Sue Townsend: „Die verschollenen Tagebücher des Adrian Mole“
Kinder, Karriere und weitere Katastrophen
Sue Townsend: „Die verschollenen Tagebücher des Adrian Mole“ (Roman)
Endlich ein Wiedersehen mit Englands charmantestem Chaoten und beliebtesten Tagebuchverfasser. Sue Townsends neuestes Werk eignet sich daher vor allem für treue Fans der Serie, da gewisse Vorkenntnisse durchaus hilfreich sind.
Von Stefanie Feineis.
Wie eingeweihte Leser längst wissen, wünscht sich der Anti-Held und eifrige Tagebuchschreiber Adrian Mole eigentlich nur drei Dinge im Leben: eine Karriere als Schriftsteller, finanzielle Sicherheit und eine dauerhafte Beziehung mit seiner wahren Liebe. Doch trotz grosser Anstrengung gelang es ihm bisher nicht, auch nur eines dieser Ziele zu erreichen.
Adrian Mole im neuen Jahrtausend
Vieles hat sich verändert, seit wir Adrian Mole, den Helden dieser Serie, im Alter von gerademal 13 dreiviertel Jahren kennenlernten. Inzwischen ist der einst rebellische Teenager nicht nur erwachsen, sondern auch alleinerziehender Vater von zwei Söhnen, die zum einen sehr an einen jüngeren Adrian erinnern, zum anderen aber weit reifer erscheinen als ihr Erziehungsberechtigter. Der lange gehegte Traum, ein erfolgreicher und berühmter Schriftsteller zu werden, scheint endgültig ausgeträumt, statt Ruhm und Reichtum erwarten Adrian ein Umzug in die Sozialsiedlung und ein Nebenjob im Imbiss.
Keine Besserung in Sicht
Wenig Hilfe kann Adrian von seinen Verwandten und Bekannten erwarten. Die Familie ist gespalten wie eh und je, seine Eltern sind in ein Hin- und Her aus Hochzeiten, Scheidungen und Affären verstrickt, seine Jugendliebe Pamela widmet sich lieber ihrer politischen Karriere, als auf Adrians Annäherungsversuche einzugehen, und die Mütter seiner beiden Söhne haben sich ein neues Leben mit anderen Partnern aufgebaut. Doch Adrian gibt noch lange nicht auf, und der Leser fiebert auch diesmal wieder mit: Wird es ihm endlich gelingen, einen Verlag von sich zu überzeugen? Wird er Pamelas Herz erobern? Und woher stammen seine Verbindungen zu Al Quaida, die schliesslich zur Beschlagnahmung seines Tagebuchs führen?
Das letzte Tagebuch
Sue Townsend legt mit diesem Roman ihr inzwischen siebtes Tagebuch von Adrian Mole vor, obwohl sie nach Band sechs angekündigt hatte, die Serie aus gesundheitlichen Gründen einzustellen. In England ist bereits ein achter Band erschienen, der endgültige Abschluss, an dessen Ende Adrian beschliesst, kein neues Tagebuch mehr zu führen. Der Autorin gelang mit dieser Serie nicht nur eine brillante Parodie der englischen Mittelschicht und der Zeit von der Thatcher-Ära bis heute, sondern auch das Kunststück, einen eigenbildeten, selbstsüchtigen, neurotischen Chaoten liebenswert und sympathisch zu machen. Obwohl Adrian Mole objektiv gesehen kein angenehmer Zeitgenosse war, werden ihn seine Fans wohl trotzdem sehr vermissen.
Titel: Die verschollenen Tagebücher des Adrian Mole
Autorin: Sue Townsend
Übersetzerin: Astrid Finke
Verlag: Heyne
Seiten: 272
Richtpreis: CHF 16.50