„Am Tisch“ von Susanne Kippenberger

Fades Schmankerl

«Am Tisch» von Susanne Kippenberger

Wir tun es täglich, mehrmals oder immerzu: Essen und Trinken. Was für viele nicht mehr als eine Pflicht ist, ehrt Autorin Susanne Kippenberger auf 254 Seiten – und ihre Schöpfer, die Pioniere der Küche, gleich mit. Der Klappentext verspricht ein „kluges und sinnliches Buch, das uns die Tafel als einen Ort vorstellt, an dem wir das Leben feiern“, doch herausgekommen ist ein Buch, das wohl nur leidenschaftliche Kulinariker begeistern kann.

Von Fee Anabelle Riebeling.

amtischVon der mediterranen Tafel und dem ansprechenden Titel „Am Tisch. Die kulinarische Bohème oder Die Entdeckung der Lebenslust“ zum Kauf veranlasst, läuft einem schon vor dem Aufschlagen das Wasser im Mund zusammen. Man sollte jedoch sparsam damit umgehen, denn beim Lesen bleibt einem schnell die Spucke weg. Für den Ottonormalesser sind viele Passagen zu unaufgeregt, unfokussiert – kurz: zu trocken – um begeistern zu können.

Vorspeise

Schade, denn Idee und Konzept des Buches sind eigentlich gut. Susanne Kippenberger, bezeichnenderweise in der Ruhrgebietsstadt Essen aufgewachsen, baut auf ihr Wissen, das sie als Redakteurin der Sonntagsbeilage des Berliner Tagesspiegel im Ressort „Essen und Trinken“ gesammelt hat: Sie will nicht nur das Kochen und die Speisen ihren Lesern näher bringen, sondern auch Geselligkeit und Genuss. Dafür beschreibt sie den Werdegang von 21 exemplarisch ausgewählten Persönlichkeiten und ihren Beitrag für die Entwicklung der Küche.

Hauptgang

Gemeinsam haben die für den Küchenlaien willkürlich zusammen gewürfelt erscheinenden „Pioniere“, dass es sich bei ihnen um „Quereinsteiger, geniale Dilettanten und schillernde Figuren“ handelt, die erst in einer zweiten Karriere ihre Leidenschaft für die Zubereitung feiner Speisen in vollen Zügen ausgekostet, publik gemacht und somit auch zu der immer individueller werdenden Weltküche beigetragen haben. So brachte die Amerikanerin Julia Child ihren Landsleuten die Französische Küche nahe, während die Wieners ihren Gästen in Berlin österreichische Leckerbissen servierten.

Dessert

Kippenberger beschreibt zwar die grossen Zusammenhänge, aalt sich jedoch auch genüsslich in den kleinen Details und lässt es sich nicht nehmen, am Ende noch eine Praxisanleitung für die bisher theoretisch beschriebenen Leibgerichte anzuhängen. Auf zwanzig Seiten trifft der Milchtoast von M.F.K. Fisher auf Childs Boeuf Bourguignon, teilen sich Alice Waters Crêpes mit Orangenzeste eine Seite mit der Aepffel-Tarte von Walter Putz. Abgerundet wird der Rezeptteil mit einer Kreation aus dem Hause Kippenberger: Die Rote-Inge-Suppe. Trotz mysteriöser Namen eignen sich die Zubereitungsratschläge auch für Ungeübte.

Nachgeschmack

Um „Am Tisch“ in einem Rutsch durchlesen zu können, reicht es nicht aus, selber gerne die Kochlöffel zu schwingen. Die Kapitel sind lang und kompakt und führen beim Laien aufgrund dieser Schwere bald zu Ermüdungserscheinungen. Trotz detaillierter Angaben zu Leben und Laben der 21 Küchenpioniere verblasst die Erinnerung an die gelesenen Kapitel schnell.

Es braucht schon ein besonderes kulinarisches Interesse, die 254 Seiten hintereinander weg zu lesen. Wenn man das mitbringt, ist „Am Tisch“ ein Genuss.

Berlin Verlag
254 Seiten, ca. CHF 37.90

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