Saskia Richter: „Die Aktivistin – Das Leben der Petra Kelly“

Eine Politikerin – konsequent und ohne Kompromisse

Saskia Richter: „Die Aktivistin – Das Leben der Petra Kelly“ (Biographie)

Vorkämpferin der deutschen Friedensbewegung und Aushängeschild der Grünen: Petra Kelly (1947-1992) war der politische Shootingstar der 1980er-Jahre und faszinierte auch Menschen ausserhalb Deutschlands. Saskia Richter setzt sich in ihrer Dissertation mit dem Leben und Wirken der Politikerin auseinander – mit Schwerpunkt bei Kellys politischer Laufbahn.

Von Stephan Sigg.

Die-Aktivistian-Petra-KellySaskia Richter ist Politikwissenschaftlerin und beschäftigte sich mehrere Jahre lang im Rahmen ihrer Dissertation mit Petra Kelly. Die Fülle an Quellen, die sie zitiert und erwähnt, zeigt, wie gewissenhaft sie ihre Recherchen im In- und Ausland betrieben hat. Neben schriftlichen Quellen befragte sie auch Weggefährten und Freunde Kellys. Herausgekommen ist eine akribische Studie, die alles andere als eine Heiligenlitanei auf die Politikerin ist. Richter geht es darum, die Ambivalenz Kellys aufzuzeigen, und das in allen Schattierungen.

Fehlende Seilschaften als Stolperstein

Beim Namen Petra Kelly denkt man heute an die Grünen, die Friedensaktivisten und die Forderungen nach Abrüstung, Umweltschutz und Menschenrechten. Für all das setzte sich Petra Kelly bereits als junge Erwachsene ein und zwar konsequent und ohne Kompromisse. In ihrem politischen Engagement schonte sie weder sich selber noch ihre Mitarbeitenden. Richter schildert, wie sie oft während Wochen nur für ein paar wenige Stunden Schlaf ihre Arbeit unterbricht. Ihre Forderungen will sie ganz verwirklicht sehen. Und gerade dies ist der Anfang des späteren Scheiterns. Mit ihrer Totalität eckt sie an und macht sich zwar viele Fans, aber auch viele politische Feinde. Sie setzt nicht auf politische Seilschaften, ihre Dauerpräsenz in den Medien und an öffentlichen Veranstaltungen sorgt für Neid bei Parteikollegen und manövriert sie schliesslich in die Isolation. Zudem verlieren Kellys Forderungen die Brisanz, da sie es versäumt, ihre Themen einer veränderten Gesellschaft anzupassen. Als sie am 1. Oktober 1992 von ihrem Lebensgefährten aus dem Leben gerissen wird, sind ihre Glanzzeiten schon lange passé: Kelly hat ihre politische Relevanz verloren, auf dem nationalen Politparkett ist sie von einer neuen Machergeneration abgelöst worden.

Wenig private Annäherungen

Saskia Richter analysiert Aufstieg und Fall der Petra Kelly äussert präzise und verbindet beides überzeugend mit dem gechichtlichen Hintergrund. So erfährt man ganz nebenbei viel über die Atmosphäre in der deutschen Politik der 1970er- und 80er-Jahre. Einzig das Privatleben Kellys kommt etwas zu kurz. Zwar weist Richter immer wieder darauf hin, wie stark die politische Arbeit Kellys von ihrer eigenen Biographie geprägt war, doch dann bleibt doch vieles im Dunkeln, wo man gerne mehr über Kellys private Motive erfahren würde. Wenn im Buchtitel das „Leben der Petra Kelly“ versprochen wird, wird die Erwartung geweckt, dass neben den polithistorischen Aspekten eben auch das Private der Politikerin beleuchtet wird. Es scheint manchmal jedoch fast so, als habe die Autorin etwas Scheu vor der privaten Kelly. So bleiben selbst nach über 500 Seiten Lektüre viele Fragen unbeantwortet.


Titel: Die Aktivistin – das Leben der Petra Kelly
Autorin: Saskia Richter
Verlag: DVA
Seiten: 523 Seiten
Richtpreis: CHF 38.90

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