„Der Malteser Falke“ von Dashiell Hammett
„Der Malteser Falke“ von Dashiell Hammett
Unerreicht!
Kriminalromane sind heute als literarische Gattung nicht mehr wegzudenken. Dies war jedoch nicht immer so: Dashiell Hammett begründete dieses Genre zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Mit “Der Malteser Falke” schuf Hammett eine Kriminalgeschichte, welche typisch für ihn ist: verworren, viele involvierte Personen, viele Figuren, welche wie beiläufig umgebracht werden und lange, beinahe lyrische Beschreibungen. – Ein Klassiker.
Von Andrea Schmuki.
Kaum hat die attraktive Miss Wonderly den Privatdetektiv Sam Spade und seinen Partner Miles Archer um Hilfe gebeten, um ihre Schwester Corinne vor einem Mann namens Floyd Thursby zu retten, wird Archer auch schon erschossen aufgefunden. Die Suche nach Thursby endet damit, dass auch dieser als Leiche auftaucht. Die Polizei vermutet, dass Spade Thursby aus Rache umgebracht hat. Derweil glaubt Miles Archers Frau Iva, Spade habe ihren Mann getötet, um sie – sie hatten eine Affäre – heiraten zu können. Ein Verwirrspiel mit Ehefrauen, Geliebten, mit Affären und Verhältnissen beginnt: Sam Spade beginnt nämlich neben dem Verhältnis, das er bereits mit seiner Sekretärin Effie Perrine hat, auch noch ein Verhältnis mit Miss Wonderly alias Miss Leblanc alias Brigid O’Shaughnessy, obwohl er weiss, dass sie nicht ehrlich zu ihm ist.
Der Falke
Diverse weitere Personen treten in Sam Spades Leben und schliesslich wird klar, dass sich alles um eine wertvolle mit Edelsteinen verzierte Goldskulptur dreht: den Malteser Falken. Die Skulptur aus dem 16. Jahrhundert wurde jedoch schwarz bemalt oder emailliert, um ihren wahren Wert zu verbergen. Die Suche nach dem Falken bringt weitere Tote mit sich und die Beziehungen zwischen den einzelnen Romanfiguren werden immer undurchschaubarer.
Nicht nur der lakonische, zynische und schroffe Privatdetektiv Sam Spade und die gerissene Brigid, sondern auch die meisten anderen Figuren in Dashiell Hammets Kriminalroman sind sehr farbig gestaltet, was diese Geschichte zu einem wahren Lese- bzw. Hörvergnügen macht. Dabei wird die übliche Rollenverteilung von gutem Detektiv und bösem Schurken auf den Kopf gestellt, denn in Hammets Roman gibt es nicht eine einzige Figur, welche nicht zuerst an ihren eigenen Vorteil denken würde, die nicht bestechlich wäre.
Umsetzung
Sprachlich vermag „Der Malteser Falke“ mindestens so sehr zu überzeugen wie andere Romane von Hammett. Die sehr bildhaften Beschreibungen, welche für Kriminalromane der 30er Jahre typisch sind, erscheinen dem heutigen Leser – oder Hörer – zu Beginn etwas schwerfällig, doch an diesen besonderen Stil gewöhnt man sich bei der Lesung von Wiglaf Droste innerhalb weniger Minuten. Gekonnt gibt Droste den verschiedenen männlichen wie auch weiblichen Charakteren eine Stimme, welche sie unverkennbar macht – und das trotz der enormen Anzahl von Figuren. Die Lesung ist flüssig, ringhörig und auch die teils langen beschreibenden Passagen wirken niemals zäh – was im Buch hin und wieder der Fall ist. Allerdings geht die Lesung mitunter sehr schnell vonstatten, so dass man sehr genau hinhören muss, um nichts Wichtiges von der Geschichte zu überhören. Nichts desto weniger ist es eine sehr gelungene Umsetzung dieses grossartigen Romans.
Herrlich geschrieben – herrlich gelesen: Viele Toten, viele Frauen, ein charismatischer Privatdetektiv, eine begehrte Skulptur – und keine klare Trennung von Gut und Böse, von Richtig und Falsch. Die unverkennbare Sprache Hammetts überzeugt genauso wie die Geschichte und die gekonnte Lesung Drostes.
Diogenes
8 CDs, 449 Minuten, ca. CHF 53.90