David Monteagudo: „Ende“

Ende schlecht, alles schlecht

David Monteagudo: „Ende“ (Roman)

David Monteagudos Debütroman „Ende“ wurde in Spanien bereits 2007 zum Bestseller. Nun liegt das düstere und beklemmende Werk des 50-Jährigen auch auf Deutsch vor. Darin geht es um eine Jugendclique, die ein dunkles Geheimnis teilt und sich nach vielen Jahren wieder trifft. Auf den ersten Blick scheint der Plot nicht wirklich originell zu sein, doch was Monteagudo damit macht, ist es auf jeden Fall.

Von Birke Tunç

ende25 Jahre ist es her, seit sich die neun Mitglieder einer Freundesgruppe gesehen haben. Deshalb kommt auch die Einladung zu einer Wiedervereinigungsparty überraschend. Doch alle sagen zu und die Freunde treffen sich in einem abgelegenen Haus in den spanischen Bergen. Es sollte eigentlich ein lustiges Wiedertreffen werden, doch die Stimmung ist angespannt und die Freunde sind feindselig und kühl zueinander. Das einzige, was die Freundschaft dieser neun Menschen nach so vielen Jahren noch zusammenhält, scheint ein Vorfall zu sein, der sich vor einem viertel Jahrhundert ereignet hat. Ausser diesem Vorfall scheinen die Freunde nichts gemeinsam zu haben und es dauert nicht lange, bis aus kleinen Sticheleien ein richtiger Streit entsteht.

Weltuntergangsstimmung

Als die Auseinandersetzung in vollem Gange ist, fällt plötzlich der Strom aus. Das einzige, was Licht spendet, sind die aussergewöhnlich vielen und hellen Sterne am Himmel. Kurz darauf merken die Freunde, dass ihre Handys nicht mehr funktionieren und auch die Autos springen nicht an. Und das Seltsamste: einer der Freunde ist verschwunden. Es dauert nicht lange, bis sie es mit der Angst zu tun bekommen. Irgendwas stimmt nicht, das ist allen klar.

Am darauffolgenden Tag machen sich die verbliebenen Freunde auf den Weg in die nächstgelegene Stadt. Dabei begegnen sie keiner Menschenseele und auch die Stadt selber ist menschenleer. Ausser den Freunden existiert kein menschliches Wesen mehr auf der Welt. Doch auch sie lösen sich nach und nach, einer nach dem anderen, in Luft auf.

Des einen Freud, des anderen Leid

Während die Freunde um ihr Leben bangen, kann es der Leser kaum erwarten, dass sie nun endlich verschwinden, denn die Protagonisten sind alles andere als sympathisch. Es ist nicht möglich, eine Beziehung zu den Figuren aufzubauen, geschweige denn, sich mit ihnen zu identifizieren. Es fehlt den dargestellten Menschen einfach an Tiefe, was daran liegt, dass es zu keinem der Freunde eine Hintergrundgeschichte gibt. Auch die Tatsache, dass es neun Hauptfiguren gibt, macht es die Sache für den Leser nicht einfacher: Der Überblick über die Protagonisten fehlt, da es ihnen an Individualität mangelt und es dem Leser Mühe bereitet, die ungewohnten spanischen Namen richtig zuzuordnen.

Viel schlimmer sind allerdings die Dialoge zwischen den Freunden, die oft langweilig und überflüssig sind und Aussagen beinhalten, die nichts mehr mit Sarkasmus oder schwarzem Humor zu tun haben, sondern einfach nur geschmacklos sind.

Während Monteguado bei der Darstellung seiner Figuren ziemlich versagt, glänzt er im Spannungsaufbau: Es ist dem Leser nicht möglich nach dem Stromausfall in der Berghütte das Buch aus den Händen zu legen. Der spanische Schriftsteller umschreibt die Angst der Protagonisten und die drückende und unheimliche Stimmung hervorragend.

„Ende“ ohne richtiges Ende

Die Fragen, weshalb denn ausgerechnet die Freunde vorerst am Leben geblieben sind oder was die Ursache für das Verschwinden der ganzen Menschheit ist, bleiben unbeantwortet. Auch weiss der Leser nicht, um was es sich bei dem Vorfall, der sich vor 25 Jahren zwischen den Freunden abgespielt hat, handelt. Es gibt bloss Hinweise darauf, dass dies das Schlüsselereignis war und der Grund für die ungewöhnlichen Vorgänge ist.

Wahrscheinlich wollte Monteagudo den Leser mit diesem Schluss zum Nachdenken anregen. Dies fällt einem allerdings ziemlich schwer, weil man keine Anhaltspunkte hat, was den Hintergedanken der Geschichte betrifft. Eine logische Erklärung für die seltsamen Vorfälle erwartet bestimmt kein Leser, aber einige Hinweise auf die Bedeutung des Ausgangs der Geschichte wären hilfreich, um das Ganze auch zu verstehen und nicht einfach als Zeitverschwendung abzutun. Was also am Ende von „Ende“ bleibt, sind Fragen über Fragen und ein beklemmendes Gefühl.


Titel: Ende
Autor: David Monteagudo
Übersetzer: Matthias Strobel
Verlag: Rowohlt
Seiten: 348
Richtpreis: CHF 30.50

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