Jay Hosler: „Evolution“
(r)evolutionär
Jay Hosler: „Evolution. Die Entstehung des Lebens“ (Graphic Novel)
Evolution als Graphic Novel? Eine fantastische Idee! – In hunderten Bildern veranschaulicht das Grafiker-Duo Kevin Cannon und Zander Cannon, wie das Leben sich auf der Erde entwickelt hat. Jay Hosler liefert dazu eine sehr unterhaltsame Geschichte über einen König, einen Prinzen und einen Wissenschaftler auf einem fremden Planeten. – Informationsreich und humorvoll.
Von Andrea Müller-Schmuki.
Auf dem Planeten Glargal hat der Wissenschaftler Bloort 183 ein Holografie-Museum zur Entstehung der Erde entwickelt und präsentiert dieses vor der Eröffnung seinem König sowie dem Prinzen. Bei der Führung durch das Museum wird die gesamte Evolutionsgeschichte der Erde aufgezeigt. Dabei bringen der König, der vieles nicht versteht, der Prinz, der hervorragend kombiniert, und der übertrieben schmeichelnde Bloort den Leser immer wieder zum Schmunzeln. – Sehr witzig sind auch einzelne Panels, so etwa, wenn Zellen nach ihrem symbiotischen DNA-Tausch gemeinsam auf der Couch einer Psychiaterin sitzen und sich beteuern, dass sie gegenseitig voneinander abhängig sind.
Umsetzung
Dass es einfacher ist, komplizierte wissenschaftliche Dinge zu verstehen, wenn man sie nicht nur liest, sondern wenn sie auch noch anschaulich dargestellt werden, dürfte jedem klar sein. Somit kann das recht abstrakte Thema der Evolution von ihrer Darstellung als Graphic Novel nur profitieren. Die Geschichte in „Evolution“ hat durchaus Unterhaltungswert und ist humorvoll und das tendenziell trockene Thema der Evolution ist hier alles andere als langweilig. – Erstaunlich, dass ein Wort wie „Alphaproteobacteria“, „Haikouichthys“ oder „Tetrapodomorpha“ in einem Comic schon fast cool wirken kann.
Die rein schwarz-weisse Grafik ist mehrheitlich sehr cartoonhaft, bei den wissenschaftlichen Darstellungen jedoch recht präzis und die Wissenschaftler von Darwin über Jablonski bis hin zu Huxley sind auf den ersten Blick erkennbar. Ein wenig zu wünschen übrig lassen einige (Doppel-)Seiten, die bis auf die einzelnen Figuren und den Text lediglich weiss sind; im Allgemeinen ist der Wechsel von weissem und schwarzem Hintergrund gelungen.
Für eine Graphic Novel enthält „Evolution“ bedenklich viel Text, der zum Leidwesen des Lesers auch noch viel zu klein geraten ist, um gut lesbar zu sein. Das mindert leider das sonst sehr unterhaltsame Lesevergnügen doch drastisch.
Graphic Novel
Natürlich ist „Evolution“ eher eine Graphic Novel als ein Comic, immerhin erzählt es eine Geschichte über rund 150 Seiten hinweg. Dennoch: Die typischen Merkmale einer Graphic Novel, wie etwa die Betonung des Graphischen kommen bei diesem Buch leider etwas zu kurz. Der doch recht steife rechtwinklige Rahmen für die einzelnen Panels – es stehen stets zwei nebeneinander, drei untereinander – wiederholt sich fast auf jeder Seite. Nur selten nimmt ein Bild die doppelte Grösse ein, jedoch sind diese Bilder nicht besonders zentral für das Geschehen. Vielmehr benötigten die Zeichner wohl einfach ein wenig mehr Platz, um etwas darzustellen. Das Gutter, der Rahmen zwischen den einzelnen Panels, wird nie aufgebrochen und es gibt auch keine zweigeteilten Bilder. Splash-Panels, also Bilder, die über eine ganze Seite oder gar eine Doppelseite gehen, sind zudem äusserst selten und werden zumeist für ausserhalb der Geschichte liegende Exkurse genutzt. Das ist sehr schade; diese Graphic Novel hätte besser 50 Seiten mehr und würde nicht nur von der Geschichte, sondern auch von der Graphik her überzeugen!
Zielgruppe?
Ein komplexes wissenschaftliches Thema wie die Evolution in einen Comic oder eine Graphic Novel zu packen, erscheint zunächst ein wenig sonderbar. An wen richtet sich denn das Buch? An Kinder bestimmt nicht, an Jugendliche kaum, da es ganz einfach doch sehr komplex und wissenschaftlich ist. Natürlich ist die Gruppe erwachsener Comic-Fans gross, doch interessieren die sich für Evolution? Möglich, doch bestimmt nicht die Mehrheit davon. Für den Biologieunterricht eignet sich ausserdem ein 150seitiger Comic wahrscheinlich auch nicht besonders, obwohl viele Schüler mit einem Comic anstelle eines gewöhnlichen Lehrbuches durchaus besser lernen würden. Zu erwähnen ist hier jedoch vielleicht, dass Jay Hosler Biologiedozent an einem College in Pennsylvania ist – durchaus also möglich, dass die Zielgruppe dieser Graphic Novel wissenschaftlich interessierte Jugendliche und Jungerwachsene sind. – Eine Überlegung wäre das wert!
Da die Geschichte von „Evolution“ durchaus ansprechend ist und es sehr viele gute Informationen zum wissenschaftlichen Thema gibt, ist das Buch grundsätzlich für jeden an Evolution interessierten und Comics nicht abgeneigten Nicht-Evolutions-Biologen geeignet.
Titel: Evolution. Die Entstehung des Lebens
Autor: Jay Hosler
Zeichner: Kevin Cannon / Zander Cannon
Übersetzerin: Kirsten Risselmann
Verlag: Manhattan
Seiten: 159
Richtpreis: CHF 23.90