„Appaloosa“ von Ed Harris

Im Westen nicht viel Neues

„Appaloosa“ von Ed Harris

Appaloosa 1

Ed Harris‘ Western ist weder revolutionär und grossartig wie „Die Ermordung von Jesse James durch den Feigling Robert Ford“, noch dekonstruierend wie der letztjährige „Todeszug nach Yuma“, sondern beschränkt sich altmodisch auf die unverwüstlichen Genrethemen rund um Ehre und Moral – ein Western, der immerhin so gut ist, dass man sich wünscht, er wäre besser.

Von Tom Messerli.

Ed Harris spielt Virgil Cole, den klassischen Revolverhelden, gemeinsam mit seinem die Schrotbüchse wedelnden Begleiter Everett Hitch (Viggo Mortensen) den Westen durchreitend, allzeit bereit, deren beiden Schiess- und Rechtsordnung für einen anständigen Zuschuss in die Kasse dem nächstbesten gebeutelten Frontier-Städtchen zur Verfügung zu stellen. Der Film schreibt das Jahr 1882, als Cole und Hitch bei den Ältesten einer Bergwerksstadt mit dem klingenden Namen Appaloosa als Friedensstifter anheuern.

Zum Gemeinwohl ist jedes Mittel recht
Dort ist es ihr Auftrag, die Mörder des letzten Ordnungshüters ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Als Hauptverdächtiger entpuppt sich bald der machthungriger Rancher Randall Bragg (Jeremy Irons), dessen gesetzlose Cowboys sich weigern, die Regeln selbst einer halbwegs zivilisierten Gesellschaft zu befolgen – pinkeln diese Wüstlinge im lokalen Saloon doch einfach auf den Boden. Cole und Hitch aber haben sich verpflichtet, ihren Auftrag erfolgreich zu beenden, und sie sichern sich bei den Stadtvätern die Vollmacht zu Handlungen  auch jenseits des Gesetzes, immer im Sinne des übergeordneten Wohls. Just als alles so schön eingefädelt ist, droht sich ein nur für die Protagonisten unerwarteter Keil zwischen die beiden zu schieben und deren schier unerschütterliche Harmonie zu entzweien.

© Studio / Produzent
© Studio / Produzent

Der Keil erscheint in der Form von Allison French (Renee Zellweger), einer erst neulich in Appaloosa angekommenen Dame im engen Korsett und mit schönen Hüten. Hitch und Cole sehnen sich beide offensichtlich nach dem anderen Geschlecht, ersterer nimmt sich aber in aller Loyalität vornehm zurück und überlässt das Hofieren seinem Vorgesetzten. Es gilt nämlich professionell zu bleiben, gesellen sich doch noch zwei weitere Neuankömmlinge zur Liste möglicher Gefahren: die Shelton-Brüder, die für den Meistbietenden ihre Schiesseisen noch schneller ziehen als selbst Cole und Hitch…

Ordentliche Zwischenverpflegung bis zum nächsten guten Western
So entwickelt sich eine Geschichte, die zwar durch und durch vorhersehbar ist, mit wirren Erzählwegen aber dennoch immer wieder zu überraschen vermag. „Appaloosa“ wäre durchaus interessanter, würde er den hier ausgelegten Sachverhalt im Sinne eines Westerns verarbeiten, anstatt zur mäandrierenden Liebesgeschichte zu verkommen. Denn als die wirkliche Handlung eigentlich schon längst vorbei ist, schlendert der Film noch für endlos lange Zeit weiter, wie ein vom Präriewind verwehter Steppenläufer. Zum verdorrten Büschel Orientierungslosigkeit verkommend, entscheidet sich der Film bis zu seinem Ende nie ganz, ob „Appaloosa“ nun Ballerfilm mit romantischer Note, oder aber Liebesgeschichte gepfeffert mit Schiessereien ist. Zwar überrascht es kaum, dass der überaus talentierte Schauspieler Harris als Regisseur seinen Kunstgenossinnen viel Raum und Zeit zur Entfaltung gibt, eine Möglichkeit, die allerdings beinahe ausnahmslos nur er selbst wirklich wahrnimmt. So bleibt am Ende ganz einfach das Fazit, dass mit „Appaloosa“ lediglich ein Film entstanden ist, der alle Western-Fans bis zum nächsten Wiederbelebungsversuch des Genres bei der Stange halten dürfte, nicht mehr und nicht weniger.

Ausstattung
Für eine Produktion mit so tiefem Budget wie „Appaloosa“ kommt die Sonderausstattung der DVD erstaunlich vielfältig daher. Da gibt es mehrere, nicht verwendete Szenen, optional mit interessantem Audiokommentar von Ed Harris (der übrigens auch im Film als Kommentator einschaltbar ist), sowie verschiedene 5 bis 10-minütige Featurettes über den Western, das Making-Of, die historische Genauigkeit von „Appaloosa“, sowie der Stadt Appaloosa selbst. Schick gemacht und durchaus sehenswert.


Seit dem 9. November 2009 im Handel.

Originaltitel: „Appaloosa“ (USA 2008)

Regie: Ed Harris
Darsteller: Ed Harris, Viggo Mortensen, Renee Zellweger, Jeremy Irons
Genre: Western
Dauer: 111 Minuten

Bildformat: 16:9

Sprachen: Deutsch, Englisch

Untertitel: Deutsch, Englisch, Deutsch für Hörgeschädigte

Audio: Dolby Digital 5.1.

Bonusmaterial: 6 nicht verwendete Szenen (optional mit Audiokommentar von Ed Harris und Robert Knott); Audiokommentar mit Regisseur und Hauptdarsteller Ed Harris und Drehbuchautor/Produzent Robert Knott; Trailer, Dean Semlers Rückkehr zum Western; Die Charaktere zum Leben erwecken; Die historische Genaukigkeit von Appaloosa; Die Stadt Appaloosa
Vertrieb: Warner


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