„Sunshine Cleaning“ von Christine Jeffs
Mit Zahnbürsten gegen Blutflecken
„Sunshine Cleaning“ von Christine Jeffs
Während Hollywood die Welt Jahr für Jahr von noch cooleren Superhelden retten oder von noch gewaltigeren Katastrophen zerstören lässt, gewährt uns das US-Indiekino immer öfters Einblicke in jenes Amerika, das schon lange nicht mehr auf der Leinwand zu sehen war: das Amerika der Arbeiter, der Putzfrauen, der älteren Leute. „Sunshine Cleaning“ ist einer jeder Filme, der dazu noch den Spagat zwischen Tragikömodie und Feelgoodmovie schafft.
Von Lukas Hunziker.
Die alleinerziehende Mutter Rose kommt in finanzielle Schwierigkeiten, als ihr Sohn Oscar von der Schule verwiesen wird, weil er gerne an Gegenständen und dem Bein der Lehrerin leckt. Rose verdient sich ihren Lebensunterhalt als Putzfrau und Hilfskraft bei reichen Villenbesitzern und ihr Liebesleben beschränkt sich auf sexuelle Abenteuer in Motels mit einem verheirateten Polizisten. Dieser bringt Rose eines Tages auf eine neue Geschäftsidee; die Reinigung von Tatorten nach einem Mord oder Selbstmord. Obwohl es Rose anfänglich wenig reizt, fremder Leute Blut vom Boden zu kratzen, erkennt sie bald, dass in diesem unappetitlichen Business viel Geld zu verdienen ist, und so gründet sie mit ihrer rebellischen Schwester Norah die Tatort-Reinigungsfirma „Sunshine Cleaning“.
Kulturhöhepunkt „Baby Shower“
Albuquerque in New Mexico bot bereits das Setting für „Little Miss Sunshine“, dessen Produzenten auch für „Sunshine Cleaning“ verantwortlich sind. Den amerikanischen Süden einmal nicht in einem modernen Western à la „No Country for Old Men“ zu sehen, tut gut – zu lange hat sich das amerikanische Kino nur mit der West- und der Ostküste befasst. „Sunshine Cleaning“ spielt ausserhalb der grossen Metropolen, weitab von Wallstreet, dem Glamour von Los Angeles und den Stränden von Florida, jenseits des American Dream. Das kulturelle Leben in Albuquerque spielt sich vor dem Fernseher ab, Geburtstage werden in Fastfood-Restaurants gefeiert, die grossen gesellschaftlichen Anlässe sind „Baby Showers“, an welchen man in Windeln geschmolzene Schokoriegeln an ihrem Geschmack erkennen muss.

Rose und Norah schieben ihr Glück in dieser Ereignislosigkeit vor sich her, ohne grosse Hoffnungen und Zukunftsaussichten. Ironischerweise bringt gibt ihnen gerade ihr neuer Job neue Energie und Lebensfreude. Das Motiv des erfolgreichen Kleinunternehmens, welche eine Familie wieder zusammenbringt und aufleben lässt, ist zwar alles andere als neu, doch in Zeiten, in welchen die grossen Unternehmen dieser Welt unser Vertrauen verlieren, darf das Kleinunternehmertum ruhig wieder einmal gefeiert werden. Genau dies tut „Sunshine Cleaning“, mit Humor, mit schönen, warmen Bildern einer Kleinstadtidylle und vier liebenswürdigen Figuren, welche den Film zu einer der kleinen Überraschungen dieses Kinojahres machen.
Austattung
Herzstück des auf jeden Fall sehenswerten Bonusmaterials ist ein gut 10minütiges Featurette, in welchem zwei routinierte „crime scene clean-up“ Putzfrauen über ihre Arbeit und die Umsetzung im Film sprechen. Anstatt eines selbstbeweihräuchernden ‚Making ofs‘ kommen dadurch auch bei den Specials jene Menschen zu Wort, die wirklich etwas zu erzählen haben. Ergänzt wird das Bonusmaterial durch Bilder von der Premiere in Los Angeles, von nicht verwendeten Szenen und kurzen Interviews mit Darstellern und Crew.
Seit dem 19. Oktober 2009 im Handel.
Originaltitel: Sunshine Cleaning (USA 2008)
Regie: Christine Jeffs
Darsteller: Amy Adams, Emily Blunt, Alan Arkin
Genre: Drama, Komödie
Dauer: 88 Minuten
Bildformat: 2.35:1 Widescreen
Sprachen: Englisch, Deutsch
Untertitel: Deutsch, Englisch
Bonusmaterial: Interviews mit den Darstellern, Audiokommentar von Autorin Megan Holley und Produzent Glenn Williamson, 8 nicht verwendete Szenen, Featurette, Bericht von der Premiere in Los Angeles
CH-Verleih: Praesens Film
Im Netz
Trailer