Christoph Schulte-Richtering: „Die Kunst der Weltklugheit“
Über den Irrsinn der Welt
Christoph Schulte-Richtering: „Die Kunst der Weltklugheit“ (Ratgeber)
Gibt es Lebensweisheiten, die über Jahrhunderte hinweg ihre Gültigkeit behalten? Christoph Schulte-Richtering ist der Meinung: Ja. – Er präsentiert 100 Tipps des spanischen Mönchs Baltasar Garcián, der vor gut 350 Jahren gelebt hat, und ergänzt sie mit zeitgemässen Beispielen. – Urkomisch und sehr intelligent!
Von Andrea Müller-Schmuki.
Schon wieder ein Ratgeber? Gibt es derer denn nicht schon genug? – Offensichtlich nicht – oder doch? Immerhin hat der Jesuit Baltasar Garcián schon vor 350 Jahren seine Beobachtungen vom spanischen Königshof in seinem Buch „Handorakel und Kunst der Weltklugheit“ in Ratschläge umgearbeitet. Bekannt ist dieses Buch heute allerdings nicht mehr wirklich und selbst wenn die Ratschläge allein für sich genommen noch immer gut sind, so kommen sie in aktuellerer Aufmachung wohl noch besser an. Das macht sich Christoph Schulte-Richtering zu Nutze und formuliert 100 Tipps von Garcián neu.
Witzig
Garciáns allgemeingültige Maximen und Tipps verpackt Schulte-Richtering in Alltagssituationen. – Etwa: Eine Brieftasche liegt auf dem Gehsteig. Was tun? Beim Fundbüro abgeben und mit nichts als dem reinen Gewissen nach Hause gehen? Oder Geld einstecken und Gewissensbisse haben? – Es könnte aber auch eine Falle von irgendeiner neuen Fernsehshow sein… Alles Wichtige sollte man doppelt besitzen: von allem Erarbeiteten eine Sicherheitskopie machen, jemanden fürs Leben finden, der gut aussieht und nett ist, da vielleicht eine von beiden Eigenschaften mit der Zeit verloren geht, man sollte sich einen zweiten Erdball zulegen, um Reserven zu haben, und natürlich auch beizeiten eine Geliebte… – Und übertreiben Sie nicht! Das wäre ein Fehler und zwar zehntausendmegaprozentig!
Charmant, vergnüglich, voller Situationskomik und Sprachwitz. „Die Kunst der Weltklugheit“ handelt von Spielen, von Würde, von Liebe, von Zorn und von Geschäftstüchtigkeit, von Scherzkeksen, Rädelsführern, Schlitzohren und Landesfürsten. Es geht darum, warum man nie 100% geben sollte. Oder warum Ignoranz manchmal besser ist als eine Rechtfertigung. Wutausbrüche sind gut – wenn man sie kontrolliert. Und wie wird aus einem Makel eine Auszeichnung? Christoph Schulte-Richtering erklärt, wie’s geht.
Zeitlos – zeitgemäss
Garcián formulierte zeitlose Maximen, die Schulte-Richtering übernimmt. So etwa: „Flexibel bleiben“, „Sorgen Sie für genügend Reserven“, „Seien Sie unberechenbar“ oder „Finden Sie das Gute in allem“. Diese Ratschläge mögen zeitlos sein, die Art, in der Christoph Schulte-Richtering sie präsentiert, ist aber sehr zeitgemäss. Er benutzt bekannte Beispiele aus der letzten Zeit, die zu diesen Maximen passen, Beispiele aus der Welt der Prominenten, der Politik oder des Sports. Leider ist das Buch sehr stark auf Deutschland bezogen und teilweise etwas gar fussballlastig. So gut die Adaption der 350 Jahre alten Ratschläge also auch ist, so ist sie auch jetzt schon nur für Leute, die Deutschland kennen, wirklich brauchbar und wird in zehn oder fünfzehn Jahren kaum mehr tauglich sein.
Titel: Die Kunst der Weltklugheit
Autor: Christoph Schulte-Richtering
Verlag: Rowohlt
Seiten: 192
Richtpreis: CHF 25.00