Metal Gear Rising: Revengeance (Platinum Games)

What’s all this Cyberpunk about?

Metal Gear Rising: Revengeance (Platinum Games)

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Eben noch als die „pussy in MGS2“ verschrien, macht Elektro-Boy Raiden nun in Metal Gear Rising: Revengeance keine Gefangenen. Abgesehen davon, dass er Mann wie Melone in kleine, kleinere und kleinste Teile schneidet, verstehe ich ihn als soziokulturelles Phänomen nicht. Was ist er? Was macht er? Warum wirft er mich auf mich zurück?

Von Rudolf Inderst.

Atmet Ihr schwer? Er sitzt also auch auf Eurem MGS-Buckel. Der Geist der Postmoderne. P-o-s-t-m-o-d—-… er wiegt so schwer, dass Ihr Euch nicht konzentrieren könnt. Intertex. Ist das wie…Tele…text? –tualität. So endet auch Spiri…-. Und wenn dieser Textgehalt als Einstieg etwas sperrig daherkommt, verlange ich, dass Ihr noch einmal die letzten 40 Minuten von Metal Gear Solid 2: Sons of Liberty spielt. Oder die Cut Scenes von Metal Gear Solid 4: Guns of the Patriots anseht. In beliebiger Reihenfolge. Sogar rückwärts sei erlaubt. Mittwoch gibt es Eis. Nehmt es ernst. Dann nimmt es Euch. Ernst.

Cyberwelsch

Publisher Konami fasst zusammen: „In der nahen Zukunft wird die Cyborg-Technologie immer mehr als normal in der Gesellschaft angesehen. Drei Jahre sind vergangenen, seit dem Zusammenbruch des Patriots-System und dennoch scheint der Frieden nicht wirklich zurückgekehrt ist. Die Verbreitung von Cyborg-Technologie löst Konflikte und Instabilität zwischen denen aus, die die Technolgie nutzen und denen, den sie verwehrt bleibt. Zudem sind große PMCs (Privat Military Company), die von den Patriots kontrolliert und unterstützt wurden, zusammengebrochen und streben nun nach größeren und skrupellosen kriminellen Organisationen. Diese abtrünningen PMCs wenden Cyborg-Technologie an, um ihren Willen und ihre Macht durchzusetzen. Als Mitglied der friedensstiftenden PMC „Maverick Security“, strebt Raiden nach Frieden und schützt und rettet Leben. Nachdem sich die Welt jedoch erneut in einen Kriegsschauplatz verwandelt, führt kein Weg daran vorbei, dass Raiden seine Ideologie ändert und sich dem Gegner stellt.“

Konami hält die vielen Hände auf - die Kunden zahlen und spielen

Raiden muss seine Ideologie ändern. „Abtrünninge“ (!) wenden Cyborg-Technologie an. „Drei Jahre sind vergangenen, seit dem Zusammenbruch des Patriots-System und dennoch scheint der Frieden nicht wirklich zurückgekehrt ist.“ Ja, „dennoch scheint der Frieden nicht wirklich zurückgekehrt ist.“ Raffiniert. Ist das schon Teil des Spiels? Ist es ein Rätsel? Eine Prophezeiung? Ich presse mich an die Grammatik-Wand. Durch Klopfen locke ich Wächter an. Es ist niemand da. Keiner reagiert auf die Schreie der Geknechteten. Kein Warface ist grimmiger. Kein Call of Duty, der beantwortet werden möchte. Pong! Es regnet Asteroids. Auf Wonderboys. Ideologien dienen zur Begründung und Rechtfertigung politischen Handelns. Raiden, Raiden, Raiden! Politisches Handeln war nie so wirr. Cyber Dir einen!

Cyberhound trifft Cyberfunk

Da gibt es einen Hund im Spiel. Ich mutmaße zumindest, dass das Wesen einem Hund nachempfunden sein soll. Eine absurd-bürgerliche Vorstellung. Eine Robo-Mannequin und ein Köter aus Blech. B5 Aktuell meldet, dass Seehofer „bei der Homo-Ehe auf die Bremse“ trete. Was würde er zu dieser Verbindung sagen. Gefiele sie dem Bayerischen Primus inter pares? Raiden wäre ja eher ein „primum“. Und Hunde sind keine Primaten. Ich schreibe auch gerade über einen Hund. Das ist kein Scherz. Ich hatte einen klassischen, streichen wir „klassischen“, Roman im Kopf. Über die Freundschaft zwischen Mann und Hund. Der Hund heißt Alfred. Er kann sprechen und ist 1,80m groß. Sein Benehmen erinnert an die Vorstellung eines britischen Aristokraten. Vorstellung. Sowieso ein schönes Thema. Mitternachtsvorstellungen z.B. In amerikanischen Filmen gehen manchmal Menschen mitten in der Nacht ins Kino. Danach hängen sie müde in triple-ranzigen Diners/Dinern ab. Ziemlich cool.

In der Perspektive liegt die Kraft
In der Perspektive liegt die Kraft

Welche Vorstellung habt Ihr von Cyberpunk? Seht Ihr ihn etwa auch als „Inszenierung (medien)technologischer Diskurse des elektronischen bzw. digitalen Zeitalters“? Als „Fiktionalisierung medientheoretischer Konzepte der postmodernen Theoriebildung“? Dann steht Ihr auf der Seite von Jiré Emine Gözen. Die Zitate stammen aus ihrem fantastischen Werk „Cyberpunk. Science Fiction. Literarische Fiktionen und Medientheorie“.  Die, die es wieder nicht abwarten können, springen auf Seite 205. Dort findet Ihr das Kapital „Inhalte, Thematiken, Ontologie – eine Zusammenfassung“. Das hätten die unzähligen Besprecher von Metal Gear Rising: Revengeance lesen sollen. Cyberpunk hat es nicht verdient, eine Buzzword-Hülle in mittelprächtigen Rezensionen zu werden, dort zu verhungern oder in der Hitze des Durchlaufverkehrs („DIE NÄCHSTE REVIEW!“) zu verwesen und so als dampfender Brei auf dem Küchenboden zu enden. Poor Raiden. Poor Cyberhund. Sitz. Platz. Aus.


Veröffentlichungsdatum: Bereits erschienen

Originaltitel: Metal Gear Rising: Revengeance
Plattformen: Xbox 360, Playstation 3
Genre: Action-Adventure
Entwickler: Platinum Games
Veröffentlicht von: Konami

Rudolf Inderst

*1978 in München. Lebte in Kopenhagen und verliebte sich. Doppelt promoviert, übernimmt er Verantwortung als Ressortleiter für digitale Spiele hier bei nahaufnahmen.ch. Liebt Stanislaw Lem, Hörspiele und Podcasts. Spielt Videospiele seit etwa 40 Jahren. Lehrt als Professor für Game Design mit dem Schwerpunkt Game Studies / Spielanalyse / Game Business an der IU und krault sich gerne seinen Bart.

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