Sind wir noch zu retten?
Sind wir noch zu retten?
In die Zukunft zu schauen, ist heikel. Das wissen all jene, die sich mit einer Fehlprognose schon einmal der Lächerlichkeit preisgegeben haben. Die Zukunft ist unberechenbar, weil derart viele und unvorhersehbare Faktoren in den Lauf der Dinge hineinspielen.
Darum kann auch niemand genau sagen, wie sich das Klima der Erde in den nächsten Jahren bis Jahrzehnten entwickeln wird. Eins aber ist klar: Die Konzentration an Treibhausgasen in der Atmosphäre ist in den letzten Jahrzehnten markant gestiegen. Und dass dies das Klima verändert und die Atmosphäre aufwärmt, ist ebenfalls unbestritten.
Was aber die Folgen in zehn, zwanzig oder fünfzig Jahren sein werden, kann niemand exakt voraussagen. Das Problem ist jedoch: Es steht nichts weniger als die Zukunft der Menschheit auf dem Spiel. Das Leben von Milliarden und unsere Zivilisation. Bei diesem Einsatz sollten wir nicht mit zu viel Risiko spielen.
Immerhin: Das Problem und seine Ursachen haben (nach zwanzig vergeudeten Jahren) endlich die meisten Poltiker erkannt. Nur schleppend geht es jedoch voran, wenn es um konkretes Handeln geht. Auch an der Kopenhagener UNO-Weltklima-Konferenz dachte jeder Staatsvertreter zuerst an die Interessen des eigenen Landes.
Das erinnert stark an die sogenannte „Tragik der Allmende“: Das gemeinsame Gut – in diesem Fall die Ressourcen des Planeten – wird sorglos genutzt. Dass dieses Gut endlich ist, sieht man erst, wenn es übernutzt wird. Doch ist auch diese Erkenntnis noch kein Grund die Ressourcen zu schonen, denn die Kosten für die Übernutzung trägt die Allgemeinheit. Und für den einzelnen Ausbeuter sind sie geringer als der Ertrag.
Der kanadische Wirtschaftswissenschaftler H. Scott Gordon schrieb 1954 dazu in einem Bericht über Fischerei: „Niemand misst einem Besitz, der allen zur freien Verfügung steht, einen Wert bei, weil jeder, der so tollkühn ist zu warten, bis er an die Reihe kommt, schliesslich feststellt, dass ein anderer seinen Teil bereits weggenommen hat.“
Auch das sogenannte Gefangenendilemma der Spieltheorie, bei welcher das hypothetische Verhalten zweier Gefangener beobachtet wird, bietet eine ähnliche Erklärung, warum Länderverteter und Bürger zur zögerlich handeln. Jedes Land profitiert auch vom Umweltschutz der andern Staaten. Da die Regierung von A denkt, Umweltschutz bringe vor allem Kosten, will sie selber möglichst wenig investieren. Während die Nachbarn Mittel lockermachen, wäre ihr eigener Nutzen dann um so grösser.
Doch da auch die Regierungen von B und C so denken, besteht für sie ebenfalls kein Anreiz, Geld für den Umweltschutz auszugeben, im Gegenteil.
Dass es sich beim Klimawandel um ein äusserst komplexes Problem handelt, macht die Sache umso schwieriger. „Der Mensch hat grosse Schwierigkeiten, Wirkungen, die in Zeit oder Raum weit von der Ursache entfernt sind, zu begreifen, zu bedenken und zu beherrschen“, schreiben Ulrich und Johannes Frey in ihrem Buch „Fallstricke“. Der Nicht-Meteorologe sieht nicht sofort ein, wieso das Verbrennen fossiler Brennstoffe seit der Industrialisierung das Klima der Zukunft dramatisch verändert.
Diese Gefahr ist schwierig zu erkennen weil sie nicht unmittelbar ist. Und weil die Menschen die bisherigen langsamen Veränderungen des Klimas kaum fassen können und sich mittlerweile zum Beispiel an immer kleinere Gletscher oder milde Winter gewöhnt haben. Das Problem erscheint gar nicht mehr so drastisch.
Immerhin aber versuchen Wissenschaftler und sogar Politiker seit einigen Jahren, die komplexen Zusammenhänge unter die Leute zu bringen. Und die Medien haben in den letzten Wochen recht intensiv über die Konferenz in Kopenhagen berichtet. Doch kommt es auch an? Sickert das Wissen ins Bewusstsein und bewirkt es schliesslich eine Änderung des Verhaltens?
Erschwerend ist sicherlich die Tatsache, dass man eigenes Fehlverhalten zugeben müsste. Dies bereitet vielen Menschen grosse Mühe.Zudem fällt Verzicht schwer. Und der einen oder anderen lieb gewonnenen Gewohnheit müssten wir wohl entsagen. Zum Beispiel weiss jeder, dass Flugreisen dem Klima schaden. Doch warum soll ausgerechnet ich verzichten oder sparen?
Ein weiterer Grund, sich nicht mit dem Klimawandel auseinanderzusetzen: Die möglichen Folgen sind viel zu katastrophal. Die Folge: Viele Menschen verniedlichen oder verdrängen das Problem. Oder glauben sogar an unrealistische technische Lösungen und Wunder. Viele reden sich auch ein, sie würden bereits etwas Substantielles für die Umwelt tun. Zum Beispiel, wenn sie ein einmal im Leben das Licht nicht so lange brennen lassen.
War der Klimagipfel in Kopenhagen die letzte Chance? Und haben wir sie vertan? Wenn ja, werden wir dies erst erkennen, wenn es zu spät ist. Aber wenn wir trotz der Ergebnisse aus Kopenhagen zu handeln beginnen, können wir das schlimmste vielleicht gerade noch abwenden.
Link: Klimawandel wegen Gefangenendilemmas (Video)
http://www.e-politik.de/blog/08022008/Das-Gefangenendilemma-Klimawandel.html