Lauren Kate: „Das böse Spiel der Natalie Hargrove“
Einmal Prinzessin sein
Lauren Kate: „Das böse Spiel der Natalie Hargrove“ (Thriller)
Im Mittelpunkt stehen und als Schulprinzessin oder Ballkönigin von allen bewundert und beneidet zu werden – das ist der Traum vieler amerikanischer Schülerinnen. Doch ist es ein solcher Traum wert, über Leichen zu gehen?
Von Stefanie Feineis.
Natalie Hargrove ist nur noch einen Schritt von der Erfüllung ihres grössten Traums entfernt. In wenigen Tagen wird an der Palmetto Highschool im US Bundesstaat South Carolina die Wahl des Prinzenpaares stattfinden. Und dies scheint eine reine Formsache, schliesslich stehen die Sieger schon so gut wie fest: Natalie und ihr Freund Mike.
Vom Aschenputtel zur Prinzessin
Nicht immer hat es das Leben so gut mit Natalie gemeint. Aufgewachsen ist sie nämlich in einer schäbigen Wohnwagensiedlung mit einem ständig betrunkenen Vater, der zuletzt sogar im Gefängnis landete. Nur dank ihrer Mutter, die sich nach der Scheidung einen reichen Liebhaber nach dem anderen angelte, gelang den beiden schliesslich der soziale Aufstieg. Und nun ist Natalie eine der angesehensten und angesagtesten Schülerinnen an ihrer Schule und lebt im vornehmen Teil der Stadt, wo niemand das Geheimnis ihrer Vergangenheit kennt; nicht einmal ihr eigener Freund. Und die bevorstehende Wahl ist nicht der einzige Grund, weshalb dies so bleiben soll. Da passt es natürlich gar nicht, dass Natalies gerade aus dem Gefängnis entlassener Vater plötzlich Kontakt zu ihr sucht.
Gewinnen um jeden Preis
Und noch jemand gefährdet Natalies Pläne: Justin Balmer, ein Mitschüler, der wegen seiner einflussreichen Eltern ebenfalls Chancen auf den Prinzentitel hat. Verbissen sucht Natalie nach einer Strategie, die sicherstellt, dass sie ihren Erfolg auf jeden Fall mit ihrem Freund Mike teilen wird, und nicht etwa mit Justin. Auf der Party eines Freundes kommt ihr dann eine spontane Idee: mit Hilfe von Mike will sie Justins Trunkenheit ausnutzen, um ihn vor allen zu blamieren. Doch der Plan geht schief, und am Ende ist Justin tot. Plötzlich kämpft Natalie nicht mehr nur um den Titel der Highschoolprinzessin, sondern auch gegen die Ermittlungen der Polizei, und am Ende gar gegen ihre grosse Liebe.
Überraschend sympathisch
Zugegeben, neu ist diese Art von Plot nicht. Die Highschool-Intrige erinnert sehr an amerikanische Teenagerfilme und -serien. Dass das Buch sich dennoch von diesen abhebt, liegt nicht an der Handlung sondern an der Charakterisierung der Figuren. Zwar wirken einige der Nebendarsteller, zum Beispiel der unfähige und korrupte Detective oder die Masse der willenlosen Unterstufenschülerinnen durchaus wie Stereotype aus einschlägigen Filmen, aber dafür sind die Protagonisten umso komplexer geraten und zeigen ungewöhnlich viele Facetten. Und ganz gegen den eigenen Willen sympathisiert der Leser mit Natalie, der verwöhnten, arroganten und intriganten Prinzessin, die kein Gewissen und kein Mitleid zu haben scheint.
Gut, aber…
Trotzdem gibt es Kleinigkeiten, die das Lesevergnügen etwas trüben. Zuerst wäre da die Vermarktung des Buches als „Thriller“. Für diese Bezeichnung fehlt aber etwas das Gänsehaut-Feeling. Trotz der Ausrichtung auf ein jugendliches Publikum: Krimi ja, Thriller eher nein. Zum anderen ist man sich bis etwa zehn Seiten vor Schluss sicher, dass dem Verfasser des Klappentextes ein Fehler unterlaufen sein muss. Dort wird nämlich erwähnt, dass Justin Natalies Geheimnis kennt – ein durchaus relevanter Punkt – was aber bis zum Schluss nicht einmal angedeutet wird. Erst ganz am Ende erfährt man durch einen Rückblick davon. Überhaupt leidet das Buch etwas an Handlungsansätzen, die durchaus hätten spannend sein können, aber zu schnell verworfen werden. So wird auch der Konflikt zwischen Natalie und ihrem leiblichen Vater erst aufgebaut, aber dann nach einem ergebnislosen Treffen nie wieder erwähnt. Weniger wäre hier wohl manchmal mehr gewesen. Zusätzlich wirken Prolog und Epilog mit ihrem übertrieben moralisch-dramatischen Ton wie Teile aus einem ganz anderen Buch.
Trotz kleinerer Fehler und gelegentlichem Abgleiten in gängige Klischees ein interessantes Buch, das die Erwartungen an eine solche ‚Highschoolstory‘ zum Teil deutlich übertrifft und somit sowohl für Jugendliche als auch für Erwachsene durchaus lesenswert ist.
Titel: Das böse Spiel der Natalie Hargrove
Autorin: Lauren Kate
Verlag: cbt
Seiten: 285
Richtpreis: 11.90