Charles Lewinsky: „Der Teufel in der Weihnachtsnacht“

Ein teuflischer Weihnachtsmorgen

Charles Lewinsky: „Der Teufel in der Weihnachtsnacht“ (Erzählung)

Mit diesem Besuch in der Weihnachtsnacht hätte der Papst wohl nie gerechnet. Der Teufel höchstpersönlich steht plötzlich in den Gemächern des Oberhaupts der katholischen Kirche und will ihn in Versuchung führen. Eine Weihnachtsgeschichte von Charles Lewinsky? Ja, und zwar eine vergnügliche, die ohne jeden Kitsch auskommt.

Von Stephan Sigg.

DerTeufelInDerWeihnachtsnachtIst es ein Traum oder ist es Wirklichkeit? Mitten in der Nacht wacht der Papst auf und entdeckt an seinem Bett einen unbekannten Gast. Dass es sich dabei um den Leibhaftigen höchstpersönlich handelt, ist nicht sofort erkennbar. Denn dieser scheint mit der Zeit gegangen zu sein und präsentiert sich in teurem Massanzug und mit Aktenköfferchen – als Versicherungsvertreter. Und modern ist auch seine Mission: Er will dem Papst helfen, die kirchlichen Bilanzen, Image und Erträge zu optimieren. Dafür hat er einige originelle Ideen: Werbespots für Sakramente und das regelmässige Gebet, die Lancierung eines automatischen „Absolutionsdispensers“ (eine Art elektronischer Beichtstuhl), die Vermarktung von Weihwasser in PET-Flaschen und der Papst als Gastgeber einer Talkshow. Dies alles soll dazu führen, dass die Kirchen wieder voller und die Menschen wieder frommer werden.

Eine Zusage mit Konsequenzen

Nein, natürlich kann der Papst absolut gar nichts mit diesen teuflischen Angeboten anfangen und so fällt es ihm nicht schwer, ihnen zu widerstehen. Aber dann schüttelt der Teufel doch noch einen Vorschlag aus dem  Ärmel. Der Papst geht darauf ein, ohne die Konsequenzen genau durchgedacht zu haben. Was das ist, wird an dieser Stelle nicht verraten, dafür das tragische Ende – fortan ist in allen Gottesdiensten zu hören: „Diese Fürbitten wurden gesponsert von … Toyota!“

Ein Feuerwerk von witzigen Ideen

Warum dauert diese Weihnachtserzählung nur sechzig Seiten? Die Geschichte strotzt nur so von witzigen und skurrilen Ideen. Alle paar Seiten wird es sehr bissig, viele katholische Rituale und Praktiken bekommen ihr Fett weg, aber Lewinsky überschreitet dabei trotzdem nie die Grenze zum Respektlosen. Im Gegenteil: Lewinsky legt Wert darauf, den Papst sehr sympathisch darzustellen. Der geistliche Würdenträger ist ein menschlicher und bodenständiger Zeitgenosse.

Der Schweizer Autor schafft es, mit einem frischen und unverkrampften Zugang zum Nachdenken anzuregen und das Resultat ist damit mehr als nur eine „nette, unterhaltsame“ Fabel für Weihnachten. Da könnte sich mancher Theologe eine Scheibe abschneiden. So ist die Weihnachtsgeschichte eine erfrischende Erzählung, die auch unterm Weihnachtsbaum vorgelesen werden kann, ohne dass die Festfreude beim einen oder anderen Verwandten getrübt wird. Sie ist sowohl für Gläubige wie Ungläubige geeignet und wird vor allem auch bei jenen auf begeisterten Beifall stossen, die sonst allergisch sind auf das gemeinsame „Stille Nacht“-Singen und Vorlesen von kitschigen Weihnachtstexten.


Titel: Der Teufel in der Weihnachtsnacht
Autor: Charles Lewinsky
Verlag: Nagel & Kimche
Seiten: 60
Richtpreis: CHF 15.90

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