Simone Aughterlony & Nic Lloyd “After Life“ | Gessnerallee, Zürich

Geisterstunde in der Gessnerallee

Bild|Copyright: Gessnerallee, Zürich
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“After Life“ ist der zweite Teil einer Trilogie, welche die Biographie eines Körpers nachzuzeichnen versucht. Wir sind im Zwischenraum zwischen Leben und Tod angekommen, in dem sich Aughterlony als Repräsentation des Körpers und Lloyd als die des Geistes vorübergehend gefangen sehen. Von dieser Erfahrung zwischen den Welten bleibt der Zuschauer jedoch weitestgehend ausgeschlossen.

Von Daniel Riniker.

The show is over. Im Falle von “After Life“ bedeutet in medias res zu beginnen, am Ende angekommen zu sein. Als Publikum blickt man auf die Rückseite einer Theaterkulisse, die nach einer gelungenen Vorstellung gerade abgebaut wird. Diese räumlichen und zeitlichen Umstände stehen symbolisch für den Raum, in dem sich die Performance abspielt: Der Ort, der zwischen Diesseits und Jenseits liegt. Ein Skelett (der Körper) macht Faxen, tanzt und schlendert gelassen zwischen den Bühnentechnikern hindurch, die von diesem metaphysischen Vorkommnis nichts mitbekommen. Ein Gespenst (die Seele) gesellt sich dazu und verheddert sich gleich zu Beginn in seinen langen Laken. So beginnt der Aufenthalt von Körper und Seele im Warteraum nach dem Tod.

Der Tod löst die Verbindung von Seele und Geist
In einer dreiteiligen Serie von Performances beschäftigt sich Simone Aughterlony mit drei Stationen die unsere Körper während und nach unserem Leben durchlaufen. Beziehungsweise durchlaufen könnten. Sie wählt sich dazu für jede Performance einen neuen Bühnenpartner. Für den hier besprochenen zweiten Teil wählte sie den Musiker und Klangdesigner Nic Lloyd um an ihrer Seite die Seele darzustellen. Möglicherweise ist es auf sein Mitwirken zurückzuführen, dass der Klang eine wichtige Rolle in dieser Performance spielt, ja das Geschehen auf der Bühne eigentlich ohne Pause begleitet. Als Radioprogramm verpackt, werden skurrile Interviews und Diskussionen mit Soulmusik und psychedelischen Mixes zu einem Klangteppich verwoben, der teils prominent, teils unauffällig abläuft, während Körper und Seele sich mit ihrer momentanen Situation zurechtzufinden versuchen. Ihr Bestreben irgendwie zur Gewohnten Einheit, welche sich durch das biologische Ableben aufgelöst hat, wiederherzustellen ist zwar zum Scheitern verurteilt, doch auch einfachere Bedürfnisse wie Essen, Nähe, Bewegungsdrang oder sexueller Kontakt wollen nicht mehr gelingen. Es ist tragisch zuzusehen, wie sich diese zwei Bestandteile unseres Seins voneinander getrennt abmühen, während im Hintergrund die erwähnte Kulisse ihres Lebens Stück für Stück abgebaut wird.

Von tragischer Qualität
Eine weitere tragische Note gibt dieser Performance nebst ihrem Inhalt aber auch ihre Qualität. Die Fragestellung, welche in sich selber schon problematisch ist, wird auf schwammige, inkonsequente Weise immer wieder neu angeschnitten. Doch eine tiefere Auseinandersetzung mit dem gewählten Thema ist nicht erkennbar, sollte da aber ein Denkaufwand betrieben worden sein, so schlug zumindest der Versuch, diesen mit dem Publikum zu teilen, gänzlich fehl. Und wenn man sich über inhaltliche Qualität auch streiten mag, so sind die Langatmigkeit, Lieblosigkeit und das Fehlen jeglicher Struktur oder Spannung doch einigermassen objektive Anhaltspunkte um mindestens den formalen Misserfolg von “After Life“ zu bezeichnen. Die Nichthandlung sumpft eineinhalb Stunden in grosser Redundanz vor sich hin, die Darsteller sind durch ihre Kostüme, welche einer Halloweenparty entsprungen sein könnten, in ihrer Ausdruckskraft stark limitiert: Bei der maskierten Aughterlony fehlt die Mimik um ihren Bewegungen vielleicht doch noch etwas Leben einzuhauchen, wohingegen Nic Lloyd unter seinem Betttuch kaum zu einer Bewegung fähig ist. Bei der völligen Abwesenheit von gesprochenem Text haben solche Limitierungen eine gähnende Leere auf der Bühne zur Folge, welche mit dem weniger als mittelmässigen Slapstick auf keine Weise gefüllt werden konnte.

Immerhin lässt sich am Fortschritt des Technikteams beim Abbau der Kulisse ablesen, wann der Spuk vorbei sein wird.

 

Besprechung der Aufführung vom 17. Oktober 2013.
Weitere Aufführungen: 18., 19., 20., 21. Oktober 2013.
Dauer: 80 Minuten

Konzept: Simone Aughterlony
Performance: Simone Aughterlony, Nic Lloyd
Dramaturgie: Jorge Leon & Sasa Bozic
Bühne: Janina Audick
Kostüm: Judith Steinmann
Licht Design: Florian Bach
Sound: Jan Stehle

Im Netz
www.gessnerallee.ch

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