Ruedi Häusermann „Der Hodler“ | Schauspielhaus Zürich, Schiffbau/Box

Ein Bückling vor dem Künstler

Ruedi Häusermann “Der Hodler“ | Schauspielhaus Zürich, Schiffbau Box

BIld | Copyright: Matthias Horn
BIld | Copyright: Matthias Horn

Wäre es heute nicht beinahe ein Schimpfwort: “Bildungstheater“, so müsste man diese Inszenierung so nennen. Und doch es ist viel mehr. Das Leben und Werk des berühmten Schweizer Malers Ferdinand Hodler in Zahlen und Fakten, eingerahmt in bildende und darstellende Kunst sowie Musik in gelungener Form, präsentiert uns der Komponist Ruedi Häusermann dieses Kleinod.

Was am Ende so gross ist, entstammt etwas so kleinem. Die Skizze Hodlers einer Alpenkette wird in der zwei Stunden dauernden Inszenierung auf Leinwand-Puzzleteile  gezeichnet, die zum Ende der Inszenierung in das am Boden liegende Metallgerüst eingepasst werden. Der Ausstellungsraum ist damit fertig und die Zuschauerinnen und Zuschauer verlassen die Vorstellung über die Bühne, die Ausstellungsraum ist, mit Portrait-Fotokopien behangen, da die “echte“ Ausstellung erst am nächsten Tag beginnt. Und was man am Ende meinte, in voller Grösse vor sich zu sehen, ist in Wahrheit und im Original so klein: die Skizze der Alpen, vor der man sich bücken muss, sozusagen als Referenz vor dem Künstler Hodler, weil der Ausgang perspektivisch angelegt wurde.

Bild | Copyright: Matthias Horn
Bild | Copyright: Matthias Horn

Ausstellungsvorbereitung
Um die Vorbereitung einer Hodler-Ausstellung geht es in dieser Inszenierung auch. Bis es jedoch so weit ist, gibt es viel zu tun. Bilder auswählen, Bilder zeichnen, sich mit dem Versicherungsagenten am Telefon um den Eröffnungszeitpunkt unterhalten (und das ist  eben erst der Tag nach der Aufführung). Dazwischen wird gesprochen, gesungen und musiziert, Volkslieder und die Hodler-Quartette von Ruedi Häusermann.

Gesprochen wird dabei vor allem zum Publikum. Briefe von Hodler an seine Frau Valentine, Texte aus dem Tagebuch und Texte aus den Arbeitsbüchern und biographischen Texten über Ferdinand Hodler werden vorgetragen. Wir erhalten ein Bild des Künstlers, der in armen Verhältnissen aufgewachsen ist und sich mit enormem Zeit- und Kraftaufwand der Malerei gewidmet hat. So arbeitete er sich dem Höhepunkt seiner Karriere zu, die eine Ausstellung 1904 krönte – bei den Secessionisten in Wien.

Bild | Copyright: Matthias Horn
Bild | Copyright: Matthias Horn

Ausstellungs(vor)eröffnung
Diese Inszenierung ist ein Zusammenfügen von Einzelteilen, wie sich auch das “Ausstellung machen“ gibt. Aus lauter Details wird am Ende eine ganze Ausstellung, vor der man beeindruckt steht. So ist es auch an diesem Abend. Der Bückling vor dem einzig echten Hodler an diesem Abend, der so zerbrechlich klein daherkommt, ist eine Verbeugung für alle Künstler an diesem Abend.


Regie: Ruedi Häusermann
Bühnenbild: Bettina Meyer
Kostüme: Barbara Maier
Lichtdesign: Rainer Küng
Dramaturgie: Katja Hagedorn

Besetzung
Jan Bluthardt
Klara Manzel
Nicolas Rosat
Hansrudolf Twerenbold

Musiker
Sara Hubrich (Violine)
Benedikt Bindewald (Viola)
Josa Gerhard (Viola)
Christoph Hampe (Cello)

Uraufführung am 10.4.2010 im Schiffbau/Box. Besprochen wurde die Aufführung am 14. April 2010.

Im Netz
www.schauspielhaus.ch

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