Sünden. Nichts als Sünden!
Ungespielte Perlen.
Wenn der Geist unberührter Software AutorInnen verfolgt
Es ist an der Zeit, einen Blick in die echten und virtuellen Wohnzimmer unserer Game-AutorInnen zu wagen. Kurz vor der Einführung neuer Hardware tummeln sich viele Titel, die vom Spieler vergessen wurden in der langen, langen Dauer, die die aktuelle Konsolen-Generation schon neben TVs durchhält. Vergessen! Obwohl sich doch wahre Schätze darunter befinden. Unabhängig von Konsolen ist dieses Schicksal auch eines, das Computernutzer ereilen kann, wie unsere kleine Auflistung zeigt.
Gänzlich ungespielt sind fast keine meiner (Konsolen-)Spiele. Die meisten Titel, die ich in meiner Sammlung habe, und die ich im Folgenden als noch „ungespielt“ einstufe, wurden meistens maximal eine Stunde angespielt, wohl wissend, dass ich nicht direkt weiter spielen kann – aus welchen Gründen auch immer. Eine Beschränkung auf drei Titel ist schwer – der Stapel wird nämlich über die Zeit auch nicht kleiner. Über meine Steamliste lege ich daher auch den Mantel des Schweigens und beschränke mich auf Xbox-360-Titel.
Mass Effect 3: Im Sommer letzten Jahres gekauft und knappe anderthalb Stunden gespielt, fristet Mass Effect 3 seitdem ein trauriges Dasein im Fernsehschrank. Mass Effect 2 war ein grandioses Spiel, die Serie war für mich allerdings nie das non plus ultra, wie für so manch andere SpielerInnen. Auf Teil 3 war ich trotzdem unheimlich gespannt, natürlich auch wegen seines Endes. Warum ich aufgehört hatte zu spielen, kann ich gar nicht mehr sagen – ich kann mich jedenfalls daran erinnern, dass mir mein gestaltetes Shepard-Gesicht gar nicht gefiel. Vielleicht ein Grund.
Bioshock: Nachdem ich vor kurzem Bioshock Infinite beendet habe und absolut begeistert war, tut das hier besonders weh. Im letzten Jahr eine halbe Stunde angespielt und wegen der, für einen Shooter, recht unpräzisen Steuerung erst mal weggelegt und dann leider nie mehr wieder angefasst. Ich hatte ähnliche Befürchtungen bei Infinite, dem ich allerdings vieler schneller erlegen war.
Metal Gear Solid HD Collection (Metal Gear Solid II & III): Die HD-Collection gab es vor kurzem heruntergesetzt auf dem Xbox-Marktplatz und beides sind Spiele, die ich schon immer nachholen wollte. Metal Gear Solid für die erste Playstation war so wegweisend und prägend für mich als Spieler, dass ich gerne wieder in das Universum eintauchen wollte. Schade ist lediglich, dass es Teil eins nicht mit in die Kollektion geschafft hat. Hätte das aber dazu geführt, dass ich dann mit den Spielen angefangen hätte? Wahrscheinlich nicht.
Ich habe das Gefühl, dass die Vorfreude auf Spiele, die Vorstellung, was man dort wie machen kann, viel aufregender ist, als das Spielen selbst. Zumindest anfangs. Ein Tutorial, ein langsames Heranführen ist oftmals der beste Einstieg für Spiele, manchmal aber auch einfach eine Bremse. Andere Spiele brauchen Stunden um ihre wahre Faszination zu entfalten, trotz massenhafter gescripteter Explosionen und umwerfender optischer Höhepunkte (looking at you, Mass Effect 3), die direkt packen sollen. Und: lange Spiele sind eben immer auch eine Investition. Ich weiß genau, dass ich für Mass Effect 3 verdammt viele Stunden investieren müsste – ich will so viel wie möglich sehen – dafür muss ich aber in der richtigen Stimmung sein und die war bisher (noch) nicht da). Irgendwann aber, irgendwann!
Ich bin ein endliches Wesen und noch dazu ein schlechter Mensch. Denn Spec Ops: The Line, The Walking Dead und Wings of Prey in meiner Steambiblothek sind nur die prominesten Leichen im Keller meiner langen und unerbittlich länger werdenden Spiel-ich-irgendwann-Liste. Meine Herzen im digitalen Dielenboden rufen bei jedem Klick auf Steam:
„Spiel mich, ich bin der erste wahre Anti-Kriegs-Shooter“, „Nein! Spiel mich, ich biete dir emotionale Entscheidungen UND ZOMBIES!“, „Vergiss die beiden, dein Thrustmaster 1600m setzt Staub an, lass uns Dogfights machen, like it’s 1942 Baby!“. Und ich? Ich lasse sie weiter in ihrem Nichtsein schmoren, denn ich bin ein schlechter Mensch und ein endliches Wesen.
Mass Effect – alle drei Teile auch noch!
Noch verpackt und jungfräulich: The Darkness 2, Yakuza 4 und Bayonetta. Weiter als aus der Tasche ins Regal haben sie es bisher leider nicht geschafft. Gerade weil ich mich aktuell viel lieber um die Vielfältigkeit des Indie-Markts kümmere, bleiben diese drei Kandidaten wohl auch noch eine Weile in diesem Zustand. Irgendwann werde sie aber sicherlich ihren Weg in meine PS3 finden. All in good time.
Daniel Appel
Mein Kreuz sind insbesondere Gears of War 2 und Skyrim. Ersteres wurde seinerzeit unglaublich gehypet und als Must-have angepriesen. Nachdem ich den ersten Teil aber äußerst ernüchternd fand („Joa, ganz nett – aber wann fängt der spannende Part endlich an?“) habe ich Teil 2 in den hintersten Winkel des Regal gestopft, in der Hoffnung, dass ich mich eines Tages mit einem Coop-willigen Partner darauf stürze. Sowohl der Tag, als auch der Partner kamen nie. Bei Skyrim liegt der Fall ganz ähnlich:
Hundert Stunden und mehr habe ich in Oblivion, Morrowind &Co zugebracht. Skyrim wollte ich erst anfangen, wenn zumindest mal dreißig bis fünfzig Stunden Freizeit ins Blickfeld rücken – also vermutlich nie.
Welches Spiel liegt als ‚Schandfleck‘ bei Euch zuhause noch eingepackt und ungespielt herum?“ fragt Rudolf Inderst in vollem Ernst und verrät damit sein greises Alter nicht deutlicher, als wenn gefragt hätte: „Haben Sie auch schon den Namen des jungen Herrn Kohl auf dem Wahlzettel angekreuzt?“ Zu seiner Verteidigung muss man sagen, dass er vielleicht nicht wirklich alt, sondern nur etwas zurückgeblieben ist.
Die Ära der „eingepackten Spiels“ ist schließlich noch kein absolutes Relikt, sondern lediglich das aussterbende Resultat eines Konservatismus seitens von Konsolenherstellern und -liebhabern. Bei mir steht tatsächlich fast keine Klarsichtfolie im Regal – dafür grüßt ein Steam-Konto mit knapp 150 Spielen, von denen mehr als ein Drittel noch nie installiert wurden. (Von den Früchten anderer Download-Anbieter ganz zu schweigen.) Mitnichten alles sind Kollateralschäden von Bündel-Einkäufen und Fast-Gratis-Titel; auch hochbudgetierte Titel wie Fall Out: New Vegas, Mass Effect 2, Far Cry 2, Deux Ex: Human Revolution oder GTA IV fläzen sich teils seit Jahren unangetastet in der digitalen Wolke dahin.
Bedauere ich es, diese Spiele (zugebenermaßen selten zum Vollpreis) erstanden zu haben? Keineswegs. Ich halte mich da eher mit einer Anekdote, die über irgendeinen schöngeistigen Franzosen – vermutlich war es Voltaire – berichtet wird: Ein Besucher soll angesichts der endlosen Regale in seiner Bibliothek ausgerufen haben: „So viele Bücher! Und die haben Sie alle gelesen?“ Worauf der Gastgeber erwiderte: „Nicht einmal ein Drittel. Aber stellen Sie Wein in Ihren Keller, um ihn im selben Tag zu saufen?“
Ich denke nicht, dass je ein Besucher mein virtuelles Game-Regal bewundern wird. Aber ich finde den Gedanken dennoch schön, all diese Spiele greifbar zu haben, für diesen einen Moment, der für sie genau der richtige ist. Vielleicht wird er kommen. Vielleicht nicht. Ich werde mich jedenfalls nie darüber beklagen, für ihn gewappnet zu sein.
PS: Um doch noch eine direktere Antwort zu geben: Die letzten Spiele, die ich tatsächlich gekauft und ungespielt ins Regal gestellt habe, waren Chulip, Spartan: Total Warrior und Breath of Fire: Dragon Quarter, dem umtriebigen Tim Rogers sei Dank. In Zellophan eingepackt waren diese aber naturgemäß schon seit Jahren nicht mehr.
Ich habe einige Zeit vor meinem Regal zugebracht. Da stehen natürlich einige ungespielte Titel, da ich schlichtweg nicht die Zeit habe, sie anzugehen. Schließlich konkurrieren sie als Medien mit den Freunden im anderen Regal (Bücher) und dem dritten (Filme). Und erst diese vielen Podcasts und Audiobooks! FWP! Und all die Schätze, die virtuell verstreut herumliegen. Genug! Des! Leidens!
Ein Spiel soll es sein. Eines! Es steht für die Ur-Sünde. Die Ursünde der Versäumnis. Ich wähle: GTA IV. Nicht wenige SpielerInnen werden es als generationsdefinierende Spiel sehen (wenn Teil 5 ihnen nicht einen Strich durch die Rechnung macht!), und auch ich erwarb es am ersten Verkaufstag. Und seither änderte sich nichts an seinem Regalstatus. Einmal mit umgezogen ist es bereits. Eine Schande.
Sebastian Geiger
Persona 4: Eines der besten JRPGs, die es gibt, und schon der Vorgänger Persona 3 hat mir viele schlaflose Nächte beschert. Also habe ich mir das Spiel (die Version mit Soundtrack) am ersten Tag gleich gekauft – und seitdem steht es in meinem Zu-spieeln-Haufen ganz oben. Ich warte eigentlich nur noch auf den Tag, an dem ich endlich genügend Muse habe, mich diesem Spiel ganz widmen zu können. Na ja, vielleicht wenn die PS4 rauskommt.
Starcraft II: Noch eine Fortsetzung eines Spiels, das ich mit Begeisterung gespielt habe — und wieder ist mir die böse Realität dazwischen gekommen. Eigentlich freue ich mich seitdem ich es habe auf Icelevel, die neuen Einheiten und ein Wiedersehen mit Jim Raynor. Jetzt ist schon Heart of the Swarm draußen und ich habe nicht einmal die erste Mission angefangen.
Little Big Planet: Eine etwas kuriose Geschichte. Wir hatten das Spiel für eine Rezension angefordert, um die sich der Redaktionsvolontär gekümmert hat. Da er das Spiel aber schon hatte, ist es in meinen Besitz übergegangen – wo es seitdem darauf wartet, angespielt zu werden. Allerdings muss ich mich erst durch den ganzen Resthaufen der noch zu spielenden Spiele kämpfen – allen voran Persona 4.
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