“Calvinismus Klein“ René Pollesch (Schauspielhaus Zürich, Pfauen)
Delegation der Gefühle
“Calvinismus Klein“ René Pollesch | Schauspielhaus Zürich, Pfauen

Anstrengende Dialoge und katholisches Brimborium aus dem Neumarkt Theater lassen den Zuschauer ratlos zurück. Sollen wir aber aus diesem Grund – wie die Hauptfiguren die Liebesgefühle – das Theaterschauen delegieren?
Von Jolanda Heller.
Carolin Conrad und Martin Wuttke machen einen schwindlig, nicht nur wegen der Drehbühne, über und durch die sie eilen, sondern vor allen Dingen durch ihren Dialog, der um das Delegieren der Gefühle dreht und das “interpassive Theater“. “Warum selber lieben?“ Etwas Entlastung wünscht sich der Hauptdarsteller und dann gar das “interpassive Theater“, das die Rührung nach aussen delegiert. Doch wenn sie – wie gefordert – anfangen, den Sinn der Bühne im Körper und nicht mehr im Text zu suchen, dann hört Theater auf, dann werden wir tatsächlich im interpassiven Theater angelangt sein. Doch geht das? Und vor allem: Machen die Zuschauer da mit? Die Schauspieler?

Wir wissen es bis zum Schluss nicht so genau, auch als die Katholiken von der Neumarkt-Bühne zum Pfauen pilgern, angeführt von Christoph Schlingensief (dort findet die Aufführung “Unsterblichkeit kann töten“ statt). Auch sie bringen keine Erlösung in dieser Frage. Zurück pilgern sie und mit ihnen sind die Hauptdarsteller Conrad und Wuttke von der Pfauen-Bühne verschwunden. Zurück bleiben die Zuschauer und eine Leinwand, auf der Minuten später die Aufführung am Neumarkt weiter geht. Schön, so interpassiv. Und an wen darf ich diese Rezension delegieren?
Besprechung der Aufführung am 8. Dezember 2009.
Dauer: ca. 1 Stunde.
Regie: René Pollesch
Besetzung: Carolin Conrad, Martin Wuttke
Bühnenbild: Janina Audick
Kostüme: Aino Laberenz
Video: Meika Dresenkamp
Lichtdesign: Frank Bittermann
Dramaturgie: Andrea Schwieter
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