Huldar Breiðfjörð: „Schafe im Schnee“
Die Färöer Inseln – wo Fisch und Wetter zu den täglichen Gesprächsthemen gehören
Huldar Breiðfjörð: „Schafe im Schnee. Ein Färöer-Roman“ (Roman)
Ein junger Isländer reist auf die Färöer Inseln, um die Unterschiede zwischen Färingern und Isländern herauszufinden. Schnell merkt er, dass sich die beiden Länder sehr ähnlich sind. Er begegnet knorrigen Färingern, störrischen Schafen und stürmischem Wetter. Wer im Winter auf die Färöer reist, muss einiges aushalten können.
Von Luzia Zollinger.
Alleine in den Strassen der Färöischen Hauptstadt Tórshavn. Der Regen peitscht einen aus, der Wind hilft ihm dabei. Kein einziger Mensch irrt in den Strassen herum, nur die Ich-Person – ein Isländer. Und irgendwann gibt diese Person die Suche nach einem Imbissstand auf und flüchtet sich wieder hinein in die warme Stube. Doch so richtig gemütlich will es einfach nicht werden. Denn der Reisende hat für seine Zeit auf den stürmischen Inseln ein Zimmer in einem so genannten Communal Settlement gemietet. In dem besagten Haus wohnen sehr eigenwillige Personen ohne Hang zum Sauberen: „Die Spüle war voller Nudelsuppe, auf der grünen Tischdecke lag etwas Seltsames, und der Kochherd wirkte geradezu ekelerregend. Über allem lag eine Fettschicht und auf dem Fussboden waren so viele Krümel, dass man vorsichtig herumtippeln musste – so als ginge man barfüssig über Lava.“
Winter auf den Färöer Inseln
Doch was verschlägt einen Isländer auf die Färöer? Die klimatischen Bedingungen sind ähnlich, die oft nur spärlich vorhandene Redseligkeit ebenso und überall unterwegs auf den Landstrassen trifft man auf Schafe. Eigentlich gibt es keinen guten Grund, mal kurz die Nachbarn auf den Inseln zu besuchen. Doch nach der Wirtschaftskrise in Island versuchten die Färinger, ihre Nachbarn finanziell zu unterstützen. Und so kreisen die Gedanken der Hauptfigur immer wieder um die Färinger, bis sie sich zur Reise entscheidet. „Nachdem sie uns als einzige von allen Nationen Geld geliehen hatten, war mehr oder weniger eine regelrechte Färöer-Sentimentalität auf Island ausgebrochen.“
Der Autor, der mit dem Buch „Liebe Isländer“ bei uns bekannt wurde, schickt seine Hauptfigur im Winter auf die Färöer Inseln. Dies wiederum können die dortigen Bewohner nicht verstehen. Und so gibt es fortlaufend irrwitzige Begegnungen mit Einheimischen. Der Leser fühlt mit der Ich-Person mit und ist zwischendurch völlig baff, ja gar schon verwirrt. Trotzdem möchte man am liebsten auch im Winter eine Reise alleine durch diese stürmischen Landschaften unternehmen.
Wetter, Wind und die knorrigen Färinger
Huldar Breiðfjörð ist ein wunderbarer Roman gelungen. Gekonnt arbeitet er das Knorrige der Färinger heraus, verliert aber nie den Humor und die Spannung. Da können sich zwei Personen minutenlang anschweigen und es wird einem trotzdem nicht langweilig beim Lesen. Genauso bleibt der Leser bei der Sache, wenn zum x-ten Mal wieder über das Wetter palavert wird: „Manchmal erinnert Tórshavn an eine launische Liebste. Wenn das Wetter schlecht war, konnte sie fürchterlich sein. War jedoch das Wetter gut, wandelte sie sich zur besten Gesellschaft auf der Welt. Allerdings wusste man nur in den seltensten Fällen, welche man gleich treffen würde.“
Wäre das Buch ein Film, wäre es ein ulkiges, geniales Roadmovie, das man einfach gern haben muss.
Titel: Schafe im Schnee. Ein Färöer-Roman
Autor: Huldar Breiðfjörð
Übersetzerin: Gisela Marehn
Verlag: Aufbau Verlag
Seiten: 238
Richtpreis: CHF 24.50