S. Corinna Bille: „Alpenblumenlese“

Liebeserklärung an die Alpenblumen

S. Corinna Bille: „Alpenblumenlese“ (Kleine Prosa)

S. Corinna Bille liebte Blumen schon als Kind. Die Alpenblumen faszinierten die Westschweizerin besonders. Es sind die Blumen, die „erst dann keimen, wenn sie das Eis erlebt haben“. Das Buch ist eine Hommage an die einzigartige Flora der Alpen und an eine Freundin, die ihr immer wieder Blumensträusse mitgebracht hat.

Von Luzia Zollinger

alpenblumenleseEs ist, als sitze man in den Alpen auf einer Wiese. Rundherum blühen die farbigen Blumen mit einer Leuchtkraft, die es nur dort oben gibt. Dort, wo die Luft immer dünner wird und die Pflanzen ihre letzten Kräfte für ihre Pracht sammeln müssen. Fast schon atemlos schwärmt Corinna Bille von ihren Alpenblumen, die sie seit Kindheitstagen liebte und bewunderte.

Geballte Ladung an zärtlich beschriebenen Alpenblumen

Mit viel Liebe und voller Ehrfurcht vor den Kostbarkeiten beschreibt die westschweizer Schriftstellerin die einzelnen Blumen. „Und das Heidekraut! Das ganze Gebirge loderte von einem erstickenden violetten Feuer, und wenn wir mit unseren Sandalen darüberliefen, hörten wir das Knistern der Flammen.“ Oder die zärtlich beschriebene Anemone: „Aber nicht vergessen will ich die erste Anemona, die nach dem Schnee erscheint und ihm gleicht, die Frühlingsanemone; weiss, von blauviolettem Schimmer überzogen wie von einem seltsamen Adernetz.“

70 Seiten nur zu Alpenblumen sind doch langweilig, denkt sich wohl mancher. Wer aber mit Bille die Liebe zur Sprache teilt, wird restlos begeistert sein. In ihrer eigens für eine Freundin zusammengestellte Blumensammlung hält die Spannung von der ersten bis zur letzten Seite an. Nebst Blütenbeschreibungen erzählt Bille aus ihrer Kindheit und wie sie zusammen mit ihrem Bruder durch die Alpenblumenwiesen streifte. Früher, da brauchten Kinder nicht unzählige Spielzeuge, um glücklich und zufrieden zu sein. Natur und Blumen reichten aus: „Wir machten uns einen Spass daraus, mit unseren Zehen – einfach so – die unscheinbaren Blümchen zu pflücken: den orangen Pippau, den dunklen Alpensüssklee, das Sonnenröschen und das farnblättrige quirlige Läusekraut.“

Sich die Zeit für die einzigartigen Blumen nehmen

Für „Alpenblumenlese“ muss man sich Zeit nehmen. Es wäre schade, die präzisen Beschreibungen im Eiltempo zu lesen. Denn so verpasst man diese blumig schönen Details, die Bille mit ganz viel Fingerspitzengefühl notiert hat. Bille jongliert mit Wörtern wie ein Jongleur mit seinen Bällen. Ebenso würde man die von Pia Roshardt gezeichneten Illustrationen am Ende des Buches verpassen. Sie sind genau so liebevoll und zärtlich wie der vorangehende Text. Jeder Pinselstrich sitzt. Jedes Detail stimmt und lässt einen einmal mehr einfach nur staunen. Es zieht den Leser hinaus, hinauf in die Alpen und ihre einzigartige Flora, die es an keinem anderen Ort auf der Welt gibt. „Wo ist die Zeit geblieben, da ich den ganzen Tag herumstreifen konnte? Wo ist nur die Zeit geblieben, da ich mich über den Steinbrech beugte?“, fragt sich Bille. Ja, wo ist die Zeit nur. Heute haben wir für nichts mehr Zeit. Alles muss immer schnell gehen. Ein Problem unserer Gesellschaft. Aber wir sollten uns die Zeit wieder nehmen. Wer weiss, wie lange diese Blumenpracht noch besteht. Die Pracht von „Zwergschafgarbe, Alpenmargerite, Gämswurz, Klee, Zwergprimel, rosa Hungerblümchen, Hornkraut und orangem Greiskraut“ und noch vielen farbenprächtigen Blumen mehr, die es zu entdecken gibt.


Titel: Alpenblumenlese
Autorin: S. Corinna Bille
Übersetzerin: Hilde Fieguth
Verlag: Rotpunktverlag
Seiten: 70
Richtpreis: CHF 24.00

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