Sarah Schmidt: „Bitte nicht freundlich“

Alltagstrott besiegt

Sarah Schmidt: „Bitte nicht freundlich“ (Geschichten)

Sie mag zwar einen Allerweltsnamen tragen, doch ihre 26 Erzählungen in „Bitte nicht freundlich“ sind nicht im Geringsten langweilig, eintönig oder 08/15. Sarah Schmidt liefert einen Beweis dafür, dass Alltag nicht immer grau sein muss. Denn die Berlinerin denkt und schreibt herrlich bunt.

Von Ferdinand Laudage.

bittenichtfreundlich„Respekt, junge Frau!“, möchte man ihr zurufen. Nicht unbedingt dafür, dass Sarah Schmidt in ihrer neuen, gerade einmal 160 Seiten starken Sammlung von Kurzgeschichten in einem bestimmten Kapitel den Busfahrer eindrücklich im Fiesgucken schlägt. Es ist vielmehr die Art und Weise, wie die Mutter eines mittlerweile erwachsenen Sohnes hier Geschichten aus ihrem Leben so treffend präsentiert, dass es dem Leser in vielen Fällen sofort bekannt vorkommt. Lediglich die Knappheit, mit der sie das zuweilen tut, enttäuscht ein wenig. Manche Erzählungen der Berlinerin hätten doch etwas detaillierter ausfallen können. Am Ende zählt allerdings immer die Pointe, und die trifft in den meisten Fällen ins Schwarze. Das wundert kaum, denn Sarah Schmidt hat als ehemalige Gagschreiberin für das deutsche Privatfernsehen durchaus Erfahrung darin.

Bissig und amüsant zugleich

Mit einem Hauch Sarkasmus zieht sie über seltsam anmutende Irrtümer der Allgemeinheit her: So haben zum Beispiel Schwimmbadbesucher darunter zu leiden, die in ihren Schuhen ein todsicheres Versteck für Wertgegenstände sehen. Auch die bitterböse Verballhornung der allgegenwärtigen Servicewüste Deutschlands oder die amüsante Berichterstattung über eine klischeebeladene Kaffeefahrt wissen zu amüsieren. Man möchte der bissigen Sarah Schmidt am liebsten mit einem Glas Rotwein zuprosten, wenn sie davon erzählt, wie Krankenkassen darauf reagieren, wenn man ihnen einen Einblick in das tägliche Ess- und Trinkverhalten gewährt: Weniger ist manchmal mehr, zumindest auf dem „Fettkonto“.

Hochbrisante Fragen stehen im Raum. Beispielsweise: warum kann man Politikern, die man in der Schlange an der Supermarktkasse trifft, nicht einfach frei heraus die Meinung sagen? Ebenfalls von unschätzbarem Wert ist das Ranking der sieben wichtigsten Lügen für ein besseres Leben: Sarah Schmidt gesteht: Sie lügt gerne und viel. Trotzdem bekommt man als Leser nie das Gefühl vermittelt, ihre Geschichten seien ausschliesslich fiktiv und es würde ihnen keine wahre Begebenheit zugrunde liegen.

Klares Plus für leichte Kost

Der Verbrecher Verlag ist für seine Schlichtheit bekannt. Insofern überrascht es nicht, dass das Taschenbuch im schicken Türkis ohne aufregendes Artwork daherkommt. Allerdings darf man sich vom einfachen Äusseren genauso wenig täuschen lassen wie von der bereits erwähnten Tatsache, dass die Autorin keinen klangvollen Künstlernamen trägt. Beides wäre fatal, denn im Sektor der seichten Unterhaltung hat „Bitte nicht freundlich“ als überaus lesenswerte Kurzgeschichtensammlung gleich eine Spitzenposition eingenommen. Wer also keine schwere Kost verträgt und gerne einmal schmunzelt, der macht mit Sarah Schmidts neuem Buch sicher nichts falsch.

Titel: Bitte nicht freundlich
Autorin: Sarah Schmidt
Verlag: Verbrecher
Seiten: 160 Seiten
Richtpreis: CHF 20.90

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