Teenage Mutant Ninja Turtles: Out of the Shadows (Red Fly Studios / Activision)
Lahme Kröte
Teenage Mutant Ninja Turtles: Out of the Shadows (Activision)
Ach, die Turtles. Wie ich die vier Schildkröten als Kind verehrte und als 5-jähriger im Autokino ein paar Tränchen verdrückte, als Michelangelo in Teenage Mutant Ninja Turtles III nicht mit seinen Brüdern in die Gegenwart zurückkehren wollte. Ein Drama sondergleichen! Letzteres ist auch Teenage Mutant Ninja Turtles – Out Of The Shadows: NORMAN VOLKMANN ist 20 Jahre später wieder den Tränen nah.
Ich möchte gar nicht lange um den heißen Brei reden: Teenage Mutant Ninja Turtles – Out Of The Shadows ist kein gutes Spiel. Das Phänomen ist bekannt und wiederholt sich zu oft: Naiv freute ich mich auf ein neuen Ableger um die mutierten Schildkröten, als Activision den Titel im Frühjahr ankündigte. Nach dem letztjährigen The Amazing Spider-Man und Deadpool in in diesem Jahr hätte ich zumindest einen soliden Brawler erwartet. Kleinere und größere Probleme hier und da nehme ich gerne hin, so lange es irgendetwas Spannendes oder gar Charmantes gibt. Eine kleine, neue Idee oder zumindest ein geschickter und gut umgesetzter Ideenklau von einem erfolgreichen Triple-A-Titel hätten vielleicht etwas gerettet. Geklaut wurde selbstverständlich. Die Kampftechniken, die man aus Rocksteadys Arkham-Teilen übernehmen wollte, sind deutlich erkennbar, nur viel schlechter umgesetzt. Gefangen in Animationen ist genaues Blocken nahazu unmöglich, ebenso wie schnelles hin- und herspringen zwischen den Gegnern. Außerdem hat Batman das Glück, dass ihm nicht noch drei stupide KI-Kröten hartnäckig im Weg stehen oder drei Stockwerke tiefer einen einsamen Gegner bekämpfen. Selbst die Gegnerwellen werden schlimm gestückelt ausgelöst. Immer wieder ist nicht klar, ob das aktuelle Gefecht vorbei ist, oder ob irgendwo ein unglücklicher Foot Soldier an einem Hindernis hängenblieb.
Erwartung & Enttäuschung
Meine Hoffnungen auf ein gutes Turtles-Spiel ruhten hauptsächlich auf der aktuellen (und tollen) animierten Serie, die in diesem Jahr auf Nickelodeon anlief. Daher setzte ich auf knallbunte Action, witzige Sprüche — all das wofür die Turtles im Grunde seit Jahrzehnten stehen. Der etwas erwachsenere Ansatz von OOTS ließ zunächst andere Hoffnungen aufkeimen. Vielleicht doch ein düsterer Reboot? Die dunklen Gassen und eine heruntergekommende Kulisse sprachen durchaus dafür. 20 Minuten später dämmerte mir, dass das wohl eher daran lag, dass man einfach Problemzonen verstecken wollte, denn an allen Enden schreit dieses Spiel förmlich nach mehr Entwicklungszeit. Wenn sogar die Panzertexturen der Turtles noch mehrere Sekunden laden müssen, scheint doch einiges im Argen gelegen zu haben. Die Umgebungen sind langweilig und generisch, doch das ist am Ende nur die Spitze des Eisbergs. Unsichtbare Wände, keine freies Springen und kaum nachvollziehbares Leveldesign sind neben der ungelenken Kamera und der hakeligen Kampfmechanik die Hauptkritikpunkte. Selbst die Comic-Zwischensequenzen wirken gehetzt und keineswegs angemessen für eine Comicadaption.
Der umfangereiche Talentbaum ist zwar ein kleiner Lichtblick und ein netter Ansatz, scheitert aber schnell an tatsächlicher Umsetzbarkeit. Während der unverschämt kurzen Kampagne kann man nicht annähernd genügende Talentpunkte sammeln, um die vier Heldenschildkröten aufzuleveln. Zumal die Upgrades kaum Auswirkungen auf das Spiel zu haben scheinen. Sobald unzählige Gegner auf dem Bildschirm sind, reicht Button-Mashing und eine Kampfrolle hier und da völlig aus. Verschiedene Gegnertypen müssen kaum mit verschiedenen Strategien besiegt werden. Immerhin spielen sich die vier Turtles unterschiedlich, haben verschiedene Gesundheits- und Schnelligkeitswerte sowie Spezialeigenschaften. Viel zu kurz dagegen kamen mir die Persönlichkeiten der Helden. Hier und da werden Sprüche gerissen, die man allerdings nur zu hören bekommt, wenn die Lautstärke des fürchterlichen Soundtracks runtergedreht wurde. Der dudelt auch im Pausenmenü beharrlich weiter; vermutlich mit dem Ziel, den Spieler so schnell wie möglich um seinen Verstand zu bringen.
TMNT: OOTS hätte vielleicht ein gutes Spiel werden können, allerdings wäre es dann erst Ende des Jahres erschienen. Die Ansätze sind nett, die Umsetzung und die technische Verfassung gerade für einen Titel des Summers of Arcade ein schlechter Witz. Also wieder ein Schuss in den Ofen, eine weiterer Titel, der sich zum restlichen unfertigen und langweiligen Lizenzmüll gesellen kann. Und eine weitere Enttäuschung für jeden, der mit den Turtles aufwuchs. Ich spiele erst wieder ein Turtles-Spiel, wenn jemand Platinum Games darauf ansetzt. Bitte.
Bereits erschienen.
Originaltitel: Teenage Mutant Ninja Turtles
Plattformen: Xbox 360
Genre: Action
Entwickler: Red Fly Studios
Veröffentlicht von: Activision
Ich dachte ja irgendwann mal, ich sei aus dem Turtles-Alter raus. Bis ich mich dieses Jahr dabei ertappt, wie ich mit viel Verwirrung, aber nicht ohne Vergnügen, „Turtles Forever“ auf Youtube geschaut habe, in dem die verschiedenen Reinkarnationen der Franchise eine Art Inzest-Crossover betreiben. (Teenage Mutant META Turtles, quasi.)
Und gerade eben schlägt mein 12-jähriges Ich Ninja-Purzelbäume beim Gedanken an ein Turtles-Spiel von Platinum. BITTE INDEED.
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Sehr guter Review! Echt bedauerlich, dass nicht langsam wieder ein gutes Turtles-Spiel das Licht der Spielewelt erblickt. Zumal das doch echt nicht so schwer sein kann- die Filme, die Serien und die alten Spiele geben einem Entwickler doch ausreichend verwertbaren Input. Dass es tatsächlich noch so schlechte Umsetzungen in Spielen gibt (mit langen Ladezeiten, ruckeliger Grafik, matschigen Texturen und ätzendem Sound) überrascht mich immer wieder.
Aber naja, Donatello wins.
Deine MrsKeroro