Far Cry 3: Blood Dragon (Ubisoft Montreal / Ubisoft)
Kalkulierter Trash
Far Cry 3: Blood Dragon (Ubisoft Montreal / Ubisoft)
2013: Videospiele, SpielerInnen, Publisher – alle wollen sie ernst genommen werden. Comichafte und schrille Hauptcharaktere und knallbunte Grafikstile sind nach und nach aus der Mode gekommen. Die Branche will mehr und mehr aus den Kinderzimmern entfliehen, will „echter“ sein, Gefühle und Emotionen vermitteln, behandelt Themen wie Feminismus und Rassismus. Und dann ist da Far Cry 3: Blood Dragon. NORMAN VOLKMANN reiste in die Vergangenheit und dann wieder in die Zukunft – bis ins Jahr 2007.
Vor knapp zwei Jahren konnten SpielerInnen als Duke Nukem mit Scheiße rumwerfen, Frauen im Schulmädchenoutfit beglücken und nebenbei Ärsche (sofern vorhanden) von Aliens versohlen. Ein Trip zurück in die gute alte Shooterzeit sollte es werden, zurück in die Neunziger, als man sich noch nicht hinter Deckung verstecken musste und die Helden noch echte Männer (!) waren. Dass das gehörig schief ging, wissen wir mittlerweile. Was also macht Blood Dragon nun zum Liebling der Spielepresse?
“There’s something in your throat… Me!”
Ganz klar: Ubisoft hat ein Händchen dafür Spiele grandios zu vermarkten. Bei Far Cry 3 schuf man einen riesigen Hype um den Bösewicht Vaas Montenegro, der den Hauptcharakter komplett in den Schatten stellte. Auch bei Blood Dragon weckte man die Neugier der Spieler und Presse mit ungewöhnlichen Trailern. Trashig sollte es werden, trashig sah es aus und auf einmal wollte jeder Trash. 80er-Jahre-Action, ganz nach dem Vorbild von Terminator, Predator, Robocop und so weiter. Das ganze passiert jedoch nicht ganz so plump wie man es vielleicht anfangs vermuten mag. Überall findet man kleine und größere Anspielungen auf alte Helden, Videospiele und andere popkulturelle Phänomene.
So verschieden Far Cry 3 und Blood Dragon thematisch auch sind, ihre spielerischen Parallelen sind genauso offensichtlich wie ihre Unterschiede. Tatsächlich funktioniert Blood Dragon am wenigsten, wenn es so sein zu versucht, wie der große Bruder. Jagen, Gegenstände sammeln und Festungen einnehmen ist nicht halb so spaßig wie in Far Cry 3 – dazu ist Blood Dragon zu düster, die Umgebung viel zu gleichbleibend, um auf Entdeckungsreise gehen zu wollen. Die Stärke des Titels ist die Handlung, die durchgeknallter und absurder nicht sein könnte.
“I Need Your Clothes, Your Boots, And Your Motorcycle”
Rex “Power” Colt, Kriegsveteran, starb im zweiten Vietnamkrieg und wurde als Cyborg-Supersoldat wieder zum Leben erweckt. In der fernen Zukunft im Jahr 2007 ist das Normalität. Zu keinem Zeitpunkt nehmen sich Spiel oder Charaktere ernst, 8Bit-Cutscenes und wandelnde Klischees wohin man nur schaut. Das hier ist ein Videospiel-Videospiel. Die Ladebildschirme geben wertvolle Tipps: „Enemies can knock you over. They’re dicks like that“ , das Tutorial macht sich über Tutorials lustig, Colt hat keine Lust auf Sammelquests („Hope I don’t have to collect any fucking feathers“). Witzig, ohne Frage – auch Anspielungen auf eigene Spiele lassen sie sich nicht nehmen. Das Problem dabei: Blood Dragon bleibt im Endeffekt genau das: ein typisches Shooter-Klischee. Alles ist abgedrehter, alles ist ironisch, aber letztendlich dann doch wie immer.
Dennoch gibt es eine Menge Highlights und, für DLC – Standalone hin oder her – sehr viel Spiel für wenig Geld. Dialoge, Missionen (Schildkröten!) und Anspielungen treffen immer genau ins Schwarze, selbst wenn manche übernommene Mechaniken etwas fehl am Platz wirken. Blood Dragon ist ein DLC, an den man sich erinnern wird. Mir zumindest gehen so viele Sachen nicht aus dem Kopf. Trainingssequenzen, in denen Rex seinen Abzugsfinger trainiert, Echsen, die leuchten und Laser aus ihren Augen schießen, Scharfschützengewehre mit explodierenden Kugeln, per Knopfdruck Gegnern den Mittelfinger zeigen – all das vergisst man eben nicht so schnell.
Bereits erschienen
Originaltitel: Far Cry 3: Blood Dragon
Plattformen: Microsoft Windows, Playstation 3, Xbox 360
Genre: Shooter
Entwickler: Ubisoft Montreal
Veröffentlicht von: Ubisoft
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