Do it yourself: Wie man selbst ein Buch veröffentlicht

Do it yourself

Wie man selbst ein Buch veröffentlicht

Es klingt wie ein Märchen, aber es ist tatsächlich die Realität: Frau Schweinemett hat es getan – sie hat ihren Traum vom eigenen Buch verwirklicht. Herausgekommen ist eine realsatirische Geschichtensammlung, die sich sogar verkauft, obwohl die junge Autorin mit dem skurrilen Namen nie damit gerechnet hätte.

Von Ferdinand Laudage.

gegen_die_gesamtscheisseNatürlich heisst Frau Schweinemett nicht wirklich Frau Schweinemett, das wäre zu verrückt. „Es hat sich irgendwann so eingebürgert. Ich blogge schon lange als Frau Schweinemett, mein Punkername quasi. Und er ist einprägsamer als ein normaler Autorenname, auch wenn ich eigentlich lieber Sojaschnitzel esse.“ Im Alltag hört Frau Schweinemett auf den Namen Andrea und ist 28. Die Dortmunderin lebt schon immer im Ruhrgebiet, hat ein abgeschlossenes Studium und einen seriösen Job. „Da möchte ich lieber anonym bleiben, Chefs können ja so einiges im Internet recherchieren“, bemerkt Andrea mit einem Augenzwinkern.

Im Netz entdeckt

Prinzipiell nimmt die junge Autorin nur sehr selten ein Blatt vor den Mund. In ihren Alltagserzählungen bekommt nicht nur der Ottonormalbürger vollends sein Fett weg: Spiesser, Nerds, Gabber, HipHopper, Poser, Faker, Möchtegerns – bei Frau Schweinemett hat niemand ein leichtes Leben. Der Titel ist Programm: „Gegen die Gesamtscheisse“ heisst ihr Erstwerk, in dem sie alles und jeden abledert. Gesellschaftskritik steht bei ihr definitiv im Fokus, wenngleich diese wohlgemerkt mit einer grossen Portion Selbstironie daherkommt. Und das funktioniert? Fraglos, wie sie selbst berichtet. „Ich habe damals in einer sozial schwachen Gegend gewohnt und hatte total schräge Nachbarn. Und irgendwann dachte ich mir: Mensch, das kannst du keinem vorenthalten.“ Andrea begann als Frau Schweinemett zu bloggen und mauserte sich klammheimlich zur Autorin mit einer mittlerweile nicht mehr allzu kleinen Stammleserschaft.

„Irgendwann haben mich fremde Leute angeschrieben, die meine Beiträge gelesen haben. Sie schlugen mir vor, die Texte zu sammeln und als Buch zu veröffentlichen. Das fand ich interessant. Aber ich habe mich zunächst nicht weiter damit beschäftigt, weil ich ein Schlunz bin und auch nicht wirklich überzeugt davon war, dass das jemand kaufen würde“, grinst Andrea. Letzten Endes kam sie allerdings doch nicht um eine Veröffentlichung herum. „Eine Freundin von mir hat immer mehr gedrängelt und wollte unbedingt, dass ich etwas produzieren lasse. Eine Bekannte hat für mich recherchiert und mir vorgeschlagen, bei Verlagen vorstellig zu werden. Aber ich wollte damit ja erst einmal kein Geld verdienen und es eine Nummer kleiner versuchen.“

Das Selbstverlegen als vielversprechende Option

‚Books-on-Demand’ sollte für Andrea ein Sprungbrett darstellen. „Ich habe mir auf der Webseite ein Infopaket bestellt und mehr oder weniger aus dem Bauch heraus gelayoutet. Heute habe ich einen befreundeter Grafikdesigner auf das Layout angesetzt, die erste Ausgabe sieht nämlich schon eher bescheiden aus“, schmunzelt die 28-Jährige und erläutert die einzelnen Schritte zum eigenen Buch: „Man kann zwischen mehreren Varianten wählen: Die günstigste ist sogar kostenlos, dann geht das Buch aber nicht in den freien Verkauf. Ich habe mich für den Weg entschieden, der mich einmalig ungefähr 40 Euro, also knapp 70 Franken, gekostet hat.“

FrauSchweinemettGanz ohne Geld geht es also auch bei ‚Books-on-Demand’ nicht. Trotzdem sind die Kosten erschwinglich, überschaubar und die Leistung angemessen. „Man kann selbst entscheiden, wie das Buch aussehen soll: Man bestimmt das Format, die Papierfarbe oder die des Umschlags. Dazu noch die Einbandart und -farbe, die Art des Buchrückens … Und man bekommt natürlich auch eine ISBN und einen Barcode.“

Den Vertrieb übernimmt anschliessend ‚Books-on-Demand’ – und das im kompletten deutschsprachigen Raum und in über 1000 Online-Shops. Das Buch ist somit fast überall erhältlich. Darüber hinaus gibt es bei diesem Anbieter auch Angebote zur Veröffentlichung eines Werkes, die weitaus teurer sind, aber auch mehr Service bieten. „Es ist meines Erachtens nicht nötig, viel Geld auszugeben. Diese Basisvariante reicht mir völlig aus“, erklärt Andrea und begründet das folgendermassen: „Bei normalen Verlagen geht man ja in Vorkasse, es wird eine bestimmte Menge gedruckt. Aber wenn sich diese nicht verkauft, ist das Geld in den Sand gesetzt. Hier ist diese Gefahr nicht gegeben, weil man immer nur so viele Ausgaben drucken lässt, wie benötigt wird. Ich bestelle meist 25 Stück, weil ich dann noch einen Mengenrabatt bekomme.“

Beim Publikum kommt’s an

Die Bücher verkaufe sie dann auf Lesungen, sagt die 28-Jährige. Dabei nehme sie in etwa vier Euro pro Ausgabe, welche sie an den Mann bringt, ein. „Kauft man mein Buch im Laden oder über einen Online-Shop, erhalte ich etwas weniger. Aber es reicht, um die laufenden Kosten zu decken. Und ein wenig bin ich sogar im Plus“, freut sich Andrea. Auch Zusagen für Lesungen häufen sich nunmehr. Langsam, aber stetig macht sich die junge Dortmunderin in der Szene einen Namen.

Dass viele junge Autoren, die gerne ihren Traum verwirklichen möchten, derzeit ihr Glück als Selbstverleger suchen und einen ähnlichen Weg wie Andrea einschlagen, ist nicht verwunderlich. Die Branche hat kein Geld dafür übrig, sich auf Neulinge und deren Talent zu verlassen. Nur diejenigen, die sich schon vorab in der Independent-Szene durchbeissen konnten, bekommen ihre Chance. In der Regel führt die Einsendung eines Manuskripts bei einem Verlag zu nichts  – das Geschäft ist eben härter denn je. Um so besser, dass es eine Möglichkeit gibt, das Heft und damit schlussendlich auch materiell das eigene Buch selbst in die Hand zu nehmen.

Die Kehrseite der Medaille

Das einzige Manko: Wer es auf eigene Faust versucht, geniesst zumindest anfangs keinen guten Ruf bei den Verlagen. Schliesslich können Hinz und Kunz hier ihre geistigen Ergüsse für wenig Geld veröffentlichen – eine Qualitätsprüfung bleibt dabei gänzlich auf der Strecke. Auch bei Buchhandlungen hat man deshalb als unbekannter Autor in der Regel einen schweren Stand, wie Andrea zu berichten weiss.

Ihre Wurzeln hat sie übrigens längst nicht aus dem Augen verloren: „Ich schreibe weiterhin, wenn auch nur noch einmal im Monat im Internet für den Blog des Hate-Magazins aus Berlin. Über das Internet kann ich ein noch grösseres Publikum erreichen, auch wenn die Konkurrenz immens ist. Aber vielleicht ist ja auch einmal jemand von einem Verlag dabei, der mir eine Chance gibt, weil er meine Texte gut findet.“ Sehr bescheiden gibt sich Andrea im Hinblick auf ihre Zukunft als Autorin: „Wenn ich irgendwann einmal vom Schreiben leben könnte, wäre das natürlich der Wahnsinn. Ich rechne aber eher nicht damit.“ Es bleibt der sympathischen Dortmunderin zu wünschen, dass dieser Traum eines Tages doch in Erfüllung geht.


Titel: Gegen die Gesamtscheisse
Autorin: Frau Schweinemett
Verlag: Books on Demand GmbH
Seiten: 184
Richtpreis: CHF 21.50
Im Netz: http://schweinemett.blogspot.com

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