Gabriele Leupold, Eveline Passet (Hg.): „Im Bergwerk der Sprache“
Tiefgründig
Gabriele Leupold, Eveline Passet (Hg.): „Im Bergwerk der Sprache. Eine Geschichte des Deutschen in Episoden“ (Fachbuch)
Wer sich beruflich oder privat mit der deutschen Sprache beschäftigt, steht immer wieder vor den gleichen Problemen: Es geht um Stil, um Zeichensetzung, um Satzstruktur, um Regeln, um Normen, um Abweichungen. Das Buch „Im Bergwerk der Sprache“ geht auf einige der häufigsten Fragen ein und erklärt sie anhand historischer Entwicklungen.
Von Andrea Müller-Schmuki
Wie lassen sich Dialogwörter wie „tja“, „hm“ oder „ey“ erklären? Wie wichtig ist die Zeichensetzung für die Bedeutung eines Textes? Warum finden wir heute verschachtelte Sätze so schwer zu verstehen, während sie im Barock zum guten Stil gehörten? Was lässt einen Text alt aussehen? Und welche Bedeutung haben übliche Anredeformen wirklich? Solche Fragen stellt sich jeder, der intensiv mit der deutschen Sprache zu tun hat, wer in einem Blog schreibt, wer Belletristik liest – und besonders, wer sich im professionellen Rahmen schriftlich oder mündlich ausdrücken muss – sei es als Autor oder als Übersetzer.
Bis in die Tiefen
Insgesamt 16 Beiträge von verschiedenen Autoren sind im Buch „Im Bergwerk der Sprache“ versammelt. Dabei handelt es sich um überarbeitete Vorträge, die an einem literarischen Colloquium gehalten wurden. Die einzelnen Artikel haben sehr unterschiedliche Themen. Diese reichen von der historischen Entwicklung der Satzstruktur über Abtönungspartikel bis hin zum „Kiezdeutsch“, Deutsch in verschiedenen Regionen Europas und Dialekten. Aufgebaut ist das Buch so, dass die einzelnen Abhandlungen einen (losen) Bezug zum vorhergehenden Artikel haben. Immer wiederkehrend sind dabei Themen wie Norm und Abweichung, Slang und Standardsprache, anerkannte „gute“ Formen und verpönte „schlechte“ Varietäten, Mischsprache, Konservierung der Sprache und ganz generell: Mündlichkeit und Schriftlichkeit.
Wer also mehr über Satzstruktur in Erzähl- und Redepassagen, über direkte, indirekte und erlebte Rede, über die Gemeinsamkeiten von Jugendsprache, Gastarbeiterdeutsch und die Lagersprache der NS-Zeit erfahren möchte, dem ist mit diesem Buch geholfen. „Im Bergwerk der Sprache“ geht aber auch ein auf: Hervorhebung durch ungewöhnliche Satzstruktur, Ellipsen, Satzbruch, Perspektivenwechsel, Tempus, Modus, „richtige“ und „falsche“ Wörter, Zeichen von Mündlichkeit, Sprachmischung, Mehrsprachigkeit und vieles andere.
Fachliteratur!
Was in der Beschreibung des Klappentextes wie ein Sachbuch für den interessierten Laien klingt, ist ein Fachbuch für Germanisten und vor allem für Übersetzer. Und wenn auch einige der Artikel nicht ganz einfach zu verstehen sind, so dürfte „Im Bergwerk der Sprache“ dennoch auch für Laien interessant sein. Es geht nämlich auf einige der wichtigsten, immer wiederkehrenden Fragen ein, die im Umgang mit der deutschen Sprache aufkommen. Und für Leute, die von anderen Sprachen ins Deutsche übersetzen, ist dieses Buch ein gutes – wenn nicht gar ein unverzichtbares Hilfsmittel.
Titel: Im Bergwerk der Sprache. Eine Geschichte des Deutschen in Episoden
Herausgeber: Gabriele Leupold, Eveline Passet
Verlag: Wallstein
Seiten: 360
Richtpreis: CHF 35.40