Mischa-Sarim Vérollet: „Warum ich Angst vor Frauen habe“
Keine Angsthasenprosa
Mischa-Sarim Vérollet: „Warum ich Angst vor Frauen habe“ (Roman)
Der Titel des Debütromans von Mischa-Sarim Vérollet kann wohl als Pars pro Toto dafür verstanden werden, was die abenteuerliche Reise eines jungen Menschen durch die spannende Kindheit und die verwirrende Pubertät ausmacht. In „Warum ich Angst vor Frauen habe“ beschreibt der Wahl-Berliner Autor und Slam-Poet aus seiner Sicht, wie es sich anfühlt, in den Achtzigern geboren und in den Neunzigern aufgewachsen zu sein.
Von Ferdinand Laudage.
Bei einem Gros der männlichen Leserschaft dürfte der in Gibraltar geborene Vérollet mit seinem ersten teils autobiografischen Roman für reichlich Déjà-vu-Erlebnisse sorgen: Schon das erste Kapitel berichtet von der „Wahrheit über Wrestling“ und fühlt sich wie ein neuerlicher Tiefschlag an. Nicht weniger dramatisch und auch gut bekannt: Als Antwort auf die Frage „Willst du mit mir gehen?“ eine Gegenfrage mit „Wohin?“ zu erhalten. Für jeden Halbwüchsigen zieht so etwas einen kleinen Weltuntergang nach sich.
Ordnung muss sein
Der von Phobien geplagte Ich-Erzähler hat das Pech augenscheinlich gepachtet: So saugt er versehentlich seinen unter dem Bett versteckten Wellensittich schlichtweg auf, weil er von seinen Eltern zur Ordnung angehalten wird. Aus dem Flug zum Mond wird auch nichts, weil die werte Frau Mutter noch die Wäsche aufhängen muss. Es ist verflixt. Bis ihm eines Tages das Mädchen, das alles verändert, über den Weg läuft.
Es ist oft tragisch und komisch zugleich, was Vérollet hier aufs Papier bringt. Manchmal ist sein Humor sogar tiefschwarz. Dass der vom Asthma geplagte Weggefährte Röchel-Chris bereits im Kindesalter seine Mutter verliert, ist bedauerlich. Dass das clevere Kerlchen sich diese Tatsache aber immer wieder zunutze macht, um seinen Willen durchzusetzen, mutiert fortlaufend zum Running Gag, bei dem man stets zwangsläufig schlucken muss.
Geschichten, die nur das junge Leben schreibt
Unzählige kuriose und extravagante Anekdoten aus seinem und dem Leben anderer hat Mischa-Sarim Vérollet in „Warum ich Angst vor Frauen“ zusammengetragen. Dass der Autor dem Lager der Lyriker entstammt, ist zweifelsohne erkennbar, stört aber keineswegs. So wie er auf der Bühne seine Texte performt, schreibt Mischa-Sarim Vérollet auch: komplex, wortgewandt, höchstgradig unterhaltsam. Eine Sammlung von Geschichten, die nur das junge Leben schreibt, wird abgerundet durch ein absolut zeitgemässes Gimmick: die Beigabe einer Bonus-CD mit „entfallenen Szenen“ und vorgetragenen Gedichten vom Autor.
Titel: Warum ich Angst vor Frauen habe
Autor: Mischa-Sarim Vérollet
Verlag: Carlsen
Seiten: 192 Seiten
Richtpreis: CHF 23.90