Will Elliott: „Intrusion“
Nur eine Geschichte?
Will Elliott: „Intrusion“ (Thriller)
Nach seinem preisgekrönten Erstlingswerk legt der hierzulande erst wenig bekannte australische Autor Will Elliott nun seinen zweiten Roman vor. Erneut handelt es sich um eine düstere Fantasygeschichte, die laut Klappentext Ähnlichkeiten mit dem Blockbuster ‚Inception‘ haben soll. Klingt verheissungsvoll…
Von Stefanie Feineis.
Es ist eine denkbar unangenehme Situation für Aden: Er erwacht nackt in einem ihm völlig fremden, heruntergekommen Badezimmer. Das einzige, woran er sich mit Sicherheit erinnert, ist, dass er eigentlich gar nicht hätte erwachen dürfen, da er kurz zuvor versucht hat, sich umzubringen. Und das Leben nach dem Tod hatte er sich ziemlich anders vorgestellt…
Eine fremdartige Welt
Sobald sich Aden einigermassen an den Gedanken gewöhnt hat, noch am Leben zu sein, steht ihm schon der nächste Schock bevor. Die Bewohner des Hauses, in dem er erwacht ist, sind keine normalen Menschen, obwohl sie ihr bestes versuchen, sich wie solche benehmen. Doch ein Abendessen, das hauptsächlich aus Unmengen von Blut und Innereien besteht und bei dem es zum guten Ton gehört, sich gegenseitig mit Gabel und Messer zu attackieren, ist alles andere als normal. Zudem ähneln die Hausbesitzer selbst eher Monstern als Menschen und können sich zu allem Überfluss auch noch in Tiere verwandeln. Und obwohl sie entgegen Adens erstem Eindruck nicht daran interessiert sind, ihn zu einem Teil ihres Abendessens zu machen, sind sie über seine plötzliche Anwesenheit genauso verwirrt wie er, und können ihm daher nicht wirklich weiterhelfen.
Eine unerzählte Geschichte
Und das ist erst der Anfang. Nachdem Aden des Haus seiner unfreiwilligen Gastgeber verlässt, stösst er auf Schritt und Tritt auf weitere seltsame Gestalten und merkwürdige Ereignisse. Verwirrt stellt er fest, dass ihm diese Welt und ihre Bewohner seltsam bekannt vorkommen, ohne dass er zunächst sagen kann, warum. Zudem scheitert er jedes Mal, wenn er versucht, sich an sein vorheriges Leben zu erinnern. Alles ausser seinem Selbstmord scheint merkwürdig verschwommen und ändert sich bei jedem Erinnerungsversuch. Die einzigen Konstanten sind sein Vater und sein Grossvater. Hatte der nicht mal versucht, einen Roman zu verfassen, dessen Figuren Adens neuen Bekanntschaften überraschend ähnlich sahen? Warum scheinen diese Aden irgendwie zu erkennen? Wer ist der geheimnisvolle ‚Weltenmacher‘? Und wie kommt Aden wieder zurück in sein normales Leben?
Ein überraschter Autor
Die Geschichte des Autors selbst klingt ebenfalls wie aus einem Roman: Der junge Australier Will Elliott hatte sich lediglich vorgenommen, einmal ein Buch zu veröffentlichen, und machte sich selbst wenig Hoffnungen, als er sein Manuskript für den ABC Fiction Award einsandte, einen der wichtigsten australischen Literaturpreise. Niemand war überraschter als er selbst, dass er gewann. Sein erster Roman „Hölle“ wurde für den International Horror Guild Award nominiert und in fünf Sprachen übersetzt. An einen solchen Erfolg anzuknüpfen ist natürlich immer schwer. Zudem ist gerade Fantasy ein Genre, in dem es sehr schwer ist, etwas vollkommen Neues zu erschaffen. So werden sich auch die Leser von „Intrusion“ mehrfach an Michael Endes berühmtes Werk „Die unendliche Geschichte“ erinnert fühlen, und die Auflösung am Schluss ist sicher nichts, was man noch nie zuvor gesehen oder so überhaupt nicht erwartet hätte.
Ein fragwürdiges Marketing
Das grösste Problem mit „Intrusion“ ist jedoch nicht die Geschichte an sich, sondern gewisse Entscheidungen, die wohl ausschliesslich zur besseren Vermarktung getroffen wurden. Nichts ist für den Leser enttäuschender als ein Buch, das falsche Erwartungen weckt. Egal wie gut die Story ist, man fühlt sich betrogen, da man sich etwas anderes erhofft hat. Und eine Enttäuschung für alle, die das Buch nach der Lektüre des Klappentextes kaufen, lässt sich fast nicht vermeiden. Die Schlagzeile auf dem Buchcover lautet nämlich „Der Thriller für alle Fans des Kino-Blockbusters ‚Inception'“. Allein die Entscheidung, das Buch als „Thriller“ zu bezeichnen, ist fragwürdig; doch während man hier durchaus diskutieren könnte, erweist sich das zweite Versprechen als verhängnisvoller. Mit dem angesprochenen Film hat die vorliegende Geschichte nämlich so gut wie nichts gemeinsam; alle Ähnlichkeiten sind eher oberflächlicher Natur und das Genre, die Erzählweise und die Auflösung am Ende könnten unterschiedlicher nicht sein.
Trotz gewisser Ähnlichkeiten mit anderen Fatasyromanen ein durchaus interessantes und spannendes Buch, das vor allem Fans des Genres und Liebhabern von düsteren Geschichten ansprechen dürfte. Man darf sich bloss nicht vom Klappentext fehlleiten lassen.
Titel: Intrusion
Autor: Will Elliott
Verlag: Piper
Seiten: 296
Richtpreis: CHF 18.90