Tom Liehr: „Pauschaltourist“

Last Minute zum Ballermann

Tom Liehr: „Pauschaltourist“

In unserer Welt gibt es viele noch ungeklärte Phänomene, mit denen sich normalerweise ehrgeizige Wissenschaftler befassen. In diesem Buch machen sich zwei Journalisten auf, eine seltene Spezies näher zu untersuchen: den Pauschaltouristen.

Von Stefanie Feineis.

pauschaltouristNikolas Sender hat einen ruhigen Job in der Redaktion eines mittlelmässig bekannten Magazins. Als Verantwortlicher für Kreuzworträtsel und Preisausschreiben ist sein Aufgabenbereich sehr überschaubar, bis er eines Tages in der Redaktionssitzung einen nicht ganz ernst gemeinten Vorschlag zur Verbesserung der Rubrik „Reisen“ macht: Um die breite Masse der potentiellen Leser besser anzusprechen, sollte der Focus weg von den Luxusurlaubszielen wie Monaco und Dubai und hin zu den Domänen des Pauschaltourisums verschoben werden.

Gesagt, getan

Überraschenderweise ist der Herausgeber sofort begeistert von Nikolas‘ Idee, und noch bevor dieser recht weiss, wie ihm geschieht, wird er auch schon zum Reisereporter befördert, und soll an der Seite der ungeliebten, alkoholabhängigen Kollegin Nina Blume undercover in den folgenden Wochen fünf typische Reiseziele des deutschen Durchschnittsbürgers abklappern: Gran Canaria, Marokko, Mallorca, Portugal und Ägypten. Natürlich last minute und all inclusive.

Tour des Grauens

Auf den Reisen warten verschiedene vorhersehbare und unvorhersehbare Katastrophen auf das Journalistenpaar: Neben den Klassikern wie schlechtem Essen, handtuchreservierten Liegen und Baustellenlärm müssen sich Nina und Nikolas mit seltsamen Einheimischen und noch seltsameren Landsleuten herumschlagen sowie fatale Urlaubsflirts, brutale Schlägereien und sinnlose Besäufnisse überstehen. Als wäre dies noch nicht schlimm genug, wird Nikolas zwischen den einzelnen Urlaubsepisoden von seiner Freundin verlassen und von seinem besten Freund mit der Nachricht eines baldigen Wegzugs konfrontiert. Die Situation eskaliert, als Nikolas herausfindet, dass seine Ex von ihm schwanger ist und der neue Mann in ihrem Leben nicht gerade ein Unbekannter. Da spielt die Tatsache, dass die unattraktive Nina im Geheimen eine Affäre mit dem Magazinherausgeber hat, schon fast keine Rolle mehr…

All inclusive?

Am Anfang liest sich Liehrs Roman leicht und flüssig, man amüsiert sich über die teils überzeichneten, teils liebenswert gestalteten Figuren, die die Touristenmetropolen bevölkern. Doch mit fortschreitender Lektüre wird das Lesevergnügen leicht getrübt. Anscheinend war der Autor so besorgt, sich inhaltlich zu wiederholen, dass die Reiseberichte mit jedem Kapitel kürzer und kürzer werden. Füllten die Erlebnisse auf Gran Canaria noch 73 Seiten, umfasst Ägypten, inklusive des Schlusses der Gesamthandlung, gerade mal 40. An sich wäre Kürze ja keine schlechte Sache, hätte man als Leser nicht das Gefühl, dies geschehe ungeplant und unfreiwillig, weil dem Autor schlicht die Ideen ausgingen. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass der zusätzlich geplante Aufenthalt in der Türkei kurzfristig vom Chefredakteur abgesagt wird und der spannend aufgebaute Show-down zwischen Nikolas, seiner Ex und deren neuem Freund in einem Satz abgehandelt wird. Am unbefriedigendsten ist jedoch der Schluss: Nikolas hat es in kürzester Zeit vom kleinen Journalisten zum gefragten und überbezahlten Reiseberichterstatter gebracht, der nun in aller Ruhe seinen ersten Roman plant. Titel: Pauschaltourist. Der Autor und seine Figur werden eins; jedoch in einer Art und Weise, die weder logisch noch unterhaltsam ist.

Anfangs eine ideale und amüsante Urlaubslektüre, jedoch gegen Ende eher ein Pauschalurlaub in Buchform: vorhersehbar und mit eher fadem Beigeschmack.

Aufbau Verlag
335 Seiten, CHF 15.90

2 thoughts on “Tom Liehr: „Pauschaltourist“

  • 23.04.2013 um 19:32 Uhr
    Permalink

    Da hört sich ja enttäuschend an! Ich kenne bisher nur seinen neuen Roman Leichtmatrosen und der war bis zum Schluss unterhaltsam. Vor allen Dingen gab es da noch einige Überraschungen für den Leser, mit denen er nicht rechnen konnte.

  • 23.04.2013 um 19:32 Uhr
    Permalink

    Das hört sich ja enttäuschend an! Ich kenne bisher nur seinen neuen Roman Leichtmatrosen und der war bis zum Schluss unterhaltsam. Vor allen Dingen gab es da noch einige Überraschungen für den Leser, mit denen er nicht rechnen konnte.

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