„Bitch Slap“ von Rick Jacobson

„Open wide, Psycho Slut!“

„Bitch Slap“ von Rick Jacobson

bitch slap 1

Drei Frauen mit Silikonbrüsten, die Männer abmurksen, einander mit Wasser bespritzen, sich gegenseitig oral befriedigen und sich zwischendurch die Fresse polieren. Klingt eigentlich nach dem idealen Film um herauszufinden, ob man als Softie sterben oder das Genick von zwei eisernen weiblichen Schenkeln gebrochen bekommen möchte. Ganz alle Trash-Erwartungen erfüllt der Streifen leider nicht, auch wenn er göttlich schlecht ist.

Von Lukas Hunziker.

Ein Wohnwagen in einer Wüstenlandschaft ist der einzige Schauplatz von „Bitch Slap“, sieht man einmal ab von den Greenscreen-Hintergründen, vor denen sich die zahlreichen Flashbacks abspielen. Hier suchen Hel, Cameron und Trixie die versteckte Beute eines Gangsters names Gage, der sich im Kofferraum des Autos befindet, mit welchem die drei angereist sind. Die drei Mädels kennen sich noch nicht lange; Hel teilte mit Cameron noch vor Kurzem eine Gefängniszelle, aus welchem sie diese befreit hat, und Trixie, eine stadtbekannte Stripperin, ist als Lockvogel für Gage dazugestossen. Als Gage den dreien schliesslich verrät, wo sie nach seiner Beute zu graben haben – um ihn zum Plaudern zum bringen, mussten die drei ihm natürlich erstmal eine Kugel durch die Eier jagen – schiessen sie dem Armen das Gesicht weg und beginnen zu graben.

„Ram this in your clambake, bitchcakes“

Na ja, graben ist vielleicht ein bisschen viel gesagt. Einen wirklichen Spatenstich sieht man keine der drei tun. Statt dessen stochern sie unmotiviert auf dem Boden rum, üben an ihren Schaufeln Poledance und erfrischen sich schliesslich, indem sie sich gegenseitig mit Wasser übergiessen, damit ihre ohnehin spärliche Bekleidung noch lasziver an ihren Brüsten klebt. Die Gespräche beim Nicht-Graben drehen sich unter anderem darum, welches ihre verrücktesten Sexerlebnisse waren. Als sie die Schaufeln dann doch wieder zur Hand nehmen und ansetzen, merken sie, dass nur wenige Zentimeter unter dem Sand eine Leiche in einem Plastiksack liegt. „Die ist höchstens ein paar Wochen alt“, schlussfolgert Hel (das helle Köpfchen der Gruppe). Warum das Handy, welches Sekunden darauf im Jacket des Toten zu klingeln beginnt, noch genug Akkuladung hat, fragt sich aber auch sie nicht.

bitch slap 2

Die sensible Trixie, die der Leichenfund etwas weinerlich gemacht hat, muss jetzt erst einmal getröstet werden.  Hel schickt darum Cameron los, sich umzuschauen, zieht Trixie in den Trailer und gesteht ihr, dass sie ungewöhnlich starke Gefühle für sie hat. Trixie empfindet, Gott sei Dank, ähnlich, und so besorgen es sich die beiden erstmal gehörig. Cameron ist jedoch gar nicht erfreut, als sie von ihrer Erkundungstour zurückkehrt und sieht, wie Trixie ihre Zunge zentimentertief in Hels „Schmuckkästchen“ tunkt. Denn auch Camerons Herz ist für Hel entflammt und kann daher die barbiehafte Trixie nun noch weniger ausstehen. Zum Glück erinnern sich die drei, dass sie eigentlich gar nicht hierher gefahren sind, um sich gegenseitig zu lecken, sondern um einen Schatz zu finden. Doch bevor sie wieder zu graben beginnen können, bekommen sie Besuch von zwei ziemlich verrückten Bekannten von Cameron…

„The women’s movement will hoist my skirt for all eternity“

In diversen Rückblenden entsteht schliesslich doch noch so etwas wie eine Geschichte, bei der man aber nie wirklich ganz durchblickt. „Bitch Slap“ erinnert in seinen besten Momenten an die schlechtesten Szenen von Tarantionos „Death Proof“, an den er aber in keiner Sekunde wirklich herankommt. Auch „Kill Bill“ scheint ein Vorbild gewesen zu sein, zumindest legen dies die viel zu offensichtlich daraus geklauten Szenen mit Samuraischwertern und Killerjojos nahe. „Bitch Slap“ versteht sich als postmoderne Rückkehr zu den Exploitation- und Grindhouse-Filmen der 50er bis 70er Jahre, allerdings in einem postfeministschen Zeitalter. Während Cameron im Knast ihren Bizeps trainiert, liest Hel denn auch ein Buch mit dem parodistischen Titel „Slutty Bitches in Post Feminist America“, und Cameron schreit nach der längsten Prügelszene des Film im Siegesrausch: „The women’s movement will hoist my skirt for all eternity.“ Alle, die bis dahin nicht wussten, was Postfeminismus ist, sind nun klüger: knappst bekleidete Kalender-Girls prügeln sich gegenseitig windelweich (und beissen im Notfall ihrer Konkurentin sogar in den Schritt).

Bitch Slap 3

Ob hinter solchen Phrasen und netten Anspielungen wirklich etwas steckt, das man mit gutem Gewissen als Idee bezeichnen kann, will man aber eigentlich gar nicht wissen – jede Idee hinter der bizarren Story würde den Film noch schlechter machen, falls dies überhaupt denkbar ist. Die Handlung zumindest könnte kaum abstruser gemacht werden. Je länger der Film dauert, desto mehr sieht man den finalen Story-Twist kommen, freilich wider Willen, da kaum eine Wendung vorstellbar ist, die noch übler an den Haaren herbeigezogen wäre. Es versteht sich von selbst, dass der Film schliesslich doch genau mit diesem Twist endet und sich damit selbst das letzte Quäntchen Logik raubt.

In anderen Aspekten hingegen wünschte man sich, der Trash-Faktor wäre ein bisschen höher. Denn während die Story wie erhofft unbeschreiblich hirnlos ist, hält sich „Bitch Slap“ in Sachen Gewalt und Sex durchaus zurück. Die Los Angeles Times beschrieb den Film treffend als „surprisingly puritanical (much teasing, no pleasing)“, denn mehr als tiefe Ausschnitte kriegt man nicht zu sehen. Stattdessen haben die drei Hauptdarstellerinnen aber immerhin je um die zwanzig Wörter für Vagina und Brüste auf Lager, mit denen sie noch mehr um sich schiessen als mit der übergrossen Knarre, die sie finden (laut Hel eine absolute Killerwaffe, mit der man jedoch minutenlang auf Leute ballern kann und diese trotzdem nur leicht verletzt). Wer also hofft, dass die sechs Babies im Laufe des Films Frischluft schnappen dürfen, wird enttäuscht.

© Studio / Produzent
© Studio / Produzent

Unter dem Strich ist „Bitch Slap“ somit zu brav, als dass man sich nach den gut eineinhalb Stunden so richtig schön für seinen schlechten Geschmack schämen darf. Wer sich zwischendurch für  niveaulose Unterhaltung nicht zu schade ist (und das sollte sich kein Kinofan sein!), der wird „Bitch Slap“ unter Umständen sogar recht kurzweilig finden. Und wer das Glück hat, am Abend zuvor „Clash of the Titans“ gesehen zu haben, wird feststellen, dass es eh nicht die Story ist, die darüber entscheidet, ob ein Film Blockbuster oder Trash ist …


Seit dem 22. April 2010 im Handel.

Originaltitel: Chéri (USA 2009)
Regie: Rick Jacobson
Darsteller: Julia Voth, Erin Cummings, America Olivio, Michael Hurst
Genre: Action B-Movie
Dauer: 102 Minuten
Bildformat: 16:9
Sprachen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Niederländisch
Audio: Dolby Digital 5.1
Bonusmaterial: Trailer
Vertrieb: Impuls

Im Netz
Trailer
Offizielle Seite
Maxim Interview

Lukas Hunziker

Lukas Hunziker ist Gymnasiallehrer für Deutsch und Englisch. In seinem Garten stehen drei Bäume, in seinem Treppenhaus ein Katzenbaum. Er schreibt seit 2007 für nahaufnahmen.ch.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert