„Die Saat“ von Guillermo Del Toro und Chuck Hogan

Was böse war, soll böse bleiben

„Die Saat“ von Guillermo Del Toro und Chuck Hogan

Guillermo Del Toro macht sich auf in neue Gefilde. Der Regisseur des mit drei Oscars ausgezeichneten Meisterwerks „Pan’s Labyrinth“ versucht sich nun in der Schriftstellerei. Dass dies ziemlich düster und schauderhaft ausfallen würde, war abzusehen; und die Zusammenarbeit mit dem Horror-Schrifsteller Chuck Hogan tut dabei ihr Übriges.

Von Lisa Letnansky.

diesaatDie Vorkenntnisse aus der Filmbranche bildeten die perfekten Voraussetzungen für Guillermo Del Toro, einen massenpublikumstauglichen Roman zu schreiben. Er weiss, wie man eine Story entwickelt, Spannungsbögen aufbaut und das Publikum begeistert oder auch schockiert. Zugegeben, die Mechanismen in der Literatur funktionieren etwas anders als im Film: Charaktere müssen detaillierter ausgearbeitet, Schauplätze genau beschrieben werden und die Handlung darf durchaus verzweigter sein. Aber das ist ja nichts, was man sich in Seminaren oder Literaturstudien aneignen muss; viel einfacher ist es, wenn man sich einen Autor des gewünschten Genres mit ins Boot holt. In Chuck Hogan, einem bis anhin nicht allzu bekannten Autor des Horror-Genres, meinte Del Toro die perfekte Ergänzung für sein Schriftsteller-Team gefunden zu haben.

Vom Terroranschlag zur Pandemie
Zu Beginn ist „Die Saat“ auch ausgesprochen vielversprechend. Auf dem John-F.-Kennedy-Flughafen in New York ist ein mysteriöses Flugzeug gelandet. Der Funkkontakt zum Tower ist im Moment der Landung abgebrochen, die Lichter sind alle ausgegangen und kein Lebenszeichen ist mehr aus dem Innern der Maschine zu vernehmen. Die erste Vermutung der Sicherheitskräfte ist natürlich ein Terroranschlag; schnell kommen jedoch Zweifel daran auf, da es weder Forderungen noch sonst irgendwelche Kontaktaufnahmen gibt. Der nächste logische Schritt ist, dass Ephraim Goodweather und Nora Martinez aus dem Seuchenschutz dazu geholt werden, denn bald steht fest, dass die Passagiere und das Flugzeugpersonal allesamt tot in ihren Sitzen kauern, ohne äusserliche Anzeichen für eine Todesursache. Hat ein bisher unbekannter Virus die Menschheit überfallen?

Die Ängste der heutigen Generation
Aus diesem Einstieg liesse sich durchaus eine spannende Geschichte entwickeln. Die Angst vor Terroranschlägen oder weltweiten Seuchen wie dem Schweinegrippe-Virus ist die Angst der heutigen Generation. Man könnte so den Nerv der Zeit treffen. Dafür scheint Del Toro und Hogan jedoch der Mut zu fehlen. Sie retten sich viel lieber in bekannte Motive, die bereits früher ihren Zweck erfüllt haben. Die Bedrohung kommt nämlich weder von der al-Qaida noch von einem tödlichen Virus, sondern von einem anderen schnöden V-Wort: dem Vampir. Ein solcher hat sich in den Frachtraum des Flugzeugs eingeschlichen und innert Sekundenschnelle sämtliches menschliches Leben darin ausgelöscht. Die Passagiere sind aber natürlich gar nicht richtig tot, sie wurden verwandelt und versetzen nun ganz New York in Angst und Schrecken.

To be continued
Was man dem Roman zugute halten muss, ist, dass er durchaus spannend und kurzweilig geschrieben ist. Das Personal wird mit vielen ungewöhnlichen und teils skurrilen Nebenfiguren aufgebessert und die Geschichte kommt nie ins Stocken. Dennoch bleibt alles ziemlich oberflächlich, die Vorgeschichte der Vampirgattung ist die altbekannte und das Buch endet mit dem feierlichen Ausruf „To be continued“, womit Del Toro und Hogan auf die zwei Romane verweisen, die demnächst folgen und die Trilogie komplett machen sollen. Für Fans des Genres ist „Die Saat“ sicherlich kein Fehlgriff, aber auch nicht die Überraschung des Jahres.

Es gibt aber doch noch einen Aspekt, der Guillermo del Toro und Chuck Hogan schon fast wieder zu einem Lob verhelfen könnte. In Zeiten von „Buffy – Im Bann der Dämonen“ und dem unbegreiflichen Erfolg der Twilight-Romane und -Filme ist es doch wieder einmal erfrischend, einem durch und durch bösen Vampir zu begegnen. Schliesslich handelt es sich dabei um einen uralten Mythos, der die Menschen schon seit Jahrhunderten zum Fürchten bringt. Und was böse war, soll doch bitte böse bleiben.


Heyne
524 Seiten, ca. CHF 36.90

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