Alice Diestel: „Die Pfanne brät nicht!“

Der Diskounter – Schnäppchenparadies oder Arbeitshölle?

Alice Diestel: „Die Pfanne brät nicht!“

Und wieder eins von diesen Büchern. Getreu dem Motto „ganz normale Berufstätige erzählen Lustiges und Bizarres aus ihrem Alltag, um zu unterhalten und gleichzeitig Verständnis für ihren Beruf zu wecken“ ergreift hier die Angestellte eines grossen deutschen Diskounters das Wort. Trägt diese Abrechnung zur Kundenzufriedenheit bei oder handelt es sich eher um einen weiteren Ladenhüter?

Von Stella Feineis.

diepfannebrätnichtEins sei vorweg gesagt: namentlich direkt genannt wird der Diskounter, in dem die Autorin tätig ist, natürlich nicht. Sie nennt ihn „Theo“, was aber als Hinweis auf Theo Albrecht verstanden werden kann, der bis zu seinem Tod 2010 zusammen mit seinem Bruder Karl den erfolgreichsten deutschen Diskounter ALDI führte, der inzwischen neben vielen anderen Ländern auch in der Schweiz anzutreffen ist.

Das Schnäppchenmekka

Als Angestellte eines Diskounters muss man vor allem eins: die Nerven behalten. Egal, ob die Kunden sich bis aufs Blut bekämpfen, um noch einen der günstigen PCs zu ergattern, oder der Meinung sind, dass man den perfekten Käse mit dem Pendel auswählen müsse. Zusätzlich muss man dann auch noch in der Lage sein, im perfekten Rhythmus zu kassieren, immer mit den genau vorgeschriebenen Worten zu grüssen und zu verabschieden, jeden noch so seltsamen Kundenwunsch zu erfüllen und eine Menge Kritik an der eigenen Person einzustecken. Ein Traumberuf? Wohl eher weniger. Trotzdem hat man bei der Lektüre das Gefühl, dass man sich zum Ausgleich wenigsten ab und zu köstlich amüsieren kann.

Die liebe Kundschaft

Egal ob reich oder arm, alt oder jung, Single oder mit Scharen von Kindern – alle Arten von Kunden pilgern täglich zum Diskounter. Dass sich darunter auch viele kuriose Typen befinden, versteht sich von selbst. Und natürlich hat der Kunde immer recht – auch wenn er die Weihnachtbeleuchtung jedes Jahr zurückbringt, um eine neue zu bekommen, wenn er sich offensichtlich schon seit Wochen nicht mehr geduscht hat und dennoch auf Tuchfühlung geht oder wenn er die Kassiererin wie seine persönliche Sklavin behandelt. Gottseidank sind aber nicht alle Kunden so, weshalb auch das letzte Kapitel des Buches ausdrücklich eine „Liebeserklärung“ an die ganz normale, ganz alltägliche Kundschaft ist.

Kritisches zwischen den Zeilen

Eines muss man der Autorin lassen: sie schreibt unerhört amüsant. Doch trotz aller Unterhaltsamkeit kann man hier und da auch leicht kritische Töne wahrnehmen, wann immer sie auf ihre Arbeitsbedingungen und die strengen Konzernvorschriften verweist. Zwar verzichtet sie auf offene Anklage und betont stets, gerne bei ‚ihrem‘ Diskounter zu arbeiten, dennoch wird der Leser oft auch zum Nachdenken angeregt und überlegt sich das nächste Mail bestimmt zweimal, ob er seine Wut über die langen Wartezeiten oder die fehlende Ware an den Angestellten auslässt.

Ein sehr kurzweiliges Buch für zwischendurch. So manche Verkäuferin und so mancher Kunde wird sich sicher wiedererkennen.


Titel: Die Pfanne brät nicht!
Autorin: Alice Diestel
Verlag: Rowohlt Taschenbuch
Seiten: 208
Richtpreis: 13.50

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