnt Geld auszugeben.
Ausstattung
Ein Making of, ein Interview mit Mickey Rourke und Highlights aus den TNA Sacrifice Wrestling-Matches, sowie ein paar Trailer.
Seit dem 4. September 2009 im Handel.
Originaltitel: The Wrestler (Frankreich, USA 2008)
Regie: Darren Aronofsky
Darsteller: Mickey Rourke, Evan Rachel Wood, Marisa Tomei, Mark Margolis
Genre: Drama
Dauer: 110 Minuten
Bildformat: 2,40:1 (16:9 anamorph)
Sprachen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Audio: Dolby Digital 5.1, Deutsch zusätzlich auch als Dolby Digital 2.0 Surround
Bonusmaterial: Making of, Interview mit Mickey Rourke, Highlights aus den TNA Sacrifice Matches, Trailer
CH-Verleih: Warner
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