„Der Knochenmann“ von Wolfgang Murnberger
Dem passiert ja wirklich ständig was!
„Der Knochenmann“ von Wolfgang Murnberger
Einmal mehr taumelt Josef Hader als abgehalfterter Ex-Polizist Brenner mitten in einen österreichischen Kriminalfall – und irgendwie auch wieder raus. Nicht ganz heil freilich, denn „Der Knochenmann“ richtet mit der groben Kelle an. Passt scho!
Von Christof Zurschmitten.
Überhaupt wird in diesem Film schweres Küchengerät aufgefahren, vom Hackebeil zur Knochenmühle, vom Metzgermesser bis zum Fleischwolf. Durch den wurde auch die Vorlage gelassen: „Der Knochenmann“ auf der Leinwand ähnelt dem auf Papier nur so halb und halb. Absicht! Denn der andere Wolf, der Haas, Autor der Krimivorlage, schrieb wie immer mit am Drehbuch. Dem Filetiermesser hat er vor allem die Erzählstimme überantwortet, in ihrem stämmigen Quasi-Hochdeutsch grösste Attraktion der Brenner-Romane. Dass diese Geschichten aber auch ohne sie ganz ordentlich daherkommen, war die grösste Überraschung der beiden Vorgängerfilmen „Komm, süsser Tod“ und „Silentium!“. Diesmal hat der Erzähler noch weniger zu sagen, und dann redet er ausgerechnet noch von der Liebe!
Aber so weit kommt’s dann doch noch nicht. Erstmal ist der Brenner, pleite und migränengeplagt wie eh, in Wien unterwegs, wo er für seinen Freund Berti (Simon Schwarz) Leasingschulden eintreibt. Als dann ein Auto samt Zahlungen ganz ausbleibt, zieht’s den ehemaligen Vermittler unfreiwillig in die Provinz: Quasi der Spur nach, die zum „Löschenkohl“ führt – 1A-Brathendlstation mit allem, was dazu gehört: Mosernder Patron mit einem Hang zum Blutig-Groben (prächtig verkörpert von Cabaret-Schwergewicht Josef Bierbichler), Keller samt besagtem Inventar und ein paar Hygieneproblemen – und natürlich eine rustikale Schönheit hinter den Zapfhähnen (Birgit Minichmayer).
Liebe in Zeiten der Fleischzubereitung
Und dann kommt’s eben doch: der Brenner verliebt sich. Das ist neu – stand so nicht im Roman (wie so manches in diesem Film), war so auch in den Filmen noch nie da gewesen. Umso bemerkenswerter, dass „Der Knochenmann“ diese Liebe völlig souverän inszeniert, lakonisch und trocken wie alles in diesem Film, aber darum kein bisschen weniger glaubhaft. Selbst dann nicht, als die Handlung ringsum richtig Krimischwung aufnimmt, die Toten sich häufen, der Humor ins Burleske und Makabre ausschert und dabei dunkler und dunkler wird – und überhaupt ein riesiges Schlammassel angerichtet wird, zu dessen Entwirrung der Brenner, verliebt im Kopf wie er ist, sympathisch wenig beiträgt. Zur Aufklärung des Nicht-Falles kommt’s dann aber natürlich trotzdem noch, packender (und ziemlich blutiger) Showdown inklusive.

Man merkt, wie das Team Murnberger-Haas-Hader sich seiner Mittel immer sicherer wird – technisch ist „Der Knochenmann“ den anderen Brenner-Filmen deutlich voraus. Die Bilder sind atmosphärischer, das Timing besser, die Figuren gerundeter und der Witz zielt weniger auf die Einzelpointe (nur die Musik der Sofa Surfers ist gut wie eh und je). Dass die österreichische Provinz kein so dankbares Kalauer-Ziel wie die katholische Kirche in „Silentium!“ abgibt, ist da durchaus zu verschmerzen.
Tatsächlich ist das alles in seinem knochentrockenen Understatement so gelungen, das man fast versucht wäre zu sagen: der Brenner ist reifer geworden. Aber so weit kommt’s dann doch nicht – noch gilt es, drei Romane zu verfilmen. Wenn das so weiter geht, kann’s ja heiter werden.
Ausstattung
Im ‚Making of‘ und im Mitschnitt der Pressekonferenz an der Berlinale dürfen Bader, Murnberger und (ganz kurz) Wolf Haas ausgiebig über die drei bisherigen Brennerfilme, den Unterschied von Film und Vorlage sowie ihre Seelenverwandtschaft zu den Coen-Brüdern plaudern.
Seit dem 22. September 2009 im Handel.
Originaltitel: Der Kochenmann (Österreich 2009)
Regie: Wolfgang Murnberger
Darsteller: Josef Hader, Birgit Minichmayr, Josef Bierbichler, Simon Schwarz
Genre: Krimi
Dauer: 117 Minuten
Bildformat: 16:9
Sprachen: Deutsch (na ja, Österreichisch, mit Untertitel sogar verständlich)
Untertitel: Deutsch, Englisch
Bonusmaterial: Making of, Deleted Scenes, Berlinale Pressekonferenz, „Sofa Surfers: Filmmusik als Liveperformance“, Trailer
CH-Verleih: Praesens Film
Im Netz
Trailer