Wie man einen Film macht, der den Oscar gewinnt

Wie man einen Film macht, der den Oscar gewinnt

Das Kochrezept zum Erfolg von Alexander Sigrist

oscar

Sie denken jedes Mal, wenn Sie die Oscarverleihung sehen, Sie könnten das auch? Also, einen Film drehen, der ganz sicher eine goldene Statue abstaubt? Und Sie können sicherlich auch eine bewegende Rede halten und dabei ordentlich die Tränchen rausdrücken? Das alles können Sie, aber Sie wissen nicht genau wie? Dann ist dies der Moment ihres Lebens – denn in diesem Artikel wird Ihnen gesagt, was es für einen Oscar-gewinnenden Film braucht.

Von Alexander Sigrist


Phase A: Die Story

Die Story ist an sich nicht so wichtig – es reicht auch völlig, ein paar rudimentäre Szenen auf einer Serviette zu notieren. Der Hintergrund ist viel wichtiger. Am Besten man wählt ein an sich kritisches Szenario. Krieg macht sich immer gut; wenn es gerade einen realen gibt – umso besser. Dabei muss aber ganz vorsichtig vorgegangen werden: keinesfalls direkt kritisch sein! Keine politischen Machenschaften kritisieren! Viel besser, man nutzt den realen Hintergrund für eine allgemeine, humanitäre Wischi-Waschi-Botschaft. „Krieg ist schlecht!“, zum Beispiel, ist ein Dauerbrenner!


Phase B: Das Drehbuch

Es wird schwieriger: nun muss man die rudimentären Szenen und die Botschaft in einen Zusammenhang bringen. Am Besten man lässt die Szenen einzeln stehen und tut später so, als hätte man einen unterkühlten, distanzierten Erzählstil anstreben wollen. Die Dialoge sollten möglichst nichtssagend sein – so zeigt man dem Zuschauer, dass die Charaktere eigentlich gar nichts zum Reden haben und das Maul halten würden, wenn sie nicht für den Film reden müssten. Ganz mutige Naturen können auch eine Adaption schreiben, die haben aber meist nur wenige Chancen auf einen Sieg.

Achtung: NO GO! Ausufernde Liebeleien sind out! Die Tage von Filmen wie „Vom Winde verweht“ sind definitiv vorbei! Viel lieber eine im Scheitern begriffene Ehe zeigen. 80% der Akademie-Mitglieder sind geschieden, da finden die das realistischer.


Phase C: Die Crew / Die Schauspieler

Hier sollte besonderes Augenmerk dem/der RegisseurIn gelten. Sollten Sie jemand Bekanntes (z.B. die Ex-Frau des Regisseurs des erfolgreichsten Films aller Zeiten) gerade zur Hand haben: super! Das wäre ein Über-Bingo!

Vielleicht möchten Sie den Oscar für den besten Film mit einem Oscar für den besten Schauspieler kombinieren? Muss nicht unbedingt sein, macht sich aber gut im Lebenslauf. Generell gilt: je älter und je näher am Tod der Schauspieler, desto grösser die Chance zu gewinnen. Manchmal hat die Akademie auch Mitleid mit Leuten, die ihr Leben lang in schlechten Komödien gespielt haben – wenn Sie ein Drama drehen, unbedingt auf so jemanden zurückgreifen!


Phase D: Ausführung

Es wird noch schwieriger, denn es ist sehr wichtig für das Gelingen, bei der Ausführung das richtige Mass zu finden. Auf keinen Fall zu viel Geld ausgeben – das erinnert die Akademie zu schnell an die allgemein ignorierte Hegemonie des Kapitalismus in Hollywood und könnte sensible Naturen abschrecken. Dasselbe gilt für Spezialeffekte: die sollten nur gemässigt eingesetzt werden – Aliens, egal ob nun krabbenartige oder blaue, sind auf alle Fälle ein ganz schlimmer Fauxpas. Wie gesagt, viel lieber auf Realismus setzen und diesen dann und wann mit ein wenig Hyperrealismus (z.B. überlangen Zeitlupen etc.) optisch interessant machen.


Phase E: Vermarktung

Auch hier gilt: das richtige Mass ist entscheidend! Wer zu erfolgreich ist, der vertut seine Chancen auf einen Gewinn! Denn wenn ein Film zu erfolgreich ist, dann würde eine Auszeichnung für diesen Film gar die pseudo-elitäre Grundhaltung der Akademie untergraben, und das wollen wir ja nicht, oder? Nein, die Akademie ist unser Freund. Viel lieber an der Kinokasse floppen, damit hat man schon die halbe Miete.

Wer noch ganz wild sein möchte, schreibt der Akademie kurz vor der Verleihung eine Email und denunziert die Konkurrenten. Das hat die Akademie besonders gern, zeigt es doch, wie sehr man vom eigenen Film überzeugt ist!


Phase F: Die Dankesrede

Sie haben es geschafft! Nicht vergessen: möglichst viele Namen nennen, auch wenn kein Schwein weiss, wen sie da eigentlich meinen. Und mindestens dreizehn Mal die Akademie erwähnen. Sie können ihr niemals genug danken!

Weinen ist out, Sie sollten eher mit tränenerstickter Stimme reden, das kommt besser an, ausser Sie gehören zu einer Randgruppe – dann sollten Sie heulen, was das Zeug hält!


Sie haben nun alles zusammen, was sie für einen Sieg brauchen. Worauf waren Sie also noch? Raus mit Ihnen, mit einer Kamera, und filmen, filmen, filmen Sie! Wir sehen uns an den nächsten Oscars!

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