NIFFF 2010 – Preise

Irgendwie schon richtig, aber…

NIFFF 2010 – Preise

nifff ambiance

Was in Cannes die Palme d’Or, an der Berlinale der Goldene Bär und in Locarno der Goldene Leopard ist, ist am NIFFF der „Narcisse“, der Jurypreis für den besten Film im internationalen Wettbewerb. Dieser ist jedoch nicht der einzige Preis, welcher vergeben wurde – auch für die Filme im asiatischen Wettbewerb, den besten europäischen Film, den besten Schweizer und den besten europäischen Kurzfilm, und Filme in weiteren Kategorien gab es Preise. Eine kommentierte Liste.

Von Lukas Hunziker und Christof Zurschmitten.

Eine gute Nachricht vorweg: Während eine andere Trutzburg des Asiatischen und Weirden, das Asia Filmfest in München, gerade einen Hiatus auf unbestimmte Zeit angemeldet hat, geht es dem NIFFF bestens. Auch dank neuer Lokalitäten gab es einmal mehr einen neuen Zuschauerrekord: dieses Jahr waren es immerhin 25’000 Zuschauer, die während 8 Tagen insgesamt 130 Filme gesehen hatten, als die zehnte Ausgabe des NIFFF am Sonntag 11. Juli mit der Preisverleihung im Théatre du Passage endete. Freuen durften sich vor allem die europäischen Filme.

Narcisse: „Enter the Void“ von Gaspar Noé

Gaspar Noés visuell unvergleichliches Drama um den Tod eines jungen Mannes in Tokyo war tatsächlich einer der eindrücklichsten Beiträge des diesjähjrigen NIFFFs. Die über zweieinhalb Stunden dauernde Odyssee durch die Clubs und Gassen der japanischen Metropole, aber auch durch das kurze Leben des Protagonisten ist visuell einmalig; die Kamera schaut meistens von oben herab auf das Geschehen, zeigt die Welt aus der Sicht des toten Oscar. Genauso wie der Film jedoch optisch ein Genuss ist, ist die Story teilweise eine Qual, da sie Tiefsinn vorgaukelt und dabei öde und reichlich unoriginell ist. Auch die Kameraführung, so ungewohnt sie anfangs sein mag, folgt je länger je mehr einem zunehmend absehbaren Muster – statt die Ereignisse in einem Raum zu beobachten, ertappt man sich gegen Ende immer öfters, wie man versucht zu erraten, wo die Kamera am Ende der Szene den Raum verlassen wird. Ein streitbarer Preisträger – zu dem es hier eine ausführlichere Kritik gibt.

Gewinner des Narcisse - "Enter the Void"
Gewinner des Narcisse - "Enter the Void"

Prix Mad / Erwähnung der Jury: „Dream Home“ von Ho-Cheung

Speziell erwähnt von der Jury und Träger des Preises für den „maddest“ Film war „Dream Home“, der Hong-Kong-Slasher, in welchem die junge Chen die Mietpreise in ihrem Traumhaus unter dem Einsatz drastischer Mittel senkt. Was genau die Jury daran „mad“ fand, bleibt offen: Die krassen Slasher-Exzesse an und für sich? Oder doch eher die gewagte Entscheidung, sie mit  einem (erstaunlich sensibel und unironisch inszenierten) Melodram samt Sozialkritik zu koppeln? Auch wenn die Verbindung der beiden Ebenen letztlich oberflächlich bleibt, kann man dem Film eine sehr souveräne Umsetzung nicht abstreiten – was ihn letztlich unterscheidet von im Kern weit verrückteren Filmen wie „Mutant Girl Squad“, Tsukamotos völlig missratener „Tetsuo“-Fortsetzung oder dem verblüffenden „Murderer„.
Eine ausführlichere Beschreibung und Besprechung von „Dream Home“ findet sich hier.

Preis der Jugendjury Denis-de-Rougemont: „Strayed“ von Akan Satayev

Dieser Preis ging an „Strayed“, über den wir viel Schlechtes geschrieben haben, weshalb wir diese Preisvergabe nicht wirklich verstehen. Der Thriller aus Kasachstan hatte zwar durchaus seine Qualitäten, enttäuschte mit seinem unmöglichen und die-ganze-schöne-Spannung-zerstörenden Ende aber unter dem Strich masslos.

Prix Titra Film: „Valhalla Rising“ von Nicolas Winding Refn

Der Prix Titra Film, der vom Publikum vergeben wurde und aus einem Gutschein im Wert von 4000.- für die Untertitelung des Films bestand, ging an „Valhalla Rising“. Ob der Film, dem bestimmt genug Budget für Untertitel zur Verfügung steht, ein sinnvoller Preisträger ist, darf man zurecht anzweifeln. Schade, dass ein solcher Preis nicht an einen Film geht, der die Unterstützung beim Vertrieb in Deutschland und der Schweiz nötiger gehabt hätte. Die Qualität des Films aber wussten auch wir zu schätzen.

Preis für den besten europäischen Spielfilm: „Strigoi“ von Faye Jackson

Der Silberne Méliès der Schweizer Méliè Jury ging an die mit viel Balkancharme behaftete Vampirkomödie „Strigoi“ von Faye Jackson. Obwohl auch „Djinns“ diesen Preis verdient hätte, darf man mit „Strigoi“ als Gewinner zufrieden sein. Zumal dieser kleine Film es verdient, von einem grössen Publikum gesehen zu werden, und daher jegliche Publicity gut brauchen kann. Der Film kandidiert somit für den Goldenen Méliès, der im Otober 2010 an der 43. Ausgabe des Festival Internacional de Cinema Fantàstic de Catalunya in Sitgès verliehen wird.

Publikumspreis der TSR: „Black Death“ von Christopher Smith

Dieser Preis fördert den Vertrieb des Films in der Westschweiz mit 5000 Franken. „Black Death“ ist hier wohl ein realistischer Gewinner, da er Publikumsmagnet genug ist, um auch bei uns Leute ins Kino zu locken. Wir konnten am zwar stimmigen, aber von der Story her banalen und ziemlich unfantastischen Mittelalterthriller nur bedingt Gefallen finden und hätten eine kleinere, aber orginellere Produktion wie „Strigoi“ oder „Transfer“ als Gewinner bevorzugt.

Preis für den besten asiatischen Film: „Wig“

Dieser Gewinner tat uns ganz besonders weh – nicht, weil der Film schlecht wäre, sondern weil er uns zwingt zuzugeben, dass wir ihn nicht gesehen haben…

"Ich bin's Helmut" - Kurzfilm von Nicolas Steiner
"Ich bin's Helmut" - Kurzfilm von Nicolas Steiner

Die Kurzfilmpreise…

… werden wir hier nicht alle auflisten. Toll ist, dass der Prix Taurus Studio für Innovation an Nicolas Steiners herrlich schrägen und genial inszenierten Kurzfilm „Ich bin’s, Helmut“ ging.

Lukas Hunziker

Lukas Hunziker ist Gymnasiallehrer für Deutsch und Englisch. In seinem Garten stehen drei Bäume, in seinem Treppenhaus ein Katzenbaum. Er schreibt seit 2007 für nahaufnahmen.ch.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert