„Die verrückten Flanagans“ von Elizabeth Kelly

Eine schreckliche nette Familiengroteske

„Die verrückten Flanagans“ von Elizabeth Kelly

„Sie haben einen Sohn! Er ist gesund.“ Magische Worte, die normalerweise die frisch gebackenen Eltern in Verzücken versetzen. Nicht aber Neu-Mami Flanagan. Sie hätte viel lieber ein Hundebaby (!) geboren, schliesslich hatte sie während der Schwangerschaft unzählige Bücher und Erzählungen über die haarigen Vierbeiner verschlungen. Zum Trotz erhält der nun doch – wen wunderts – menschliche  Nachwuchs den Namen Collie. Genau, wie die Hunderasse.

Von Fee Anabelle Riebeling.

dieverrücktenflanagansSo beginnt Collies Leben in der verrückten Familie Flanagan, zu der neben der durchgeknallten Mutter auch Pop gehört, ein exzentrischer Ire, dessen grösste Wonne und Lebensaufgabe die Liebe zu seiner Frau ist. Dank ihres Vaters, einem stinkreichen Grossverleger, widmen sie sich ausschliesslich den schönen Dingen des Lebens. Wozu die beiden keineswegs das Verdienen des Lebensunterhalts zählen. Der zweitgeborene Bingo komplettiert das Quartett und drangsaliert seinen zurückhaltenden Bruder, wann immer es geht.

Zurück ins Nest zum Neustart

Der Kanadierin Elizabeth Kelly ist mit „Die verrückten Flanagans“ ein fulminantes Debüt gelungen. Sie schildert wortgewaltig in den schillerndsten Farben, überzeichnet Charaktere und übertreibt masslos. Nicht kapitelweise: durchgehend. Und das sehr zur Freude des Lesers. Mit pointierter Schreibe wird aus der klassisch als Familien- oder Bildungsroman zu bezeichnenden Saga Flanagan eine köstliche Familiengroteske, die von der ersten bis zur letzten Seite zu begeistern, überzeugen und den Leser vor Entsetzen in Atemnot zu bringen weiss.

Der frühe Tod des Bruders – er ertrinkt bei einer Höhlenklettertour – hinterlässt bei Collie stetig schwelende Schuldgefühle. Dennoch ist er das einzige Familienmitglied, das einen soliden Weg einschlägt. Er wird Arzt und scheint endlich auf seinem Weg an- und damit seiner seltsamen Familie entkommen. Doch das Setzen einer tödlichen Spritze beendet seine Karriere jäh. Notgedrungen, aber widerwillig kehrt der älteste und einzige Sohn in den Schoss seiner Familie zurück.

Open End

Doch die übrig gebliebenen Familienmitglieder nehmen ihn nur ungern auf: Sie hätten seinen Tod besser verschmerzen können als den des Bruders. Das lassen sie ihren Erstgeborenen deutlich spüren. Erst als der die Lieblingstaube des schrulligen Onkels von ihren Leiden befreit, scheint der Familienfrieden wieder gefunden. Nach Zwistigkeiten und einer Odyssee ins bürgerkriegserschütterte El Salvador scheint die Versöhnung mit der Vergangenheit die Erzählung abzurunden. Doch der Leser vermisst ein klares Ende, den Schlusspunkt.

Trotz dieses kleinen Mankos will man mehr von der Kanadierin lesen. Am besten gleich. Und im Idealfall ebenso Verrücktes wie „Die verrückten Flanagans“.

Blessing Verlag
400 Seiten, ca. CHF 34.90


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