Stef Penney: „Was mit Rose geschah“

Einem dunklen Geheimnis auf der Spur

Stef Penney: „Was mit Rose geschah“ (Roman)

Roma, Fahrende, Zigeuner – Worte, die bei manchen Menschen romantische Vorstellungen von zügelloser Leidenschaft, Abenteuern und freiem, ungebundenem Leben auslösen, bei anderen Abscheu und Verachtung. In genau diesem Milieu spielt Stef Penneys neuester Roman, der neben düsterer Spannung auch interessante Einblicke in das Leben einer oft ignorierten Minderheit bietet.

Von Stella Feineis.

wasmitrosegeschahFür Privatdetektiv Ray Lovell ist es kein Fall wie jeder andere. Zum einen ist sein neuer Auftraggeber wie auch dessen Tochter, die Ray suchen soll, Mitglied einer Roma-Familie, zum anderen hat der Detektiv immer noch mit den Folgen seines letzten Falles zu kämpfen, bei dem er ein junges Mädchen zwar erfolgreich zu ihren Eltern zurückbrachte, aber sich genau damit auch an ihrem Tod schuldig machte.

Einer von uns

Dass der Roma Leon Wood ausgerechnet Ray mit der Suche nach seiner verschwundenen Tochter beauftragt, kommt nicht von ungefähr. Obwohl Rays Vater eine Engländerin geheiratet und danach sogar sesshaft wurde, um als Briefträger sein Geld zu verdienen, und Ray keinerlei persönliche Erfahrung mit dem Leben als Fahrender hat, besitzt er dennoch das „schwarze Blut“ und den richtigen Namen. Zwei Tatsachen, die ihm bei seinen Ermittlungen nicht unerheblich helfen sollen, gerade wenn es darum geht, den Zugang zu den ansonsten recht verschlossenen Roma zu finden, den einzigen potentiellen Zeugen. Trotzdem erweist sich der Fall als sehr undurchsichtig.

Wie vom Erdboden verschluckt

Leons Tochter Rose heiratete vor sechs Jahren Ivo Janko, und zog danach zu dessen Familie, die noch nach traditioneller Roma-Art mit dem Wohnwagen herumreist. Seitdem hat weder Leon noch eine von ihren Schwestern je wieder von ihr gehört. Die Familie Janko behauptet, dass Rose wenige Monate nach der Hochzeit, kurz nach der Geburt ihres Sohnes mit einem anderen Mann durchgebrannt sei. Grund dafür sei die Diagnose einer mysteriösen Krankheit bei ihrem Kind gewesen. Diese Krankheit befällt die Männer der Familie Janko schon seit Generationen und forderte bereits Todesopfer, weshalb man in Roma-Kreisen auch von einem Fluch spricht, der auf der Familie lastet. Doch ist dies wirklich der Grund für Roses Verschwinden? Welche Mutter würde ihr krankes Kind einfach so im Stich lassen? Und wieso interessiert sich niemand in der Familie Janko für Rays Ermittlungen, ausser dem 14jährigen JJ?

Nicht (ganz) vorhersehbar

Im Vergleich zum englischen Originaltitel („The Invisible Ones“ – Die Unsichtbaren) ist der Titel der deutschen Ausgabe nicht ganz passend gewählt, da die Antwort auf die Frage, was mit Rose geschah, nicht der wirkliche Mittelpunkt der Geschichte ist, sondern eher der Aufhänger. So weiss man bereits nach etwa zwei Dritteln des Buches mit Sicherheit, was aus Rose geworden ist; dies tut jedoch der Spannung keinen Abbruch. Längst geht es nicht mehr um einen Vermisstenfall, sondern um ein dunkles Familiengeheimnis, dem der Ermittler Ray und der 14jährige JJ zunächst unabhängig von einander auf der Spur sind. Manche Auflösungen und Entwicklungen wirken vorhersehbar, aber es bleiben stets zwei Optionen offen und man erfährt nicht sofort, welche von beiden es denn nun ist. Die letzte Wendung ist auf jeden Fall ziemlich überraschend und kann kaum vorhergesehen und wohl nur durch Zufall vorzeitig erraten werden.

Ein sehr spannendes Buch, das man gut auch als Thriller hätte deklarieren können, läge der Fokus nicht eben so sehr auf dem Einblick in die Lebens-und Denkweise der englischen Roma wie auf dem zu lösenden Fall und dem düsteren Geheimnis dahinter.


Titel: Was mit Rose geschah
Autorin: Stef Penney
Verlag: dtv
Seiten: 448
Richtpreis: 21.90 CHF

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