David Osborn: „Tödliches Experiment“

Der Preis des Weiterlebens

David Osborn: „Tödliches Experiment“ (Thriller)

Ein todkranker Patient. Die Ärzte haben ihn aufgegeben, sein Leben nähert sich dem qualvollen Ende. Doch da erscheint auf einmal ein fremdes Ärztepaar mit einem verführerischen Angebot: weiterleben, für mehrere Jahre, ganz ohne Schmerzen und Krankheit, im Dienste der Wissenschaft.

Von Stefanie Feineis.

tödlichesexperimentNatürlich hat ein solches Angebot seinen Preis. Wie dem Patienten erklärt wird, könne er seine Familie nie wiedersehen. Seinen Angehörigen werde erklärt, er sei verstorben. Doch für jemanden, der bereits dem Tod ins Auge sieht, ist das kein grosser Schritt… vor allem, da er die ganze Tragweite seiner Entscheidung noch gar nicht kennt.

Ein grosser Verlust

Auch die Neurobiologin Susan McCullough hat kürzlich ihren Ehemann John durch einen Autounfall verloren. Da erscheint es wie ein Segen, dass Michael Burgess, ein ehemaliger Kollege ihres Mannes, ihr in dieser schweren Zeit beisteht. Und kurz darauf macht er ihr dann auch noch ein ausgezeichnetes Angebot: einen Arbeitsplatz in einer anerkannten Stiftung, wo Susan die Hirnforschungen ihres verstorbenen Mannes weiterführen könnte. Susan sagt zu, nicht nur wegen der Forschung, sondern vor allem wegen Michael, mit dem sie inzwischen eine Affäre begonnen hat. Doch schon bald kommen ihr Zweifel. War Michaels Angebot wirklich selbstlos? Warum lässt man sie nicht direkt mit den Probanden arbeiten, deren Gehirnleistung sie doch erforscht? Und wie kommt eine unveröffentlichte Arbeit ihres verstorbenen Mannes in den Zentralcomputer der Stiftung?

Eine folgenschwere Entdeckung

Schliesslich entwendet Susan den Ausweis einer Kollegin und verschafft sich Zutritt zum Aufenthaltsort der Probanden. Und was sie da entdeckt, ist nicht nur schockierend, sondern auch äusserst gefährlich für sie. Wem kann sie jetzt noch trauen? Dem anfangs so charmanten Michael Burgess, der ihr so viel verschwiegen hat? Katherine Blair, der ehrgeizigen, aber eiskalten Frau an seiner Seite? Oder vielleicht Al Luczynski, dem Anästhesisten, der selbst noch eine Rechnung mit dem Institut offen hat? Osborn geht in seinem Roman sehr weit. Dennoch könnte man ihm gelegentlich vorwerfen, er gehe nicht weit genug, da dem Leser nach einem kurzen Schock das Ganze doch recht ‚fremd‘ und unrealistisch erscheint. Überraschend realistisch ist dagegen für einmal der Hintergrund der Experimente: Es geht nicht darum, zahlreiche Leben zu retten – ein Argument, das nur allzuhäufig zur Rechtfertigung benutzt wird – sondern um die bessere Position im internationalen Wettrüsten und um persönlichen Ruhm.

Ein heikles Thema

Das Thema ist in der heutigen Zeit sicher gut gewählt. Trotzdem hat das Buch auch einige Schwachstellen, die hautsächlich in der Inkonsequenz der Erzählweise liegen. So gibt der Autor nur sehr vage Informationen zum Hintergrund der zentralen Experimente und der Hirnforschungen, schildert aber zum Beispiel eine durchgeführte Operation in allen Schritten und Details, was medizinisch Uninteressierte leicht langweilt oder überfordert. Auch eine der Nebenfiguren, die zu Beginn offensichtlich als möglicher Helfer und „Wissenschaftler mit Skrupel“ aufgebaut wurde, handelt gegen Schluss auf einmal überraschend selbstsüchtig und gefühlskalt. Gerade der Schluss ist etwas enttäuschend, da er zwar kurz schockiert, aber bei weitem nicht so polarisiert, wie das in der Beschreibung des Buches angekündigt wurde. Zudem ist das Ende auch ziemlich abrupt und lässt viele Fragen offen, was aber wahrscheinlich vom Autor so beabsichtigt war.

Trotz kleiner Mängel in der Erzählkonsistenz ein sehr spannendes Buch zu einem aktuellen Thema, das durchaus zum Nachdenken anregt.


Titel: Tödliches Experiment
Autor: David Osborn
Verlag: Pendragon
Seiten: 304
Richtpreis: 16.40 CHF

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